Der Termin war mit Spannung erwartet worden. Das zeigte schon das Zuhörerinteresse in der jüngsten Stadtratssitzung. Denn an diesem Abend wurden die Ergebnisse der archäologischen Voruntersuchungen auf dem Schlossberg in Landsberg präsentiert. Und die Experten geizten nicht mit Superlativen: Sehr spannend seien die Funde gewesen, bahnbrechende Erkenntnisse könne man daraus gewinnen und rätselhaft bleibe noch so einiges. Den Stadträten wurde unter anderem bronzezeitliche Keramik, römische Münzen und eine Spielzeugpistole aus dem 18. Jahrhundert gezeigt.
Die geplante Sanierung und Erweiterung des bestehenden Schulgebäudes auf dem Schlossberg zu einer Grundschule hat unter anderem auch zur Folge, dass die Bereiche, die künftig bebaut werden sollen, archäologisch untersucht werden. Der Schlossberg gilt als Wiege der Stadt Landsberg, einst thronte über Stadt und Lech eine Burg, die um 1810 abgerissen wurde. Von August vergangenen Jahres bis Juni dieses Jahres haben Ines Gerhardt und Stefan Mühlemeier mit ihren Mitarbeitenden von der archäologischen Grabungsfirma Phoinix aus Pöcking das Gelände untersucht. In der Sitzung des Stadtrats präsentierte Ines Gerhardt jetzt die Ergebnisse.
Das Gelände im Norden des Landsberger Schlossbergs wurde im 20. Jahrhundert aufgefüllt
Nördlich des bestehenden Schulgebäudes wurden laut Gerhardt drei kleinere Suchschnitte angelegt. Allerdings noch nicht am Rand des Bergsporns, wo die wichtigsten Gebäude der Burg wie Palas oder Kemenate vermutet werden. Bei den Untersuchungen habe sich gezeigt, dass das Areal nach dem Abbruch der Burg um 1810 massiv aufgefüllt wurde. Vier Schichten mit einer Gesamtstärke von 1,20 Metern wurden dort erst im 20. Jahrhundert aufgebracht, was eine dort gefundene Zwei-Pfennig-Münze aus dem Jahr 1924 zeige. Erst darunter befinde sich Schutt der abgebrochenen Burg und darunter erste relevante archäologische Befunde wie Feuerstellen, Estriche und Gruben. Nach Ansicht der Archäologin können die ersten vier Schichten unter Aufsicht mit einem Bagger abgetragen werden. Danach müsse von Hand gearbeitet werden.
Auch im Keller des Schulgebäudes führten die Archäologen Sondagen durch. Sie stellten im nördlichsten Kellerraum fest, dass die Bodenplatte direkt auf einem massiven Mauerfundament aufliegt. Eine mindestens ein Meter breite Mauer verläuft von West nach Ost, eine andere, 1,30 Meter breite Mauer schließt rechtwinklig an und setzt sich nach Norden fort. „Beide Mauern wurden gleichzeitig errichtet und gehören vielleicht zu dem Tor des inneren Burghofs, waren also wohl Teil der mittelalterlichen Burg“, sagte Ines Gerhardt. In der Schicht neben und unter der Mauer fanden sich Keramik und ein Bruchstück eines Kamms aus dem frühen oder hohen Mittelalter.
Eine Münze mit dem Konterfei des römischen Kaisers Konstantin II.
Große Überraschungen kamen laut Ines Gerhardt südlich des Schulgebäudes zu Tage, auf der Fläche des mittlerweile abgebrochenen Anbaus aus den Jahren 1968 und 1969. Im Westen fanden die Archäologen eine spätrömische Kulturschicht aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts nach Christus mit Scherben und Münzen. Darunter unter anderen eine Cent-große Münze mit dem Konterfei des römischen Kaisers Konstantin II., der von 337 bis 340 herrschte und unter anderem die Christianisierung des Römischen Reiches einleitete. Wie Gerhardt vermutet, befand sich auf dem Schlossberg eine römische Siedlung.
Als noch viel ergiebiger bezeichnete die Archäologin die anderen auf dem Areal des Anbaus untersuchten Flächen. An der Stelle habe sich eine befestigte Siedlung, eine Burg vom Übergang der frühen zur mittleren Bronzezeit (um 1400 vor Christus) befunden. Es sei eine unruhige Zeit gewesen, in der einige bekannte Höhensiedlungen entlang der Flüsse in Flammen aufgingen und zerstört wurden. Offenbar auch in Landsberg. Dort muss das Feuer so stark gewesen sein, dass sich die Erde darin vollständig rot färbte, was noch heute zu sehen ist. Die Befestigung bestand laut Ines Gerhardt aus einem aufgeschütteten Wall mit einer Mauer aus Steinen und vorgelagerten Palisaden aus Holz und Erde. Die Mauer stürzte ein und unter den Steinen liegen viele zum Teil im Feuer verglühte Gefäße. Diese Keramiken wurden den Stadträtinnen und Stadträten sowie den Zuhörenden auf einem Tisch in der Mitte des Sitzungssaals präsentiert.
Wie sind die Funde zu bewerten? Dazu äußersten sich Jochen Haberstroh vom Landesamt für Denkmalpflege und Stadtheimatpfleger Stefan Paulus. Haberstroh sprach von bahnbrechenden Erkenntnissen zum bronzezeitlichen Burgenbau. In Bayern gebe es nur wenige vergleichbare Anlagen. Vor allem mit Blick auf die Flächen im Norden sagte er, es bleibe noch viel zu tun. Rätselhaft sei die Situation der hoch- und spätmittelalterlichen Burg. „Wo lagen die Gebäude?“ Stefan Paulus sagte, man müsse sensibel mit der Thematik umgehen und blickte auch schon in die nahe Zukunft. „Wie gehen wir mit den Funden um?“, fragte er. Die Ursprünge der Geschichte der Stadt müssten für die Bürgerinnen und Bürger greifbar gemacht werden.
Wie geht es weiter? Die ursprünglichen Pläne sehen vor, dass die archäologischen Untersuchungen im kommenden Jahr im nördlichen Bereich fortgesetzt werden. Jochen Haberstroh erwartet auch dort spannende Ergebnisse. Wo gegraben werden könne, sei von der konkreten städtischen Planung abhängig.
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