Ab Mittwoch, 23. Oktober, wird es in der Landsberger Altstadt vorübergehend eine neue Straße geben: die Cash Alley. Benannt ist sie nach Country-Legende Johnny Cash, der von 1951 bis 1954 auf dem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt in Penzing stationiert war und in Landsberg seine ersten Karriereschritte unternahm. Bis 12. November dienen die Schaufenster aller Läden in der Herzog-Ernst-Straße, und in Verlängerung an der Ostseite der Stadtpfarrkirche entlang bis zur Ecke Schulgasse/Hinteranger, als Ausstellungsfläche. Anhand von größtenteils bislang unbekannten Fotos aus den Jahren 1953 und 1954 werden die Jahre des jungen GI Johnny Cash und seiner amerikanischen Freunde Iris und Billy Joe Carnahan sichtbar gemacht. Und mit ihnen ein Stück Geschichte aus einer Zeit, in der vieles aufeinandertraf.
Der Krieg lag der Zivilbevölkerung noch in den Knochen, im „War Criminals Prison No. 1“ in Landsberg saßen Gefangene ihre Strafe ab oder wurden hingerichtet. Deutsche Soldaten kehrten aus der Kriegsgefangenschaft heim, und die Displaced-Persons-Lager waren erst vor Kurzem aufgelöst worden. Und mitten in dieses Leben mischten sich die amerikanischen Soldaten. Unter ihnen auch Johnny Cash, 19 Jahre alt und bis dato als Musiker gänzlich unbekannt, sowie Billy Joe Carnahan. Sie beide waren Funker auf der Air Base in Penzing.
Seine erste Gitarre kaufte Cash im Musikhaus Ballach
Carnahan wohnte mit seiner Frau Iris in der Schmalholzstraße. Den beiden ist es zu verdanken, dass es Zeugnisse dieser Zeit gibt: Mit ihrem Fotoapparat schossen sie viele Schnappschüsse, von Ausflügen aufs Land und sogar nach Paris, vom Segeln und Fischen, dem Leben in Landsberg, den Rüstungsbauten. Und von einem glücklichen jungen Mann, der mit seiner ersten eigenen Gitarre auf einem Sofa in einem Mansardenzimmer sitzt: Johnny Cash.
Es ist der Historikerin Dr. Edith Raim und den Kindern der Carnahans zu verdanken, dass diese Zeitzeugnisse nun öffentlich gezeigt werden können – bei der Ausstellung und im Buch „Cash in Barbaria“, das in Zusammenarbeit von Edith Raim sowie Martin Paulus und Stefan Paulus entstand. Einer, der eher im Hintergrund agierte und Raim motivierte, sich auf Cash Spuren zu begeben, ist Edmund Epple von Discy. Er hat sich auf die Suche nach dem ehemaligen Musikhaus Ballach gemacht, in dem Cash – vermutlich Anfang 1954 – seine Gitarre kaufte. Es befand sich ab 1951 in der Schulgasse 296a, später dann im Vorderen Anger. Viele Bürgerinnen und Bürger verorteten es in ihrer Erinnerung jedoch an der Alten Bergstraße, hat Epple in Gesprächen erfahren. Das konnte er jedoch mithilfe von Unterlagen aus dem Stadtarchiv widerlegen, so mit einer Anmeldebescheinigung von Friedrich Ballach und einer Anzeige von 1951 in den Landsberger Nachrichten.
An Ballach erinnert sich auch Martin Paulus in seinem Essay „Die Geister von Barbaria“ im neuen Buch: „Herr Ballach (…) ist jetzt, in den ausklingenden 70er Jahren und den letzten Tagen der Existenz seines Geschäfts, in recht betagtem Alter, gilt nichtsdestotrotz noch immer als ein so stadtbekannter wie notorischer Kartenspieler und Zocker. Totenbleich und hager, mit langem schütterem und schlohweißem Haar. In meiner Erinnerung scheint seine markante Gestalt einer düsteren Cash-Ballade zu entspringen.“
Seine Zeit in Landsberg prägte Johnny Cash
„Ohne seine Jahre in Landsberg hätte Johnny Cash nicht zur Musik gefunden“, ist sich Edith Raim sicher. Hier sang er, zuerst noch ohne Gitarre, auf Wohltätigkeitsveranstaltungen oder im Hotel Goggl, entdeckte sein Charisma, dass er Menschen mit seiner Stimme fesseln konnte und entwickelte so Selbstbewusstsein. Dabei konnte Cash, der in bescheidenen Verhältnissen im US-Bundesstaat Arkansas aufgewachsen war, auf einen reichen Schatz an Liedern zurückgreifen: Die Familie sang sowohl in der Kirche als auch bei der Arbeit auf den Baumwollfeldern. Auch Radiomusik hörte er oft.
Was bietet nun das neue Buch „Cash in Barbaria“, dessen Titel auf die Band aus amerikanischen Soldaten anspielt, zu der auch Cash gehörte, die Landsberg Barbarians? Die Schnappschüsse zeigen Momentaufnahmen aus der Nachkriegszeit, aus dem naiven und unverstellten Blick junger Amerikaner auf Deutschland. Viele Motive fanden sie im bäuerlichen Leben, aber auch bei geselligen Runden unterm Weihnachtsbaum oder mit den Vermietern der Carnahans. Die erste Gitarre aus Landsberg wurde übrigens später von einem Neffen Cashs zerstört. Da hatte er aber schon viele andere und bessere, weiß Musikkenner Edmund Epple zu berichten.
Das Buch wird am Mittwoch, 23. Oktober, von 18 bis 20 Uhr im Discy in der Herzog-Ernst-Straße präsentiert. Eine Anmeldung ist erforderlich unter der E-Mail-Adresse info@discy.de oder unter der Telefonnummer 08191/922042.
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