Auf dem Grundstück des Kratzerkellers sollen Wohnungen und ein Gastronomiebetrieb entstehen. Das Vorhaben war nun erneut Thema im Landsberger Stadtrat. Einige Mitglieder zeigten sich in der Sitzung davon überrascht, dass in dem denkmalgeschützten Gebäude auch ein zeithistorisches Atelier vorgesehen ist, das sich der Geschichte des einstigen DP-Lagers widmet. Vor diesem Hintergrund wurde auch gefragt, wie es um den schon lange angedachten Gedenkort auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Kaufering VII steht. Gabriele Triebel, Präsidentin der Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung, übt in diesem Zusammenhang gegenüber unserer Redaktion Kritik an der Stadt. Denn momentan sei nicht zu erkennen, dass sich diese mit ihrem Teil des historischen Areals in die Planungen einbringt.
Konkret stand im Stadtrat ein Vorhaben- und Erschließungsplan zum Kratzerkeller-Projekt auf der Tagesordnung. Laut Maximilian Tobisch, Referatsleiter Stadtplanung, wird dieser als Basis für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan dienen. Das zeithistorische Atelier soll sich im Erdgeschoss befinden und ein Erinnerungs-, Begegnungs- und Lernort sein. Laut Sitzungsvorlage schweben der Stadtverwaltung auf rund 120 Quadratmetern eine Dauerausstellung zur Geschichte des DP-Lagers und zur historischen Bedeutung des Kratzerkellers vor, ebenso wie ein Seminarraum, der verschiedene Möglichkeiten eröffnen könnte. Dabei wird eine Zusammenarbeit mit dem Ghetto Fighters‘ House Museum, das zu den bedeutendsten Einrichtungen der Erinnerungskultur in Israel zählt, angestrebt.
Wie steht es um die Pläne für das ehemalige KZ-Außenlager Kaufering VII?
Für zumindest einige Mitglieder des Stadtrats waren die Pläne neu. „Ich wusste nicht, dass wir dort einen Gedenkort unterbringen wollen“, sagte Daniela Groß (Grüne). Sie fragte nach dem aktuellen Stand beim ehemaligen KZ-Außenlager Kaufering VII zwischen Landsberg und Erpfting – einem weiteren „sehr wichtigen Ort, an dem es um die Erinnerung geht“. Wie mehrfach berichtet, gibt es schon seit geraumer Zeit Pläne, dort einen Holocaust-Gedenkort mit einer Ausstellung und Seminarräumen zu verwirklichen. Auf diese verwies auch Stadtrat Stefan Meiser (ÖDP). Nach seinen Berechnungen würde die Stadt für das Atelier und zwei Stellplätze mit Kosten in Höhe von rund 900.000 Euro rechnen müssen. Hinzu kämen die Kosten für eine personelle Besetzung und den laufenden Unterhalt. „Diese Gelder sehe ich sinnvoller im Bereich des Lagers VII investiert, also dort, wo das Grauen stattfand und wo die Tonröhrenbauten heute noch einen Eindruck von den schrecklichen Geschehnissen vermitteln, die vor unserer Haustür passiert sind.“
Sie lehne es ab, dass zwischen bestehenden Orten und Institutionen eine Konkurrenz konstruiert werde, sagte Claudia Weißbrodt vom Landsberger Kulturbüro. Die geplante zeitgeschichtliche Dauerausstellung im Stadtmuseum soll als zentrale Anlaufstelle einen allgemeinen Überblick geben und zur weiteren Vertiefung auf andere historische Orte jener Zeitepoche verweisen. Weißbrodt betonte vor diesem Hintergrund die Bedeutung des Kratzerkellers. Der Stadtrat habe nun die Möglichkeit, diesen als Medium für die Geschichtsvermittlung zu sichern.
Geschichte sollte nicht „vom Tisch weggewischt“ werden
„Ich will, dass der Raum eingeplant wird und dass er auch kommt“, sagte Christoph Jell (UBV). „Das Leid der Menschen im Lager VII sollte und kann nicht gleichgesetzt werden mit dem Aufbruch danach.“ Auch Jonas Pioch (SPD) sprach sich für die bauplanungsrechtliche Festsetzung aus, denn: „Eigentum verpflichtet“. Geschichte sollte nicht „in leichtfertiger Art und Weise“ vom Tisch weggewischt werden. Er sei der allerletzte, der Erinnerungsarbeit infrage stelle, sagte Wolfgang Weisensee (Landsberger Mitte). Allerdings gab er zu bedenken: „Wir nageln uns auf diesen Raum fest.“ Weisensee vermisst eine „Rückzugsmöglichkeit“, falls die Idee doch nicht umgesetzt werden kann. Der Stadtrat stimmte dem Vorhaben- und Erschließungsplan letztlich zu (drei Gegenstimmen) und sprach sich damit auch dafür aus, im Erdgeschoss des Kratzerkellers ein zeitgeschichtliches Atelier vorzusehen. Auf dieser Grundlage soll nun der Vorentwurf eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans erstellt werden.
Gabriele Triebel, Präsidentin der Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung, zeigt sich angesichts der nun bekannt gewordenen Pläne der Stadt für den Kratzerkeller „sehr erstaunt“. Sie findet es grundsätzlich gut, dass die Stadt sich so ihrer Geschichte stelle. „Wenn man das eine macht, darf das aber nicht heißen, dass man das andere nicht macht.“ Damit bezieht sich Triebel, die für die Grünen Mitglied des Landtags ist, ebenfalls auf die geplante Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Kaufering VII. Ein Drittel des Grundstücks sei in Besitz der Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung und werde von dieser gepflegt. Auf den anderen zwei Dritteln des Grundstücks, die der Stadt gehören, sieht es laut Triebel leider anders aus: Es ist komplett von Bäumen und Sträuchern überwuchert, und in seiner Dimension nicht erkennbar: „Die Stadt ist in Besitz eines historischen KZ-Geländes – doch sie zeigt es nicht.“
Triebel ist es wichtig, dass es mit den Plänen für einen Gedenkort auf dem ehemaligen Gelände des Lagers VII vorangeht. „Es geht darum, an das Schicksal der vor allem jüdischen Menschen, die dort gelitten haben und ermordet wurden, würdig zu erinnern.“ Sie führe dazu konkrete Gespräche auf ministerieller Ebene. Unerlässlich – aber für Triebel momentan nicht zu erkennen – sei, dass sich auch die Stadt mit ihrem Teil des historischen Geländes von Lager VII einbringt.
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