Die Bundestagswahl rückt näher und bestimmte heuer auch den Lichtmessempfang des Bunds der Selbständigen (BDS) Landsberg, der in den Festsaal des Historischen Rathauses eingeladen hatte. Drei Kandidaten und eine Kandidatin für die Bundestagswahl standen bei acht bundespolitischen und einem regionalen Thema Rede und Antwort: Michael Kießling, 51, (CSU) und Carmen Wegge, 35, (SPD) gehören bereits dem Bundestag an. Neue Gesichter waren der 21-jährige Jurastudent Paul Friedrich (FDP) sowie Rolf Jürgen Hofmann, 62, (FW). Die Fragen hatte der BDS vorbereitet, moderiert wurde die politische Runde, in der krankheitsbedingt Verena Machnik (Bündnis 90/Die Grünen) fehlte, von Tobias Kurzmaier.
Rolf-Jürgen Hofmann setzte die Themen Bürokratieabbau sowie Klimaschutz. Er wolle die regionale Landwirtschaft und Wertschöpfung stärken. Paul Friedrich will die Rente reformieren, indem diese teilweise auch auf den Kapitalmärkten investiert wird. Zudem will die FDP die Kalte Progression abschaffen. Michael Kießling will erreichen, dass sich Arbeit wieder lohnt und dass es wieder Spaß macht, in Deutschland zu arbeiten – auch Zugewanderten. Außerdem soll die Wirtschaft leistungsfähiger, die illegale Migration gesteuert und Deutschland sicherer werden (Stichworte: Bundeswehr und Nachrichtendienste). Carmen Wegge zählte viele Punkte auf, die die Ampel bereits erreicht habe. Am Herzen liegt ihr, den bislang fehlenden Mutterschutz für Selbständige auf den Weg zu bringen, das AfD-Verbotsverfahren voranzutreiben und die Schuldenbremse zu lockern.
In den bundespolitischen Fragen des BDS spiegelten sich viele Themen wieder, die derzeit sowohl die Unternehmen als auch die Bürgerinnen und Bürger bewegen, so das geringe Wirtschaftswachstum, die hohen Steuern auf Arbeit, die überbordende Bürokratie, die hohen Energiepreise, der Missstand in der Gesundheitspolitik sowie in der Pflege, die Rente sowie die Migration. Zwar war allen Parteivertretern klar, dass sich etwas ändern muss und teils herrschte auch Einigkeit über das Wie – im Detail gingen die Vorstellungen dann jedoch auseinander.
Kurzzeitig wird die sachliche Diskussion zum emotionalen Schlagabtausch
Das zeigte sich insbesondere beim von Friedrich Merz zur Abstimmung gestellten Zustrombegrenzungsgesetz, als kurzzeitig die bis dahin sachliche Diskussion laut wurde und sich Wegge und Kießling einen emotionalen Schlagabtausch lieferten. Kießling hatte für den Antrag Merz‘ gestimmt, Wegge dagegen. Hätte Friedrich abstimmen dürfen, wäre er dagegen gewesen, denn es sei ein „falsches Signal, ein Zustrombegrenzungsgesetz zu erlassen in einem Land, das dringend Fachkräfte aus dem Ausland sucht“. Hofmann hätte dafür gestimmt, mit dem Argument, dass 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für den Antrag seien.
Auf die Frage des Moderators, wen sie als Kanzler wählen würden, fielen die Antworten Kießlings und Wegges wie erwartet aus. Friedrich sorgte jedoch mit der Nennung von Christian Lindner (FDP) für eine Überraschung. Und auch Hofmann legte sich nicht auf einen der gesetzten Kandidaten fest, sondern brachte Peter Dreier (FW) ins Spiel, Landrat im Landkreis Landshut. Während Kießling eine Koalition mit der SPD in Erwägung zog, sagte Wegge, sie würde die CDU nur mit Daniel Günther oder Hendrik Wüst als Kanzlerkandidaten unterstützen.
Drei Kandidaten wollen die Mehrwertsteuer für die Gastronomie senken
Wirtschaft: Bürokratieabbau, Strompreissenkungen und eine Flexibilisierung der Netzentgelte sowie Fachkräftegewinnung aus dem Ausland, darüber bestand Einigkeit. Die FDP will zudem den Solidaritätszuschlag abschaffen, die SPD die Arbeitszeitmodelle flexibler gestalten und die Freien Wähler setzen auf eine Anreizpolitik, dass sich auch das Arbeiten über die Rente hinaus lohnt. Kießling, Friedrich und Hofmann sprachen sich dafür aus, die Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf sieben Prozent zu senken. Wegge war dagegen, sagte jedoch, die SPD wolle die Steuern auf Lebensmittel senken.
Steuern: FDP und CSU wollen keine Vermögenssteuer, die SPD schon. SPD und CSU sind dafür, die Freibeträge für Erbschaftssteuern zu erhöhen. Auch einer Anhebung des Spitzensteuersatzes standen die politischen Vertreter positiv gegenüber.
Bürokratieabbau: Keine Übererfüllung von EU-Vorgaben, dafür plädierte Hofmann. Ginge es nach ihm, sollen viele Dokumentationspflichten wegfallen, die Steuererklärung vereinfacht werden. Kießling will sich für weniger EU-Vorgaben einsetzen. Hofmann, Friedrich und Kießling sprachen sich gegen das Lieferkettengesetz aus.
Energie: Deutschland hat die höchsten Strompreise in der EU. Um das zu ändern, will Friedrich die Stromsteuer abschaffen. Wegge will eine Strompreisdeckelung bei drei Cent pro Kilowattstunde. Hofmann sprach sich für grundlastfähige Kraftwerke und damit auch für regionales Gas aus.
Pflege: Wegge plädierte für eine einheitliche Krankenversicherung. Hofmann will die Apotheken stärken, indem verschreibungspflichte Medikamente nicht mehr Online versandt werden dürfen. Friedrich und Kießling setzen auf mehr Digitalisierung. Pflege zuhause soll laut Kießling und Wegge besser unterstützt werden.
Am Ende der Diskussion ging es noch um ein lokales Thema: die Bürgerentscheide zum Neubau des Landratsamts. Kießling, Friedrich und Hofmann sprachen sich für den geplanten Neubau aus, Wegge dagegen.
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