Am Freitag steht der geplante Neubau eines Landratsamts im Landsberger Osten im Mittelpunkt der Sitzung von Kreisausschuss und Kreistag. Konkret geht es um das von der Bürgerinitiative „LRA-Neubau stoppen“ initiierte Bürgerbegehren, für das rund 10.000 Landkreisbürger unterschrieben haben. Die Abstimmung über dessen Zulässigkeit ist eine Formalie, weit spannender ist die weitere Beschlussfassung über ein eigenes Ratsbegehren. Dessen Fragestellung steht schon jetzt in der Kritik. Die Bürgerinitiative bezeichnet sie als „irreführend“ und die Kreistagsfraktion der SPD moniert, dass sie keine Aussage zur Realisierung der aktuellen, konkreten Planungen trifft. Wie berichtet soll das ovale Gebäude laut ersten Berechnungen 120 Millionen Euro kosten.
Das Landratsamt hält sich mit Aussagen zu den Sitzungen am Freitag zurück. Auf Nachfrage unserer Redaktion teilt Pressesprecher Wolfgang Müller mit, dass man keine Detail-Informationen zum möglichen Ratsbegehren und einer möglichen Stichfrage herausgibt. Auch nicht die Fragestellung des Ratsbegehrens. Nur so viel: Zum jetzigen Zeitpunkt sei davon auszugehen, dass der Kreistag die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellen wird. Als Termin für den dann folgenden Bürgerentscheid sei der 23. Februar, der Tag der Bundestagswahl, vorgesehen.
Die Frage des Ratsbegehrens, über die die Kreisrätinnen und Kreisräte am Freitag abstimmen sollen, ist unserer Redaktion bekannt. Sie lautet: „Sind Sie dafür, dass der Landkreis Landsberg am Lech ein zentrales Dienstleistungsgebäude am Penzinger Feld in Landsberg realisiert, um 13 angemietete Außenstellen mit jährlichen Mietkosten von ca. 1,2 Mio. € zusammen zu fassen und die Zulassungsstelle dort unterzubringen?“ Der Titel des Ratsbegehrens ist „Realisierung Dienstleistungsgebäude“. Das Bürgerbegehren mit dem Titel „Planungsstopp“ stellt laut aktuellem Stimmzettel folgende Frage: „Sind Sie dafür, den Neu- bzw. Erweiterungsbau des Landratsamtes am Penzinger Feld zu stoppen?“
Für die SPD-Kreistagsfraktion wendet sich Markus Wasserle in einem Schreiben an Landrat Thomas Eichinger (CSU). Sollte sich der Kreistag für ein Ratsbegehren entscheiden, bestehen aus Sicht der SPD-Fraktion erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Fragestellung. Die Frage treffe keine Aussage zur Realisierung der aktuellen, konkreten Planungen. Es werde nur gefragt, ob jemand grundsätzlich einen Neubau (mit bestimmten Effekten) möchte. Auch für den Kreistag sei diese Fragestellung keine Hilfe. „Wir gehen davon aus, dass eine überwältigende Mehrheit der Kreistagsmitglieder grundsätzlich einem Neubau positiv gegenübersteht.“ Markus Wasserle formuliert bildlich: Das Bürgerbegehren fragt: „Möchten Sie keinen Apfel?“, das Ratsbegehren fragt: „Möchten Sie Obst?“ Die Fragen schließen sich wechselseitig nicht aus. Wer eine Ananas möchte, beantwortet beides richtig mit „Ja“. Ein „Ja“ zu beiden Fragen ließe sich also sehr gut vereinbaren. Eben wenn man einen Neubau möchte, aber nicht konkret den aktuell geplanten. „Damit wäre ein Stichentscheid nicht nur nicht notwendig, sondern aus unserer Sicht auch unzulässig.“
Auch die Bürgerinitiative „LRA-Neubau stoppen“ übt Kritik an der Fragestellung des möglichen Ratsbegehrens. „Das Ratsbegehren ist nicht nur unnötig, sondern vor allen Dingen irreführend“, sagt Sprecher Hans-Jürgen Schulmeister. Es stelle keine neue, inhaltlich andere Frage, sondern formuliere lediglich die Frage des Bürgerbegehrens anders. „Damit wird versucht, den Eindruck zu erwecken, dass eine neue und zwingende Entscheidung erforderlich ist, was in Wahrheit nicht der Fall ist.“ Zudem enthält das Ratsbegehren nach Ansicht der Initiative zahlreiche irreführende Informationen. Es werde zum Beispiel nicht auf den geplanten Sitzungssaal, das zweite Büro für den Landrat und das repräsentative Foyer hingewiesen. „Diese Details werden bewusst verschwiegen, obwohl sie unnötige Baukosten verursachen und den tatsächlichen Bedarf weit übersteigen“, schreibt Hans-Jürgen Schulmeister.
Im Sinne von Ehrlichkeit und Transparenz hat die Bürgerinitiative daher beantragt, die von ihr gestellte Frage zu konkretisieren. Sie lautet jetzt: „Sind Sie dafür, den Neu- bzw. Erweiterungsbau, der als Lechkiesel bezeichnet wird, mit Baukosten von ca. 120 Mio. €, am Penzinger Feld zu stoppen?“ Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Gestaltung des Stimmzettels. „Das Ratsbegehren wird als erste Frage vorgeschlagen, was äußerst unüblich ist. Normalerweise werden solche Anträge in der Reihenfolge ihrer Einreichung behandelt. Diese Vorgehensweise ist ein klarer Versuch, den Entscheidungsprozess zu manipulieren und die Bürger von der wahren Dimension des Projekts abzulenken“, sagt Sprecher Martin Erdmann, der auch Kreisrat der Grünen ist.
Allgemein wird im Vorfeld der Sitzungen davon ausgegangen, dass ein Ratsbegehren beschlossen wird. Eine Mehrheit aus CSU, Freien Wählern und UBV scheint sicher. Auch die CSU-internen Kritiker der aktuellen Planung, die Bürgermeister Christian Bolz (Weil) und Andreas Braunegger (Denklingen), wollen diesen Weg mitgehen, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion sagten. Ziel sei es, ein Votum der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten. Bolz und Braunegger sind nicht gegen ein neues Landratsamts-Gebäude, wie sie betonen, allerdings kritisieren sie Kosten und Planung. Andreas Braunegger hatte das zuletzt auch bei der Bürgerversammlung in Denklingen publik gemacht.
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