Die Ordnung in der Kunst lädt zum Staunen ein
Die Ausstellung „Zeichnung Konkret“ im Kunstraum Stoffen ist eröffnet. Fünf Kunstschaffende zeigen ihre Positionen.
Der niederländische Architekt und Kunsttheoretiker Theo van Doesburg prägte 1924 den Begriff „konkrete Kunst“. Diese ordnet künstlerisch Systeme mit klaren intellektuellen Mitteln auf mathematisch-geometrischer Basis. Einhundert Jahre später eröffnen fünf herausragende Repräsentanten dieser Kunstrichtung mit „Zeichnung Konkret“, eine Welt zeichnerischer Möglichkeiten, die zum Staunen und Verweilen einlädt. Mit kleinen Anekdoten über konkrete Zeichnungen begrüßte Galerist Otto Scherer die zahlreichen Besucherinnen und Besucher. Kunsthistorikerin Birgit Kremer gab spannende und informative Einblicke in die unterschiedlichen Herangehensweisen der ausstellenden Künstlerinnen und Künstler. „Was alle verbindet, ist eine große Offenheit, die man nicht auf Anhieb sieht“, erläutert Birgit Kremer.
Die Geometrie in der Antike
Leider konnte die österreichische Objekt- und Konzeptkünstlerin Ilse Aberer zur Vernissage nicht anwesend sein. In ihren, in einem Gestaltungsprozess entwickelten geometrischen Formen, wie „Verschiebung 8/1“, „Verschiebung 8/2“, Pigmente auf Aquarellpapier, sowie auch „B1 – B6“, sechs Pigmente auf Büttenpapier, gibt sie umfassende Einblicke in ihr vielfältiges Werk. „In der Antike wurde die geometrische Form als eine geistige betrachtet. Es ist das, was Ilse Aberer uns vorführt“, erklärt Birgit Kremer. Aus dem gleichen Ort in Vorarlberg kommt Doris Freud. Sie bringt in ihren Serien, wie „homage to the colour purple-orange“, oder „dividing space-red 1-3“, Farbe in die Ausstellung. Aus zwei schwarzen Quadraten, „big black paper 3“, in Grafit auf Büttenpapier gezeichnet, mit Ösen und Polyesterseilen zusammengefügt, wird eine beeindruckende, raumfüllende Fläche. „Was so gleichmäßig aussieht, ist Arbeit, die Hingabe erfordert, um Bestandteil des Raumes zu werden“, erklärt Birgit Kremer.
Ein wunderbarer Teppich ohne ersichtliches Muster
Christine Ott, die in Italien und Belgien aufwuchs und an der Kunstakademie in Brüssel studierte, lebt in München. Neben ihren Acrylarbeiten in Weiß, lässt Christine Ott die staunenden Betrachter eine faszinierende Welt der Flächenspiele entdecken, die nicht festzuhalten ist. Die mit Tusche auf Papier gebrachten, unzählbaren, kleinen Flächen und Linien schneidet sie in dünne Streifen, fixiert diese und setzt sie mit kombinatorischen Alternativen zu einem wunderbaren Teppich, ohne ersichtliches Muster zusammen. Auf dem Hemd des, aus einer Künstlerfamilie stammenden, Architekten, Dozenten und Autors Thomas Weil aus Friedberg, findet sich das gleiche Muster wie in seinen 22 im hinteren Raum ausgestellten Arbeiten.
Bereits als 15-jährigen faszinierten ihn gegenstandsfreie, geometrische Ornamente. „Hier ist ein Ordnungssystem hinterlegt, das nicht sofort eingeordnet werden kann“, so beschreibt Birgit Kremer, Weils Arbeitsweise mit unterschiedlichen Rastersystemen, die sich mit partiellen Kreisformen auseinandersetzt und strenge Gradlinigkeit auflöst. Der in Urberach lebende Künstler Jürgen Wolff, der aus der Landvermessung kommt, hat aus der Verbindung von Kunst und Mathematik eine Wissenschaft gemacht.
„Der Autodidakt mit dem mathematisch-analytischen Zugang zur Grafik“, so Birgit Kremer, benutze als Basis Drachenvierecke, die in bestimmte Ordnungssysteme eingebunden sind. Die mit Tusche auf Holz aufgebrachten Dreiecke zu ordnen, um so eine diagonale, senkrechte oder waagrechte Linie zu finden, stellt für die Betrachtenden eine optische Herausforderung dar. Wie seine Arbeiten immer wieder neu gesehen werden können, dazu gab der Künstler interessante Tipps und Informationen. Die gesamte Ausstellung hält ein Füllhorn an Entdeckungen und Überraschungen bereit.
Die Werke sind bis zum 28. Juli, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.
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