Direkt stechen einem die Messer ins Auge. „Es ist ein alter Brauch, wo man flickt, da kauft man auch“, steht es auf einem Schild geschrieben. Dicke Ferngläser reihen sich in einer Glas-Vitrine. Links, gleich neben dem Eingang: ein Meisterbrief. Dieser gehört Andreas Krebs. Er ist Büchsenmachermeister. Lässt man den Verkaufsraum hinter sich, beziehungsweise folgt dem 30-Jährigen aus Jengen durch die Tür hinter den Tresen, so steht man in seinen „heiligen Hallen“ – der Werkstatt. Hier reiht sich ganz unscheinbar und ordentlich Waffe an Waffe.
Als 16-Jähriger begann seine dreijährige, staatlich anerkannte Ausbildung zum Büchsenmacher in Rosenheim. Der Blockunterricht fand wiederum in einer Ulmer Berufsschule statt. Man müsse es machen wollen, doch für Andreas Krebs war dies von Anfang an klar. Denn auch sein Vater, Joachim Krebs, lernte das Handwerk einst – in Österreich, genauer in Ferlach. In Landsberg, erst in der Spitalfeldstraße, dann 2003 in der Breslauer Straße, eröffnete er sein Geschäft. Joachims Großvater Herbert Krebs schrieb 1940 als Jagdautor ein umfangreiches Lehrbuch. Dieses gilt heute als Standardwerk in der jagdlichen Ausbildung. Mittlerweile handelt es sich um die 70. Auflage.
Das Holz traditioneller Waffen erzählt Geschichten
Hauptsächlich gehören Jägerinnen und Jäger, Sport- sowie Hobbyschützinnen und -schützen zu ihren Kunden. Geschätzte 80 Prozent seien davon männlich und 20 Prozent weiblich – Tendenz steigend. Monatlich werden in etwa 50.000 Schuss hier verkauft. „Grundsätzlich ist der allgemeine Bau von Waffen fast nicht mehr zeitgemäß“, erklärt Andreas Krebs. „Dieser ging zurück, als die Industrie immer besser wurde. Die Leute zahlen das außerdem nicht mehr.“ Denn wenn er jetzt ein Gewehr von Grund auf bauen würde, kostet dieses zwischen 20.000 und 50.000 Euro. „Meine Aufgabe ist es, alte Waffen zu reparieren, zu modifizieren und umzubauen“, sagt er.
Was für Autoliebhaber der Oldtimer ist, sind für ihn als Büchsenmachermeister demnach alte, traditionelle Waffen. Holz sei für ihn lebendig und erzähle Geschichten. Er gehe selbst aktiv auf die Jagd. Für ihn gehöre das zu seiner ausgewogenen Work-Life-Balance. Dabei erinnere er sich stets genau, welche Schramme er sich in welcher Situation in das Nussholz gehauen habe. Neumoderne Waffen würden das nicht können. Denn diese haben einen Kunststoffschaft. Eine alte Waffe mit Holzschaft zeigt für Krebs dagegen „richtige Handwerkskunst“.
Trotz dessen ist laut Andreas Krebs europaweit die industriell gefertigte „Blaser“ der Verkaufsschlager. Die Kunststoffwaffe sieht sportlich, militärisch aus und sei vor allem wegen ihrer Funktionalität beliebt. Außerdem gehe sie seltenst bis gar nicht kaputt. Und wenn dann vielleicht doch mal die Abzugsfeder hängt, sei der Büchsenmachermeister in einer Viertelstunde fertig. Ein alter Drilling oder eine Flinte dagegen beschäftigen ihn mindestens zwei bis drei Stunden.
Auf einem Urgewehr basiert die ganze Waffenentwicklung
Anhand eines Urgewehrs demonstriert der 30-Jährige sein Handwerk: dem Mauser 98. Dieses wurde 1898 von der Firma Mauser entwickelt und galt zur damaligen Zeit als „Kriegsrepetierer“. Auf diesem Gewehr basiere die ganze Waffenentwicklung nahezu weltweit. Bis heute wird es für die Jagd genutzt — wenn auch modernisiert. So bekommt auch dieses von ihm einen neuen Lauf. Der klassische, militärische Stufenlauf wird auf eine jagdliche Büchse umgebaut. In das vorhandene System wird ein Lauf geschraubt, dann kommt der Verschluss. „Das sind wesentliche Waffenteile und an einem wesentlichen Waffenteil darf nur der Büchsenmachermeister etwas verändern“, erklärt Andreas Krebs. Jetzt fehlt nur noch der Abzug, der Magazinkasten und der Schaft. Insgesamt wird die Verbindung zwischen Holz und Metall immer miteinander verschraubt. Dafür holt er seinen Lieblingsschraubenzieher aus einer Schublade.
Im Landkreis ist „Waffen Krebs“ die einzige Büchsenmacherei. Das jahrhundertealte Handwerk ist am Aussterben. Liegt das an der Industrialisierung oder doch an der fehlenden Bekanntheit für den Beruf? Wie auch immer. Andreas Krebs macht sich keine Sorgen. „Die Nachfrage ist da“, sagt er inmitten der Werkstatt – zwischen Waffen und Leidenschaft.
In unserer Serie „Handgemachtes aus der Region“ stellen wir Menschen aus dem Landkreis Landsberg und Umgebung vor, die besondere Dinge herstellen. Dieses Mal haben wir Büchsenmachermeister Andreas Krebs in Landsberg besucht.
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