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Landsberg: "Ausländer raus"-Gesang: So geht die Landjugend Hohenfurch mit den Vorwürfen um

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"Ausländer raus"-Gesang: So geht die Landjugend Hohenfurch mit den Vorwürfen um

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    Der Wagen der Landjugend Hohenfurch hatte „Lego“ zum Thema. Von ihm waren ausländerfeindliche Gesänge zu hören, für die sich der Vorsitzende Moritz Taufratshofer später entschuldigte.
    Der Wagen der Landjugend Hohenfurch hatte „Lego“ zum Thema. Von ihm waren ausländerfeindliche Gesänge zu hören, für die sich der Vorsitzende Moritz Taufratshofer später entschuldigte. Foto: Screenshot Instagram, Christian Rudnik

    Die Vorfälle beim Faschingsumzug am Lumpigen Donnerstag in Landsberg sind mittlerweile bundesweit ein Thema. Das Video über die Beteiligung der Landjugend Hohenfurch ist bei YouTube zu sehen und viele Medien berichten darüber. Auf dem Faschingswagen der „Ausländer raus“ gesungen und müssen sich jetzt nicht nur der Kritik stellen, sondern auch mit der Polizei auseinandersetzen. Die Kripo Fürstenfeldbruck und die Staatsanwaltschaft ermitteln nach dem Anfangsverdacht der Volksverhetzung. Auch die Beleidigungen von Zuschauern gegen die erstmals am Umzug teilnehmenden Fridays for Future schlagen hohe Wellen. 

    Bezüglich der ausländerfeindlichen Gesänge ermittelt die Polizei noch, wie Oberstaatsanwalt Andreas Dobler, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, unserer Redaktion sagt. "Bevor ich den Vorgang nicht habe, kann ich keine Stellungnahme abgeben." Die Kriminalpolizei hat derweil erste Beweismittel sichergestellt und ausgewertet. Besucher des Faschingsumzugs, die den oben genannten Vorfall beobachten konnten und sachdienliche Hinweise hierzu geben können, werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck unter Telefon 08141/612-0 zu melden. 

    Landjugend Hohenfurch äußert sich zu dem Vorfall auf Instagram

    Schon am Tag nach dem Umzug hatte der Vorsitzende der Landjugend in Hohenfurch den Vorfall kommentiert. Moritz Taufratshofer sagte unserer Redaktion, er war nicht auf dem Wagen und distanzierte sich von dem Vorfall. Er sagte, dass man das in der Gruppe aufklären und besprechen werde. Er und einige andere Mitglieder nehmen nun Stellung auf Instagram und auf der Homepage des Bayerischen Jungbauernverbands. Dort schreibt auch der Bürgermeister der Gemeinde, Guntram Voglsgesang, dass er Rassismus und Diskriminierung verurteile. "In Hohenfurch haben nahezu sechs Prozent eine ausländische Staatsbürgerschaft." Die Menschen seien gut integriert. Er und der Vorsitzende des Landjugend-Kreisverbands Schongauer Land, Marcel Reintsch, schreiben, "In unseren Vereinen und in unserer Gemeinde ist jeder willkommen." 

    Auf der Homepage gibt es eine offizielle Stellungnahme der Bayerischen Jungbauernschaft (BJB) zum Vorfall in Landsberg, an dem der Wagen aus Hohenfurch teilnahm. Persönlich ist dort gerade niemand erreichbar, über Telefon erfährt man, dass man „im Urlaub“ sei. Zu lesen ist Folgendes: "Die Landjugend steht für demokratische Werte, Vielfalt und Toleranz! Die BJB toleriert nicht, dass ausländerfeindliche Parolen gesungen oder gerufen werden. Das ist in keinerlei Situation zu rechtfertigen und wird nicht geduldet. Verantwortliche werden zur Rede gestellt und müssen mit Konsequenzen rechnen." Die BJB stehe für eine offene Gesellschaft und verurteile völkische und nationalistische Parolen aufs Schärfste. 

    Auch die Bayerische Jungbauernschaft gibt eine Stellungnahme ab

    Bereits Ende 2023 machte man dies auf Instagram unmissverständlich deutlich: "Wir sind ein offener und vielfältiger Verband. Menschenfeindlichkeit, Demokratiefeindlichkeit, Hass und Hetze haben in der Bayerischen Jungbauernschaft keinen Platz. Wir sind gegen jegliche Form von Extremismus." Als großer Jugendverband im ländlichen Raum wolle man alle Menschen ermutigen sich für Demokratie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einzusetzen und Extremismus keine Chance zugeben. 

