In einem kleinen Teil eines Schaufensters in der Herzog-Ernst-Straße in Landsberg zeigt Anna E. Frei einen Ausschnitt ihrer Kunst, dem Gravieren von Waffen, Schmuck und Gläsern. Im ersten Stock, über dem Rückgebäude von Juwelier Heidelberg, befindet sich ihre Werkstatt. Die Hauptmotive der 27-Jährigen entstammen dem Wald und der Natur. Unsere Zeitung hat sie besucht und ihr bei der Arbeit über die Schultern gesehen.
Geprägt für das Thema Jagd wurde sie durch ihren Vater, mit dem sie regelmäßig in den Wald geht. Auf dem Hochsitz beobachtet sie genau und holt sich Anregungen für die Tiergravuren, die sie in ihrer Werkstatt anfertigt. Beim Ansitzen entstehen Fotografien als Vorlage für Skizzen, die sie mit Bleistift auf Papier zeichnet. Damit die Tiere – von Jagdhund, Hirsch und Wildschwein bis zum Falken, Streifengnu oder Tiger ist alles dabei – realistisch wirken, seien auch gründliche Bewegungsstudien notwendig. Wichtigste Voraussetzung ihres Berufs sei es, gut zeichnen zu können, sagt Anna E. Frei, die in Ramsach aufgewachsen und in Landsberg zur Schule gegangen ist.
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In der Natur hielt sie sich als Kind schon gern auf, und auch heute bewegt sie sich zum Ausgleich am liebsten an der frischen Luft, etwa beim Radfahren oder Joggen. Ihrem Freund zuliebe klettert sie auch hin und wieder in der Halle in Kaufering. Den Jagdschein machte sie nach der Graveursausbildung 2013, „damit ich mehr Bezug dazu habe“. Auf dem Hochsitz könne sie zur Ruhe kommen, fast meditativ ins Weite schauen. Ein weiterer Effekt: Sie ist gesundheitsbewusst und komme durch das Jagen an Fleisch, von dem sie weiß, „welches Leben und welchen Tod es hatte“.
Während der Ausbildung auf der Berufsfachschule für Glas und Schmuck in Neugablonz kristallisierte sich durch ein Praktikum bei einem Waffenhersteller im thüringischen Suhl ihre spätere berufliche Richtung heraus. Nach der Schule bildete sich Anna E. Frei in Ferlach (Kärnten) zur Waffengraveurin weiter und nahm parallel dazu Aufträge an. Nach ihrer Ausbildung und der beruflichen Orientierung zog es sie zurück nach Landsberg, wo sie heute lebt und arbeitet.

In ihrer Werkstatt finden sich Hammer, Spitzmeißel, Stichel, Handfräser und ein druckluftunterstütztes Graviersystem – die verwendeten Werkzeuge unterscheiden sich in Größe und Stärke je nach dem zu bearbeitenden Objekt und der gewünschten Technik. Das Wappen für einen Siegelring aus Gold kann sie nur unter dem Mikroskop anfertigen. Um nicht dauernd sitzen zu müssen, hat sie sich in ihrer kleinen Werkstatt auch einen Stehtisch als Arbeitsplatz eingerichtet. Nicht nur für den Rücken oder die Handgelenke, auch für die Augen ist das Arbeiten als Graveurin herausfordernd.
Der Klang des Hammerschlags ist meditativ
Ausgleich findet die 27-Jährige im Yoga. Ihrem ursprünglichen Berufswunsch Goldschmiedin trauert sie nicht nach. Durch Zufall, sagt sie, sei sie zur Waffengravur gekommen. „Und es war das Bessere.“ Die Faszination am Beruf sei der meditative Klang des Hammerschlags und Menschen mit der Erfüllung individueller Wünsche glücklich zu machen. Auch die Abwechslung durch die verschiedenen Techniken – Flachstich- und Reliefgravur, Ornamentieren mit Gold sowie Bulino- oder Federstich-Gravur, bei der fotorealistische Tierdarstellungen entstehen – liebt Anna E. Frei. Inspiriert von ihrer Kunstfertigkeit im Federstich kaufte ihr Freund eine Tätowiermaschine. Nach Übungen auf Kunsthaut tätowierte sie ihm eine Adlerfibel auf den Oberarm, die „ganz gut“ geworden sei, erzählt sie aus ihrem Privatleben.
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Endkunden zählen nur in Ausnahmefällen zu ihren Kunden, wenn sie beispielsweise ein in Gold eingelegtes Monogramm auf einem Pistolengriffkäppchen in Auftrag geben. Ihre Auftraggeber sind Waffenschmieden, die für Kunden oder Messen die feinen Kunstwerke ordern. Von den Büchsenmachern erhält sie die Waffenteile „weißfertig“ (ungehärtet), da das Metall nur im Rohzustand graviert werden kann. Die Wünsche reichen von Abbildungen bestimmten Laubs über Tierstücke bis hin zu orientalischen Mustern. „Oft darf ich ganz frei gestalten“, sagt sie und zeigt das Bild einer Mauser-Büchse mit eingraviertem Falken, die auf einer Messe in Abu Dhabi präsentiert wurde. Auf bedeutenden Messen wie Jagen und Fischen in Augsburg oder Hohe Jagd & Fischerei in Salzburg zeigte sie bereits an den Ständen von Büchsenmachern ihre Kunst. Die nächste Möglichkeit dazu wird, wenn die Corona-Regeln es ermöglichen, bei den Internationalen Jagd- und Schützentagen auf Schloss Grünau (Neuburg/ Donau) sein.
Schmuck und Gläser werden in Landsberg auch graviert
Doch sind es nicht nur Jagdmotive oder ornamentale Muster, die bei Anna E. Frei in Auftrag gegeben werden. Derzeit arbeitet sie an einem Bitcoin-Logo, das in Feingold in den Stahl von Trommel, Lauf und Hauptteil eines Revolvers eingelegt wird. Neben Feuerwaffen und Messern graviert Anna E. Frei Schmuck und Gläser. Besonders gut komme bei den Kunden an, wenn deren eigene Handschrift als Vorlage für die Gravur etwa von Eheringen diene, hat sie als Trend ausgemacht. Eng zusammen arbeitet sie mit Landsberger Goldschmieden wie Erik Urbschat, bei dem sie im Praktikum war, oder Barbara Helleis sowie dem Büchsenmacher Markus Richter aus Windach.
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