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Landkreis Landsberg: Missbrauchsgutachten schockiert Pfarrer aus dem Kreis Landsberg

Landkreis Landsberg

Missbrauchsgutachten schockiert Pfarrer aus dem Kreis Landsberg

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    Ein Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche. Geistliche aus dem Landkreis Landsberg betrachten die Entwicklungen mit Sorge.
    Ein Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche. Geistliche aus dem Landkreis Landsberg betrachten die Entwicklungen mit Sorge. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbol)

    Ein neues Missbrauchsgutachten zum Erzbistum München sorgt momentan international für Aufsehen. Auch der aus Bayern stammende emeritierte Papst Benedikt XVI. wird in der Studie belastet. Pfarrer aus dem Landkreis Landsberg sind „fassungslos“ und sprechen von einer neuen Dimension. Die Kirche sehen sie als Institution in der Pflicht.

    „Das Gutachten umfasst mehr als 1500 Seiten, die Ergebnisse kenne ich bisher nur aus den Medien“, sagt der Landsberger Stadtpfarrer Michael Zeitler von der Pfarrei Mariä Himmelfahrt. „Leider bestätigt das Gehörte und Gelesene, was zu vermuten war. Jeder einzelne dieser Missbrauchsfälle ist erschreckend und beschämend. Es widert mich geradezu an, wenn ich lese, was Täter, unter dem Vorwand, sie seien Verkünder der Frohen Botschaft, Kindern angetan haben.“

    Missbrauchsskandal: Landsberger Pfarrer sehen Kirche in der Pflicht

    Wenn es in der Vergangenheit keine Fehler gegeben hätte, „dann wären wir heute nicht da, wo wir sind“. Die Kirche sei nun in der Pflicht, das Geschehene aufzuarbeiten, so Pfarrer Michael Zeitler. „Außerdem muss die Kirche die Missbrauchsfälle immer durch die Augen der Opfer sehen und nicht durch die Augen der Kirche.“ Sonst setze automatisch eine Verteidigungs- oder Abwehrhaltung ein, die den Opfern nicht gerecht werde. Doch auch die Kirche müsse geschützt werden – nämlich vor solch perversen Tätern, meint Zeitler. „Ich ziehe hier den Hut vor Bischof Bertram Meier, der den Mut besitzt, sich mit Missbrauchsopfern öffentlich zu treffen und so ein deutliches Zeichen dafür setzt, dass es kein ,Weiter so’ geben darf“, so Zeitler. Wie berichtet, hatte sich auch der aus Kaufering stammende Bischof gegenüber unserer Redaktion bereits zu dem neuen Gutachten geäußert. Jeder neue Fall biete „eine Steilvorlage, um mit der Kirche abzuschließen“, sagte er unter anderem.

    Es ist laut Michael Zeitler abzusehen gewesen, dass auch der Name des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im Zusammenhang mit dem Gutachten auftauche – schließlich habe dieser vier Jahre Verantwortung für die Erzdiözese München und Freising getragen. Da Michael Zeitler die Einzelheiten aber nicht kenne, wolle er das Gutachten auch nicht bewerten. „Klar ist jedoch, wenn jemand einen Fehler begeht, dann sollte er diesen auch eingestehen – egal ob Pfarrer, Bischof oder Papst.“ Es sei nicht auszuschließen, dass sich nun noch mehr Menschen von der Kirche abwendeten. „Im Kollegenkreis stellen wir fest, dass jeder einzelne Missbrauchsfall unsere Arbeit belastet. Seelsorge lebt vom Vertrauen und dieses ist massiv beschädigt worden.“

    Landsberger Stadtpfarrer ist fassungslos über Anzahl der Missbrauchsfälle

    Der Landsberger Stadtpfarrer Gregory Herzel betrachten die Entwicklungen mit Sorge.
    Der Landsberger Stadtpfarrer Gregory Herzel betrachten die Entwicklungen mit Sorge. Foto: Thorsten Jordan (Archiv)

    Pfarrer Gregory Herzel von der Katholischen Stadtpfarrei „Zu den Heiligen Engeln“ in Landsberg zeigt sich „fassungslos“ über die Anzahl der Fälle. „Es beschämt und entsetzt mich.“ Er hoffe, dass die entsprechenden Stellen im Erzbistum München und Freising die Missbrauchsfälle nun endlich aufklären. „Hilfreich wäre es, wenn auch endlich die Perspektive der Opfer eingenommen werden würde“, betont Pfarrer Herzel. Die Tatsache, dass auch Papst Benedikt XVI. durch die Missbrauchsstudie belastet wird, bedeute sicherlich einen weiteren, zusätzlichen Vertrauensverlust in die „Institution Kirche“. Natürlich würden sich auch weiterhin Menschen von der Kirche abwenden, sagt

    Die Dimension des Gutachtens habe ihn geschockt, sagt Pfarrer Johannes Huber von der Pfarreiengemeinschaft Igling. Jetzt sei es ganz wichtig, den Blick auf die Opfer zu werfen. „Wir dürfen nicht uns bemitleiden, der Grundgedanke muss sein: Was haben wir den Opfern angetan. So etwas darf nie wieder passieren.“ Und dabei dürfe man die Institution Kirche auch nicht schonen. „Wir bringen einem Kommunionkind bei, dass es, wenn es einen Fehler macht, diesen zugeben soll, und schauen muss, dass es nicht wieder passiert.“ Diese Maßstäbe dürfe man nicht nur predigen, man müsse sich auch selbst daran halten."

    Auch der Papst mache Fehler

    Dass auch der ehemalige Papst in der Studie beschuldigt wird, verleihe dem Vorgang eine andere Dimension. Mit der Aussage, dass „ein Denkmal bröckle“, kann Pfarrer Huber aber nichts anfangen: „Wer sagt denn, dass ein Papst ein Denkmal ist. Er macht etwas richtig, aber er macht auch Fehler.“ Und zu diesen Fehlern müsse man stehen. „Ich für meine Person stehe dazu“, sagt Johannes Huber. Und das sollte auch für alle anderen gelten – „Ex-Papst hin oder her“. Die Täter müssten auf jeden Fall zur Verantwortung gezogen werden.

    Ein Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche. Dekan Oliver Grimm.
    Ein Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche. Dekan Oliver Grimm. Foto: Julian Leitenstorfer (Archiv)

    Oliver Grimm, Dekan der Pfarreiengemeinschaft Fuchstal, sieht weniger Änderungen als notwendig an, sondern vielmehr, dass die Aufarbeitung vorankommt: „Das Geschehene kann niemand rückgängig machen, aber es muss aufgearbeitet werden.“ Das sei keine leichte Aufgabe. Aber verdrängen, aufschieben oder leugnen sei die schlechteste aller Möglichkeiten des Umgangs. „Ich hätte mir von unserem emeritierten Papst eine Vorreiterrolle erhofft“, bedauert Grimm, der betont, dass jeder Mensch in einer leitenden Aufgabe Fehler mache. Das gelte auch für Päpste. Schließlich beziehe sich die Unfehlbarkeit auf Fragen der Lehre, nicht für den Umgang mit Fragen sexualisierter Gewalt, sagt der Dekan aus

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