Ja, es gab sie zu allen Zeiten, die Stars der jeweiligen Szene. Ihre Stile wurden kopiert, verändert, verfeinert, in andere Länder gebracht, wo sie erneut für Furore sorgten. Besucherinnen und Besucher des ersten Konzerts des Jahres im Gemeindesaal der evangelischen Christuskirche in Landsberg konnten das auf musikalischer Ebene erleben. Das Duo Silvia Berchtold (Blockflöten) und Gerhard Abe-Graf (Cembalo) nahm das Publikum entgegen heute üblichen Praktiken, unter dem Titel „From Italy to the Isles“ mit auf eine Reise von Italien auf die britischen Inseln.
Von südlicher Sonne zu nördlichem Regen? Möglicherweise war das einer der Gründe, weshalb zur Zeit des Barock Werke italienischer Komponisten bei den Briten so überaus beliebt waren. Deren Musik war geprägt von fröhlicher Leichtigkeit statt getragener Melodie, von verrückter Virtuosität statt exaktem Takt. Solche Strömungen wurden schnell aufgenommen und kopiert. Sie schwemmten aber auch einige Italiener in den Norden, wovon diese sich noch mehr Anerkennung und auch eine Aufbesserung ihrer Finanzen erhofften. Die international tätige Blockflötistin Silvia Berchtold und Gerhard Abe-Graf, Klavierpädagoge sowie erfahrener, weit über die Landkreisgrenzen hinaus gefragter Begleiter hatten für das Konzert ein Programm zusammen gestellt, das musikalisch auf derlei Überlegungen einging.
Mit jeweils einem kurzen Stück des Neapolitaners Nicola Matteis und des Engländers Henry Purcell konnten erste Vergleiche angestellt werden. Allerdings hatte sich das Duo noch nicht perfekt zusammengefunden und auch an der Intonation haperte es ein wenig. Das legte sich jedoch schnell. In schöner Abwechslung kamen Italiener wie Francesco Geminiani und Francesco Barsanti, dazu die britischen John Peacock und Thomas Roseingrave zu Wort beziehungsweise zu Klang. Sehr hübsch: Irisch beeinflusste Kompositionen von Geminiani und Peacock oder schottisches, so wie der Italiener Barsanti sich das vorstellt. Für Letzteres griff Silvia Berchtold zur Tin Whistle, deren luftiger Klang das Folkloristische der Kompositionen betonte. Dazwischen begeisterte Gerhard Abe-Graf solistisch mit einer der unzähligen Cembalo Sonaten, die Domenico Scarlatti von Mal zu Mal virtuoser komponiert hatte.
Für den Heimweg wird ein Stück zur Erholung gespielt
Georg Friedrich Händel war zwar Deutscher, er ist jedoch nach England ausgewandert und brachte es dort unter anderem mit italienischen Opern zu großem Ruhm. Für die wohl bekannteste Arie „Lascia ch‘io pianga“ wurde Berchtolds Altflöte zur Operndiva. Absoluter Star der Szene zur Zeit des Barock aber war Arcangelo Corelli. Er war in Italien und dort in Rom so berühmt und einflussreich, dass er keine Auswanderungsgedanken hatte und in der Stadt am Tiber wohlhabend wurde. Vielleicht am bekanntesten sind seine 23 Variationen über la folia, dem portugiesischem Tanz, der angeblich alle in die Verrücktheit trieb. Hier zeigte Silvia Berchtold ihre ganze Klasse, ihre Virtuosität, ihr Können, auch noch 64tel-Noten perfekt zu spielen. Zur Erholung, für einen ruhigen Heimweg sorgte das Duo abschließend mit fein-zarter Musik des genialen Lautenvirtuosen John Dowland.
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