    In den Kommentaren zu diesen Instagram-Posts der Landjugend Hohenfurch gibt es viel Kritik. Viele fragen, warum es dann überhaupt zum Absingen dieses Liedes kommen konnte, und finden bei den Aussagen der Landjugend keine Erklärung dazu. "Sorry, aber Worte sind gar nicht. Ihr solltet in Aktion gehen, Konsequenzen mit den Betroffenen ziehen (...) Das was hier in Landsberg auf eurem Wagen passiert ist, macht ihr mit Porträts von Mitglieder*innen mit verschränkten Armen nicht wieder gut", heißt es da beispielsweise. 

    Die Landjugend hat sich mehrfach bei der Licaria Landsberg entschuldigt

    Thomas Bihler, Sprecher der Faschingsgesellschaft Licaria, war in den vergangenen Tagen ein häufiger Gesprächspartner von Journalisten, die über die Ereignisse in Landsberg berichten. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt er, dass sich der Vorsitzende der Landjugend Hohenfurch mehrfach aufrichtig entschuldigt habe. "Wir nehmen die Entschuldigung an. Für uns ist die Sache ausgesprochen." Bihler weiß auch, dass die Hohenfurcher alle Termine mit ihrem Faschingswagen abgesagt haben. 

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    Lumpiger Donnerstag in Landsberg: Etliche Fußgruppen und Wägen ziehen durch die Innenstadt. Hier sind unsere Fotos.

    Thomas Bihler bezieht aber auch klar Stellung zu jeglicher Form von Extremismus. Jemand, der solche Parolen ("Ausländer raus") rufe, habe noch nie eine Flüchtlingsunterkunft oder eine Zeltstadt von innen gesehen. "Solchen Leuten kann ich nur empfehlen, mitzufliegen ins Ausland." Sie sollten sich das Leid vor Ort anschauen und sie würden wohl ganz anders zurückkommen. Thomas Bihler ist Vorsitzender und Mitbegründer des Flughafenvereins München. Der gemeinnützige Verein hilft Menschen in Not und ist dabei viel im Ausland aktiv. 

    Lumpiger Donnerstag in Landsberg: Gab es Beleidigungen gegen Fridays for Future?

    Neben den ausländerfeindlichen Parolen gab es während des Umzugs am Lumpigen verbale Angriffe gegen die Fridays for Future, die bedrohte Tiere verkleidet mitliefen und Schilder mit der Aufschrift "Rettet uns" trugen. "Wir wurden nicht nur ausgelacht, ausgebuht und beschimpft, sondern auch mit homophoben Äußerungen konfrontiert", schreibt Sprecher Liam Sauer in einer Pressemeldung. Darin erwähnt er auch, dass diese unter anderem von einer Gruppe um ein Mitglied des Vorstands der Jungen Union Landsberg gefallen seien. Unsere Redaktion hat mit der von

    Marian Cammerer, der Kreisvorsitzende der Jungen Union, möchte den von Fridays For Future Landsberg erhobenen Vorwürfen nachgehen und eine sofortige Klärung herbeiführen. Seine mehrfachen Kontaktversuche seien aber bislang unbeantwortet geblieben, teilt er unserer Redaktion mit. Im Namen des Kreisverbands betont Cammerer, dass extremistische Ansichten, Hass und Homophobie den Grundwerten der Jungen Union widersprechen und keinen Platz haben in einer demokratischen Gesellschaft. "Der Kreisverband der Jungen Union Landsberg setzt sich klar für Demokratie und Freiheit ein und tritt aktiv gegen jegliche Form von Extremismus ein", so der Kreisvorsitzende.

    Liam Sauer ist Sprecher von Fridays for Future in Landsberg.
    Liam Sauer ist Sprecher von Fridays for Future in Landsberg. Foto: Thorsten Jordan (Archivbild)

    Wie Liam Sauer sagt, hat Fridays for Future zwar damit gerechnet, dass man auch Ablehnung für sein Thema erfährt, die homophoben Äußerungen, etwa "Schwuchtel", hätten sie dann aber schon überrascht. Schließlich seien auch andere Gruppen mit einer politischen Botschaft beim Umzug angetreten. Die Licaria hat von den Beleidigungen nichts mitbekommen, sagt Thomas Bihler, der die Äußerungen aufs Schärfste verurteilt. "Wir hätten sofort eingegriffen", versichert er. 

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