„Die Angst geht nie weg, dass es noch mal kommt.“ Jenny Skatulla ist 35 Jahre alt und lebt seit über sechs Jahren mit einer Diagnose, die das Leben vieler Menschen aus der Bahn werfen kann: Hodgkin-Lymphom, eine spezielle Form von Lymphdrüsenkrebs. Doch anstatt sich zurückzuziehen, entschied sie sich, ihre Geschichte öffentlich zu teilen – zuletzt über einen Instagram-Beitrag, der mit über 20.000 Aufrufen weite Kreise zog. Die DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) kommentierte den Beitrag und so kam der Kontakt für eine Typisierungs-Aktion zustande, die am Mittwoch, 20. November, in Landsberg stattfinden soll.
Skatullas harter Weg begann 2017, als sie zum ersten Mal einen geschwollenen Lymphknoten an ihrem Hals bemerkte. Dieser Tag sollte ihr Leben grundlegend verändern – beruflich und privat. „Die allererste Diagnose kam wie eine Faust ins Gesicht – völlig aus dem Nichts“, erinnert sie sich. Sie habe gar keine Zeit gehabt, die Angst und den Schock zu verarbeiten. „Der Körper schaltet dann einfach in den Überlebensmodus.“ Jenny Skatulla begab sich daraufhin in Behandlung – doch der Erfolg der ersten Therapie hielt nicht an.
Eine Hochdosis-Chemotherapie zerstörte das gesamte Knochenmark
Schon ein halbes Jahr später entdeckte die heute 35-Jährige erneut einen geschwollenen Lymphknoten, diesmal unter der Achsel. Beim Kontrolltermin und nach einer darauffolgenden Biopsie wurde schnell klar: Das Hodgkin-Lymphom ist zurück. In der Medizin spricht man bei einem wiederkehrenden Tumor von einem Rezidiv. „Das war wieder ein großer Schock.“ Also begann die Landsbergerin eine erneute Behandlung. „Hier kam ich dann das erste Mal mit dem Thema Stammzellenspende in Berührung.“ Damals versuchte man es noch mit ihren eigenen Stammzellen. „Die Zeit nach dem ersten Rezidiv und der Stammzellentherapie war die härteste meines Lebens“, erinnert sie sich. Vor der Transplantation musste sie sich einer Hochdosis-Chemotherapie unterziehen, die ihr gesamtes Knochenmark zerstörte. Die Schwächung des Immunsystems bei dieser Therapie war enorm. Skatulla beschreibt es so: „Ich durfte kaum noch aus dem Haus gehen. Nur noch das Allerwichtigste sollte und durfte ich machen.“
Diese Zeit hat die 35-Jährige stark geprägt. Beruflich und privat veränderte sich fast alles. „Ich war viel alleine – einfach einsam.“ Also machte Jenny einen großen Schritt: Sie suchte psychologische Unterstützung und fand diese in einer Verhaltenstherapie. „Ich wusste: Ich muss das Verhalten, das ich an den Tag lege, verändern. Sonst kann ich auch nicht gesund werden.“ Jenny erklärt, dass man erst nach der Behandlung richtig spürt, dass man an der Krankheit hätte sterben können. Wie traumatisierend die Diagnose und die Therapie waren, wurde ihr erst danach klar.
Die Behandlung mit ihren eigenen Stammzellen schien erfolgreich zu sein, und die Genesung schritt voran. „Ich habe mich ganz langsam, aber stetig wieder eingelebt.“ Sie heiratete ihren Mann, den sie 2016, ein halbes Jahr vor der Ersterkrankung, kennengelernt hatte. Auch der Kinderwunsch rückte wieder in den Fokus. Doch eines blieb ihr stets präsent: „Die Angst, dass der Tumor zurückkommt, geht nie weg.“
Diese Angst ist nun bittere Realität geworden. Das Lymphom ist nach der Immuntherapie wieder da. „Es fühlt sich an wie ein schlechtes Déjà-vu. Jetzt ist eine Stammzellenspende meine letzte Hoffnung aufs Überleben.“ Eine Krebserkrankung, zwei Rezidive, mehrere Therapien – und doch zeigt Jenny Skatulla weiterhin ihr Lächeln. Wie schafft es ein Mensch, mit so vielen Ängsten und Rückschlägen umzugehen und trotzdem eine solche Kraft auszustrahlen? „Ich glaube, das ist ein natürlicher Abwehrmechanismus. Du hast keine Option, schwach zu sein oder aufzugeben. Du bist stark, weil du ums Überleben kämpfst.“
Ihr Mann und ihre Schwester unterstützen sie, wo sie nur können
Ihre Überzeugung, die Krankheit besiegen zu können, komme nicht von allein. Es gibt wichtige Anker in ihrem Leben, die ihr helfen, mit der Krankheit umzugehen: „Mein Ehemann und meine Schwester sind der Dreh- und Angelpunkt für mich“, sagt sie. „Mein Mann hat mich noch gesund kennengelernt und ist mit mir durch die Hölle gegangen. Dafür bin ich ihm unglaublich dankbar.“ Auch Jennys Schwester, die direkt nebenan wohnt, sei eine unermessliche Stütze: „Sie ist meine beste Freundin. Sie unterstützt mich wirklich an jeder Ecke, wo sie kann.“ Jennys Eltern seien ebenfalls immer für ihre Tochter dagewesen.
Ihr Vater verstarb jedoch 2021 an einem ähnlichen Lymphom – genau in der Zeit, als Jenny Skatulla nach ihrem ersten Rezidiv als „tumorfrei“ galt. Doch das habe ihr auch gezeigt: „Ich darf mich einfach nicht herunterziehen lassen und im Jammern versinken. Klar, es ist hart“, sagt sie. „Aber es geht nicht anders. Ich will gesund werden und den Rest meines Lebens in vollen Zügen genießen.“ In fünf Jahren sieht sie sich mit ihrem Mann in einem Landhaus, weit abgelegen – „auf jeden Fall hier in der Nähe. Ich lebe hier schon immer und will das auch weiterhin. Ich liebe diesen Landkreis einfach.“ Außerdem möchte sie weiterhin in der Zahnarztpraxis Dr. Bayer & Kollegen arbeiten, auch wenn es nur in Teilzeit möglich ist.
Am Mittwoch, 20. November, findet die Typisierungs-Aktion in der Zahnarztpraxis Dr. Bayer & Kollegen, Von-Kühlmann-Straße 1 in Landsberg, statt. Gesucht werden Spender im Alter von 17 bis 55 Jahren; eingeladen ist aber jeder – denn wer möchte, kann auch Geld an die DKMS spenden, die Typisierungen finanziert.
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