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Landkreis Landsberg: So werden Asylunterkünfte zum Geschäftsmodell

Landkreis Landsberg

So werden Asylunterkünfte zum Geschäftsmodell

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    Auf diesem Grundstück in der Birkenstraße in Scheuring wollte ein Investor eine Asylunterkunft errichten.
    Auf diesem Grundstück in der Birkenstraße in Scheuring wollte ein Investor eine Asylunterkunft errichten. Foto: Christian Rudnik

    Aktuell hat sich die Lage im Landkreis Landsberg etwas entspannt. Bleibt es bei den aktuellen Zuweisungszahlen, dann gibt es bis Ende März ausreichend Unterkünfte für Asylsuchende. Dennoch ist das Landratsamt weiterhin auf der Suche nach Gebäuden und Grundstücken, damit nicht doch Sporthallen für die Unterbringung beschlagnahmt werden müssen. Dabei erhält die Behörde auch immer wieder Angebote von Investoren. Diese bieten Grundstück und Wohncontainer im Paket zur Verpachtung an. Ein solches Geschäftsmodell soll nach Informationen unserer Redaktion jetzt erstmals im Landkreis in Scheuring zum Tragen kommen. Eine Interessengemeinschaft stellt sich gegen das Projekt und Landrat Thomas Eichinger (CSU) will bei einer Bürgerversammlung zum Thema Stellung beziehen.

    Eine Unterkunft für Dutzende Asylsuchende in der Birkenstraße am Rande von Scheuring: „Da sind die Anwohner natürlich alle hellhörig geworden und wollten sich das nicht bieten lassen und mitsprechen“, sagt Anwohner Werner Riedmair unserer Redaktion. Hieraus hätten sich rund 30 Menschen zur Interessengemeinschaft „Asyl aber richtig“ zusammengetan und einen Antrag für eine bessere Alternative im Gemeinderat gestellt. „Es war nie unser Ansatz, dass wir keine Geflüchteten haben wollen“, betont Riedmair. Die Containerlösung sei aber keine vernünftige Wohnform. „Die Leute sollen schließlich auch integriert und nicht abgestempelt werden.“ Wohnraum in Containern für bis zu 70 Asylsuchende, die laut Riedmair als Zahl in der Gemeinde kursiere, sei schlichtweg zu viel für die angrenzenden Bewohnerinnen und Bewohner. „Warum machen wir hier nichts Nachhaltiges?“

    Die Scheuringer Interessengemeinschaft schlägt ein anderes Konzept vor

    Anstatt in Container, solle man in ein Wohnprojekt investieren, so das Credo von „Asyl aber richtig“. Daher hat die Interessengemeinschaft das Konzept des integrativen Wohnens vorgeschlagen, angeregt durch eine veröffentlichte Pressemitteilung des Landratsamts Ende Dezember 2023. Damals wurde ein Ausbildungsverbund gegründet, um Geflüchtete in Pflegeberufen auszubilden.„Die Menschen müssen auch wohnen, das wäre doch ein Pilotprojekt für Scheuring“, war die Idee. 

    Die Pläne für eine Asylunterkunft am Ortsrand von Scheuring sind offenbar vom Tisch.
    Die Pläne für eine Asylunterkunft am Ortsrand von Scheuring sind offenbar vom Tisch. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    In der Nachbarschaft ist man mittlerweile jedoch wieder beruhigt. Nach Informationen unserer Redaktion ist der Investor, ein Unternehmen aus München, das Immobilien und Grundstücke für seine Kunden entwickelt, von seinem Vorhaben wieder abgerückt. Für das rund 1100 Quadratmeter große, nicht erschlossene Grundstück hätte es 4500 Euro im Monat an Pacht bezahlt. Zahlen, die das Landratsamt nicht kommentieren möchte, wie dessen Pressesprecher Wolfgang Müller sagt. Auch nicht, wie viel Miete der Freistaat an den Investor bezahlt hätte. Dass es immer wieder Anfragen von Investoren gibt, die ähnliche Angebote unterbreiten, kann Müller aber bestätigen. Er spricht von einem „Geschäftsmodell“.

    Die Investoren wenden sich in der Regel an das staatliche Landratsamt, also an den Freistaat. Ein Miet- oder Pachtvertrag müsse immer mit der Regierung von Oberbayern abgestimmt werden, sagt Wolfgang Müller. Für die Landratsämter seien solche Angebote interessant. Investoren hätten Wohncontainer in der Regel bereits bei der Hand, zudem könne das Ausschreibungsverfahren schneller abgewickelt werden, als bei der öffentlichen Hand. Der Investor kümmere sich auch um die Unterlagen für die Baugenehmigung und die weitere Abwicklung des Projekts. 

    Und wie geht es nach der Absage in Scheuring weiter? „Es ist alles wieder offen, es müssen neue Containerstandorte gefunden werden“, sagt Werner Riedmair. Er geht davon aus, dass sich die Interessengruppe wohl wieder zurückziehen werde, da ihre direkte Umgebung vorerst nicht mehr betroffen sei. Dass das von ihr vorgeschlagene Konzept im Gemeinderat und im Landratsamt bislang keinen Anklang gefunden hat, enttäuscht Werner Riedmair trotzdem. 

    Der Gemeinderat bittet darum, die Modulanlage nicht umzusetzen

    Und was sagt Bürgermeister Konrad Maisterl? „Ich weiß nur, dass es gewisse Verhandlungen zwischen dem Landratsamt, einem Investor und dem Grundstückseigentümer gegeben hat und sie sich so weit auch einig waren.“ Vielmehr könne er zur Sache aktuell nicht sagen, da er keine weiteren Informationen der Beteiligten habe. „Was die Gerüchteküche tut, ist ein anderes Thema“, sagt Maisterl. In der Gemeinderatssitzung Ende Januar wurde beschlossen, das Landratsamt darum zu bitten, die geplante Modulanlage für Asylsuchende in der Birkenstraße zunächst nicht umzusetzen. „Wir können nur bitten“, betont der Bürgermeister. Die Idee der Interessengemeinschaft „Asyl aber richtig“ wurde im gleichen Zuge abgelehnt, da die Gemeinde für ein solches Projekt weder geeignet noch die nötigen Kapazitäten habe. „Dafür müsste man Fachpersonal einstellen, das weiß, wie man ein integratives Wohnkonzept richtig umsetzt“, so Maisterl. 

    Klarheit über die aktuelle Situation soll eine außerordentliche Bürgerversammlung am Dienstag, 6. Februar, ab 19.30 Uhr in der Lechrainhalle bringen. Landrat Thomas Eichinger wird dann Rede und Antwort stehen. Kurz vor der Versammlung wolle man hingegen keine Presseanfragen zu dieser Thematik beantworten, hieß es aus dem Landratsamt. Werner Riedmair verspricht sich von der Bürgerversammlung nicht viel: „Es wird einfach durchgezogen und die Bürger werden nicht mitgenommen.“

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