Der Lechrain umfasst das Gebiet zwischen Lech, Amper, Ammersee und Ammer und bildet die westliche Grenze Oberbayerns zu Schwaben. Somit liegt er nicht nur zwischen zwei Regierungsbezirken, sondern auch zwischen zwei sprachlich unterschiedlichen Dialektgebieten. Dr. des. Felicitas Erhard ist Sprachhistorikerin und Mitarbeiterin am Bayerischen Wörterbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sie spricht am Montag, 18. November, über „Die Sprache im Lechrain. Zur Herkunft und Zukunft der Mundart um Landsberg am Lech.“ Der Vortrag der Sprachhistorikerin beginnt um 19.30 Uhr im Pfarrsaal Mariae Himmelfahrt, Landsberg. Der Eintritt ist kostenlos.
Lechrainer-Dialekt hat sich zeitgleich mit Bairisch und Schwäbisch entwickelt
An Sprachbeispielen aus dem Landkreis sollen in diesem Vortrag sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede des Lechrainer Dialekts zu benachbarten Dialektgebieten – Bairisch und Schwäbisch – sowie die feine Binnengliederung der Lechrainer Mundart besprochen werden. Dabei geht Erhard auch auf die Herkunft und die historische Entwicklung des Dialekts sowie dessen zukünftiges Verhältnis zur hochdeutschen Standardsprache ein.
Zu sagen „Der Dialekt im Lechrain ist eine Mischung aus Bairisch und Schwäbisch“ sei weder richtig noch falsch. „Es gibt sowohl Merkmale, die für die Dialekte typisch sind, als auch ganz eigene Strukturen“, sagt die Sprachhistorikerin. „Ast“ werde etwa wie im Schwäbischen „Ascht“ gesprochen. „Breit“ wiederum wie im Bairischen „Broad“. Eigenheiten, die der Lechrain nicht mit den zwei Dialekten gemein hätte, seien etwa „Mälla“ für Mädchen oder „fööd“ für Feld. Immer mehr verschwinden würde der Lechrain-spezifische kehlige Anlaut „kch, wie er zum Beispiel in „Kchua“ (Kuh) oder „Kchurcha“ (Kirche) verwendet wird.
„Man darf nicht davon ausgehen, dass es einen Dialekt gibt, von dem andere abstammen, sondern alle gleichzeitig entstanden“, erklärt Erhard. Grundsätzlich seien die meisten Dialekte alle älter als die Standardsprache. Es sei schwierig, eine genaue Zeit anzugeben. Die Ursprünge gehen sehr weit zurück, aber so wie wir Dialekte heute kennen, sei die Jahrtausendwende 900 zu 1000 prägend.
Dialekte und Standardsprache haben beide ihre Berechtigung
In ihrem Vortrag wird die Sprachhistorikerin auch auf ihre Arbeit am Bayrischen Wörterbuch eingehen. Der Lech sei dabei geografisch die Grenze und somit gehöre der Lechrainer-Dialekt noch zu ihrem Arbeitsfeld dazu. „Wir haben historische Aufzeichnungen und merken, wie etwa das Bayerische immer mehr in den Bereich zieht.“ Das läge unter anderem daran, dass Bairisch als prestigeträchtiger gilt. „Ob das gut oder schlecht ist, muss man selbst bewerten. Eine lebendige Sprache soll sich ja verändern. Gefährlich ist es aber, wenn aktiv eingegriffen wird, etwa gesagt wird ‚Ich spreche keinen Dialekt mehr, weil es schlecht ist‘“. Es sei bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass es förderlich ist, Kinder mit Standard-Sprache und Dialekt großzuziehen. „Das ist ähnlich wie eine zweisprachige Erziehung.“ Erhard sagt, es müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden. Dass etwa Dialekt nicht schlecht ist, sowie andersherum Hochdeutsch nicht schlecht ist. „Es gibt für beides seinen Platz.“
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