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Landsberg: Nach dem Holocaust wurde in Landsberg „aus der Asche neues Leben aufgebaut“

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Nach dem Holocaust wurde in Landsberg „aus der Asche neues Leben aufgebaut“

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    Yigal Cohen (Mitte), Direktor des Ghetto Fighters‘ House Museums, trug sich ins Goldene Buch der Stadt Landsberg ein. Außerdem im Bild: (von links) Anat Batman Elhalel (Museumsdirektorin Archive), Dr. Hanna Rosenbaum (DP-Nachfahrin), Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl und Noam Rachmilevitch (Museumsmitarbeiter Archive).
    Yigal Cohen (Mitte), Direktor des Ghetto Fighters‘ House Museums, trug sich ins Goldene Buch der Stadt Landsberg ein. Außerdem im Bild: (von links) Anat Batman Elhalel (Museumsdirektorin Archive), Dr. Hanna Rosenbaum (DP-Nachfahrin), Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl und Noam Rachmilevitch (Museumsmitarbeiter Archive). Foto: Thorsten Jordan

    Das Ghetto Fighters‘ House Museum zählt zu den bedeutendsten Einrichtungen der Erinnerungskultur in Israel. Direktor Yigal Cohen war nun mit seinem Leitungsteam zu Gast in Landsberg. Die Delegation trug sich im Herkomersaal des Historischen Rathauses ins Goldene Buch der Stadt ein. Danach wurde in einer Sitzung des Stadtrats mit der gegenseitigen Unterzeichnung eines Memorandums offiziell eine Kooperation vereinbart. Zu diesem Anlass sprach auch Dr. Hanna Rosenbaum, deren Eltern den Holocaust überlebten und sich im DP-Lager Landsberg kennenlernten.

    In Landsberg hätten ihre Mutter und ihr Vater den ersten Tag nach der Befreiung erlebt – und der sei schlimm gewesen. Denn erst dann seien ihnen „die Verluste, die schmerzhafte Einsamkeit, die Leere“ bewusst geworden. In den fünf Jahren zuvor seien ihre Eltern in unterschiedlichen Konzentrationslagern nur damit beschäftigt gewesen, zu überleben. In Landsberg bestand nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Lager für jüdische Displaced Persons (DP) und ein Kibbuz. Es nannte sich „Lohamei HaGeta‘ot“ – „die Ghettokämpfer“ – und erinnerte mit diesem Namen an den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943. Wie Rosenbaum weiter berichtete, haben ihre Eltern in Landsberg geheiratet: „Aus der Asche wurde neues Leben aufgebaut.“ Für sie persönlich ist Landsberg heute ein „Ort der Wiederbelebung und der Hoffnung“. Hanna Rosenbaums Mutter ging schließlich schwanger nach Israel, ihr Vater kam mit zwei Waisenkindern nach.

    Das Liberation Concert beeindruckt die Delegation aus Israel

    Die Delegation aus Israel besuchte diese Woche unter anderem den Kratzerkeller. In dem heute denkmalgeschützten Gebäude waren jugendliche Holocaust-Überlebende nach Kriegsende untergebracht und organisierten unter anderem die damals illegale Auswanderung nach Palästina. „Wir treffen hier unsere historischen Wurzeln“, sagte Museumsdirektor Yigal Cohen in einem Pressegespräch im Vorfeld des Eintrags ins Goldene Buch. Beeindruckt zeigte sich Cohen auch vom Liberation Concert, das die Delegation in Fürstenfeldbruck besucht hatte. Musik habe die „Macht, Menschen zu verbinden“, so der Museumsdirektor: „Es war eines der schönsten und bedeutendsten Dinge, die ich gesehen habe.“ Besonderen Dank richtete er an Karla Schönebeck, Vorsitzende des Fördervereins Liberation Concert. Sie habe den Kontakt zwischen der Stadt und dem Ghetto Fighters‘ House Museum hergestellt und sei „in Landsberg die Seele und der Anker für uns“.

    Nach dem Eintrag ins Goldene Buch stellte das Museumsteam seine Arbeit im Stadtrat vor.
    Nach dem Eintrag ins Goldene Buch stellte das Museumsteam seine Arbeit im Stadtrat vor. Foto: Thorsten Jordan

    Die Zusammenarbeit zwischen dem israelischen Museum und der Stadt soll sich insbesondere auf die Durchführung gemeinsamer Bildungsmaßnahmen und Kulturprojekte, auf den Austaus,tlicher und pädagogischer Ebene erstrecken. Der Fokus der Partnerschaft auf den Bereich Bildung ist Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV) ein wichtiges Anliegen. Erinnerungsarbeit müsse Hass und Antisemitismus entgegenwirken. Doch es sei auch wichtig, die Lehren aus der Vergangenheit an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben und damit Präventionsarbeit zu leisten. Erinnerungsarbeit müsse in die Zukunft gerichtet sein, sagte Baumgartl. „Durch Bildung, Kultur und Dialog möchten wir die Grundlagen für eine tolerante und gerechte Gesellschaft legen, für ein verständnisvolles Miteinander, für eine friedfertige und aufgeschlossene Gesellschaft.“

    Partnerschaft zwischen der Stadt Landsberg und dem israelischen Museum „beispielhaft“

    Im Stadtrat ging Ronit Lusky, Direktorin für Partnerschaften im Ghetto Fighters‘ House Museum, auf die engen Verbindungen zwischen Israel und Landsberg ein. Der spätere Ministerpräsident David Ben-Gurion warb in der Stadt im Oktober 1945 für seine Idee eines israelischen Staats. Lusky stellte außerdem die Arbeit des 1949 von Mitgliedern des Kibbuz Lohamei HaGeta‘ot gegründete Museums vor und seine drei Säulen: die Bildung, das Archiv und die Ausstellungen.

    Auf dem Programm der Delegation standen auch Besuche bei der israelischen Generalkonsulin, bei der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und bei Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. Spaenle würdigte laut einer Pressemitteilung die Partnerschaft zwischen dem Ghetto Fighters‘ House in Israel und der Stadt Landsberg als „beispielhaft“. Gemeinsam soll die wichtige Station auf dem Weg zur Errichtung des Staates Israel und seiner Ausgestaltung stärker als bisher ins Bewusstsein der bayerischen Bevölkerung gehoben werden. „Das Wissen über die Arbeit des Ghetto Fighters‘ House ist dabei von zentraler Bedeutung. Wissen ist das beste Mittel gegen Judenhass. Das Museum hat bis heute eine zentrale Bedeutung in der Erinnerungsarbeit, weil es innovative Wege dazu entwickelt.“

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