Darf es zugunsten eines Neubaus weichen oder nicht? Diese Woche wird im Stadtrat ein endgültiger Beschluss über das alte Bauernhaus erwartet. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) hat sich gegen einen Abriss positioniert. Und zuletzt wurde seitens der Verwaltung mehrfach betont, dass im Bereich des Erpftinger Ensembleschutzes stets "im Einklang mit dem BLfD" entschieden worden sei. Die Fachbehörde widerspricht dem jedoch.
Ein Neubau an der Mittelstetter Straße - direkt gegenüber dem Bauernhaus - sticht ins Auge und wurde auch bei der Erpftinger Bürgerversammlung im November thematisiert. Einige der Besucherinnen und Besucher sprachen, bezugnehmend auf das moderne Haus, von einer Ungleichbehandlung bei der Genehmigung von Bauvorhaben. Das BLfD hatte sich nach eigenen Angaben bereits Mitte der 2000er-Jahre mit dem vorherigen Anwesen beschäftigt. Damals habe die Fachbehörde um Unterlagen zur Überprüfung der Instandsetzungsfähigkeit gebeten, da ein Antrag auf Abbruch vorgelegt worden sei. Wie das Bauernhaus gegenüber sei es als Teil des Ensembles denkmalgeschützt gewesen.
Ein Präzedenzfall wurde in Erpfting wohl schon vor Jahren geschaffen
"Die geforderten Unterlagen hat das BLfD allerdings nie erhalten. Der Abbruch sowie der Neubau wurden somit von der Stadt Landsberg ohne Beteiligung des BLfD genehmigt", teilt eine Sprecherin gegenüber unserer Redaktion mit. "Aus unserer Sicht ist der Neubau dem Ensemble in seiner Erscheinung nicht angemessen, was wir bedauern, denn er fügt sich gestalterisch nicht in die Umgebung ein. Die Frage, warum Abbruch und Neubau genehmigt wurden, kann nur die Stadt Landsberg beantworten."
Zu dem Neubau äußerte sich die Pressestelle der Stadt im Februar auf Nachfrage. Demnach habe es ebenfalls in den 2000er-Jahren eine Untersuchung der Bausubstanz gegeben. "Das Ergebnis dieser Untersuchungen führte dazu, dass das Landesamt für Denkmalpflege den Abbruch hingenommen hat, da zahlreiche einschneidende Umbauten in der Vergangenheit den Bestand schon erheblich verändert hatten und aufgrund des schlechten Zustandes bei einer Sanierung weitreichender Substanzverlust zu erwarten wäre." Eine zunächst erteilte Baugenehmigung sei nicht umgesetzt und erst 2017 ein neuer Bauantrag eingereicht worden. Im Juli 2017 stimmte der Bauausschuss dem Vorhaben zu.
Vergangene Woche hieß es zudem in einer Antwort der Stadtverwaltung: "Bei (…) Gebäuden im Ensembleschutz und Einzeldenkmäler in Erpfting, die in der Vergangenheit abgebrochen wurden, war das BLfD stets eingebunden. Alle Entscheidungen standen im Einklang mit dem BLfD." Auch Katja Kaus von der Technischen Bauaufsicht betonte dies während einer Sitzung des Bauausschusses: Wenn einem Abriss des alten Bauernhauses zugestimmt werde, sei das ein "ziemlicher Affront" gegen das Landesamt. Gegner eines Abbruchs warnten vor einem Präzedenzfall. Befürworter warfen dem Landesdenkmalamt das Fehlen einer klaren Linie in Erpfting vor.
"Dem Denkmalschutz wird leider ein Bärendienst erwiesen"
Landsbergs Stadtheimatpfleger Dr. Stefan Paulus verweist auf die Rolle der Unteren Denkmalschutzbehörde, die beim Bauamt der Stadt angesiedelt ist. Dort könnten letztlich Ausnahmen entgegen der Empfehlung des BLfD genehmigt werden, wie in der jüngsten Vergangenheit beim Anbau der Schlossbergschule. "Zugespitzt formuliert: Die Stadt entscheidet selbst darüber, ob und inwieweit der Denkmalsschutz eingehalten wird oder nicht."
Die Stellungnahmen der Fachbehörde, die sich auf Gutachten bezögen und klaren Richtlinien folgten, seien grundsätzlich sachlich, bekräftigt Paulus. Als "bedauerlich" bezeichnet der Stadtheimatpfleger in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass auf politischer Ebene der Eindruck vermittelt werde, das BLfD verfolge in Erpfting keine klare Linie. "Dem so wichtigen Thema Denkmalschutz wird leider ein Bärendienst erwiesen. Für die Bevölkerung ist nicht nachvollziehbar und transparent, wie es zu Ausnahmen kommt", sagt Paulus.
Entscheidungen aus der Vergangenheit dürften beim Denkmalschutz - wie in anderen Bereichen auch - keinen Freibrief für weitere Ausnahmen bedeuten, sagt Paulus vor der Stadtratssitzung am Mittwoch, 26. Juli. "So kann man nicht argumentieren."