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Landsberg: Landestheater Schwaben zeigt ein brisantes Feuerwerk politisch inkorrekter Dialoge

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Landestheater Schwaben zeigt ein brisantes Feuerwerk politisch inkorrekter Dialoge

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    Das Ensemble des Landestheaters Schwaben begeisterte das Landsberger Publikum mit seiner puren Lust am Spiel.
    Das Ensemble des Landestheaters Schwaben begeisterte das Landsberger Publikum mit seiner puren Lust am Spiel. Foto: Christian Rudnik

    Als das Stück „Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo Anfang der 1980er-Jahre im Berliner Ensemble in Ostberlin aufgeführt wurde, meinte es eine Gruppe von jungen Besuchern mit dem Titel allzu wörtlich. Sie stürmten den Zuschauerraum – ohne Eintrittskarte und waren anschließend nicht zu bewegen, das Parkett wieder zu verlassen. Die Theaterleitung zeigte sich großzügig. Zu den folgenden Veranstaltungen war dann die doppelte Anzahl von Platzanweisern und Ordnern vor Ort. Mit derartigen vorrevolutionären Situationen hatte wohl in Landsberg kaum jemand zu rechnen, als dieser mittlerweile Klassiker der Theaterliteratur auf dem Spielplan stand. Das Landestheater Schwaben brachte „Bezahlt wird nicht“ in einer Inszenierung von Tobias Sosinka auf die Bühne. 

    Ein Proteststück, politisches Theater, eine Boulevardkomödie: Nachdem in einem Einkaufzentrum die Preise drastisch erhöht wurden, haben sich etliche Frauen aus dem Wohnkomplex entschlossen, Waren aus den Regalen zu stehlen. Das Stück setzt ein, als Antonia und Margherita die entwendeten Lebensmittel in der Wohnung ersterer zwischenlagern. Aber wie sollen sie dies dem rechtschaffenen und gesetzestreuen Ehemann Antonias erklären? Sie lassen sich die groteskesten Ideen einfallen und entscheiden sich letztlich für die Exzentrischste von allen: Sie stopfen Reis und Nudeln unter Margheritas Kleid und behaupten sie sei schwanger. Doch weder Antonias noch Margheritas Ehemann, die beide miteinander befreundet sich, wissen natürlich davon. Und so überschlagen sich die bizarrsten Verwicklungen. Es gibt durch die Polizei verschärfte Hausdurchsuchungen im Wohnblock, es tritt ein Carabiniere auf, ein Bestatter, der Vater von Antonias Ehemann – ein diffuses und völlig turbulentes Chaos entsteht, das allein durch eine gewisse Art von Hysterie und sich steigerndem Klamauk zusammengehalten wird. 

    Die Theaterkomödie 'Bezahlt wird nicht' von Dario Fo brachte das Landestheater Schwaben auf die Bühne des Landsberger Stadttheaters.
    Die Theaterkomödie 'Bezahlt wird nicht' von Dario Fo brachte das Landestheater Schwaben auf die Bühne des Landsberger Stadttheaters. Foto: Christian Rudnik

    Das Theater-Universalgenie Dario Fo („Ich spiele lieber den Clown als den Hamlet“) hat dieses Stück 1974 geschrieben – 23 Jahre bevor er den Nobelpreis erhielt. In einer Zeit, als seine Inszenierungen am Piccolo Teatro in Mailand in schöner Regelmäßigkeit für Skandale sorgten und er mit seiner Partnerin, der Schauspielerin Franca Rahme, in Italien als eine Art Staatsfeind behandelt wurde. Fast alles änderte sich mit der Verleihung des

    Sozialkritische Anspielungen und ziviler Ungehorsam

    Plötzlich erkannte man den politisch-sozialen Anspruch seiner Stücke, genauer gesagt stellte diesen deutlicher heraus. Auch „Bezahlt wird nicht“ lebt letztlich von sozialkritischen Anspielungen, zivilem Ungehorsam und Solidarität. Hinzu kommt Fo's Bezug zur italienischen Theaterhistorie, indem er sein Stück in der Tradition der Commedia dell'arte anlegt. Volkstümlich aber völlig überdreht wirkt nicht nur der Handlungsstrang, sondern auch das Spiel der Schauspieler. Mirjam Smejkal (Antonia) und Flurina Carla Schlegel (Margherita) überziehen ihre Rollen dramatisch fieberhaft, Thorsten Hamers Giovanni wechselt zwischen schwerfällig und kämpferisch, ein Typ der Frauen versteht und das Gute im Menschen zu sehen bereit ist. Tom Christopher Büning verkörpert in Luigi den Naiven ein wenig engstirnigen Mitläufer. Und André Stuchlik füllt die Rollen des Wachtmeisters, Carabinieri, Bestatters und Vaters Giovannis in aller notwendigen Skurrilität und klischeetreu aus.

    Manchmal möchte man meinen, weniger wäre mehr. Doch letztlich war die Aufführung ein großer wie nachdenklich machender Spaß, ein brisantes Feuerwerk an politisch inkorrekten Dialogen, mit dem das Ensemble mit seiner puren Lust am Spiel das Publikum begeisterte. 

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