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Landkreis Landsberg: Lockdown-Hick-Hack sorgt für Kritik im Landkreis Landsberg

Landkreis Landsberg

Lockdown-Hick-Hack sorgt für Kritik im Landkreis Landsberg

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    Der Landkreis Landsberg im Lockdown. Unser Foto zeigt die Fußgängerzone in Landsberg.
    Der Landkreis Landsberg im Lockdown. Unser Foto zeigt die Fußgängerzone in Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Nach massiver Kritik am Bund-Länder-Beschluss zu einer Osterruhe hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Maßnahme zurückgenommen. Auch im Landkreis Landsberg hatte die Entscheidung, den Gründonnerstag und den Karsamstag als Feiertage einzustufen, für wenig Verständnis und viel Verunsicherung bei Betroffenen aus Wirtschaft, Handel und Kirchen gesorgt. Jetzt ist die Erleichterung groß. Doch wie wird das Verhalten der Kanzlerin bewertet, die die alleinige Verantwortung übernahm und die Bürger um Verzeihung bat?

    Nach ihrer Erklärung stand Angela Merkel am Mittwochmittag den Abgeordneten im Bundestag Rede und Antwort. Mittendrin war auch CSU-Politiker Michael Kießling aus Landsberg, der als einer der Protokollführer neben Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) saß. Unsere Zeitung erreichte Kießling auf dem Weg zur Sitzung. „Es verdient Respekt, dass die Kanzlerin den Schritt rückgängig macht“, sagte er. In der CDU/CSU-Fraktion habe es viel Kritik an den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz gegeben, weil viele Fragen von der Lohnfortzahlung bis zur Lage in Geschäften und Betrieben in der Kürze der Zeit nicht zu beantworten gewesen waren.

    CSU-Politiker Michael Kießling aus Landsberg (rechts hinter dem Rednerpult) war am Mittwoch Protokollführer im Bundestag.
    CSU-Politiker Michael Kießling aus Landsberg (rechts hinter dem Rednerpult) war am Mittwoch Protokollführer im Bundestag. Foto: Screenshot ZDF

    Die Forderungen nach einem Rücktritt Angela Merkels hält SPD-Kreisvorsitzender Markus Wasserle aus Kaufering für unangebracht. Dass die Bundeskanzlerin ihre Idee von Ruhetagen nicht mehr weiterverfolge und einen Fehler eingestehe, zeige, dass die Demokratie funktioniert. Als Unternehmer – Wasserle hat ein Reinigungsunternehmen und betreibt eine Kletterhalle – sei er froh, dass Gründonnerstag und Karsamstag nicht als Ruhetage eingestuft werden. „Das wäre total chaotisch geworden.“ Denn die Abläufe in einer Firma könnten nicht so einfach umgestellt werden. Und um Kontakte zu reduzieren, brauche es keine Ruhetage.

    „Keine 48 Stunden nach einer Bund-Länder-Runde den Beschluss wieder zu kassieren, zeigt: Statt Team Vorsicht hat sich Team Unsicherheit und Chaos durchgesetzt“, schreibt der Fraktionssprecher der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann aus Landsberg. Er kritisiert auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Schnell- und Selbsttests für den Schul- und Kitabetrieb beschaffen, vorhandene Strukturen mit Hausarzt- und Facharztpraxen, Betriebsärzte zum schnellen Impfen nutzen, Homeoffice als verbindlicher Standard und wo nicht möglich Testpflicht am Arbeitsplatz: Das sei Mindestanforderung.

    Das Foto aus dem Jahr 2007 zeigt Delo-Geschäftsführerin Sabine Herold mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Das Foto aus dem Jahr 2007 zeigt Delo-Geschäftsführerin Sabine Herold mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: Familie Herold

    Völlig unvorbereitet traf die Entscheidung über die Ruhetage auch die großen Unternehmen im Landkreis. Sabine Herold, die Geschäftsführende Gesellschafterin von Delo Klebstoffe in Schöffelding und auch im Beraterkreis der Kanzlerin, kommentierte die Entscheidung am Dienstag auf Twitter: „Die Politik ordnet mal rasch einen #Ruhetag an & wir sollen innerhalb von Tagen komplette Prozesse umstellen, globale Liefervereinbarungen einhalten und nebenbei unser Geschäftsjahr abschließen. Würde es ebenso zügig mit der Impfung laufen, würde ich nichts sagen!“ Wie Unternehmenssprecher Matthias Stollberg unserer Zeitung sagte, müssten Lieferverpflichtungen eingehalten und die Inventur abgeschlossen werden. Das wäre mit einem Feiertag am Gründonnerstag nur schwer möglich gewesen.

    Erleichterung klingt aus den Worten von Susanne Sanktjohanser von Sandau Forellen in Landsberg. Am Gründonnerstag und am Karfreitag komme in vielen Familie frischer Fisch auf den Tisch, für die Fischzucht ist die Karwoche die wichtigste Woche im Jahr. Dem Verkauf am Bauernmarkt in Landsberg und im Laden in Sandau stehe nun doch nichts mehr im Weg. „Die Kunden haben aber gut reagiert. Viele haben angefragt, ob sie für Mittwoch vorbestellen dürfen.“ Dennoch ist sie froh, dass sie normal verkaufen darf. Vor der Entscheidung der Kanzlerin, die Beschlüsse einzukassieren, könne sie nur den Hut ziehen. Tobias Schürer vom Autohaus Schürer in Dießen war sich schon bei der Ankündigung der „Ruhetags-Regelung“ sicher, dass das nicht zu halten sei. Entsprechend habe er auch keine Gründonnerstag-Termine seiner Kunden verlegt. „Dass das nicht durchgesetzt werden kann, war mir schnell klar“, sagt Tobias Schürer.

    Die Bayerische Seenschifffahrt will am Karfreitag auf dem Ammersee in See stechen.
    Die Bayerische Seenschifffahrt will am Karfreitag auf dem Ammersee in See stechen. Foto: Julian Leitenstorfer (Archivfoto)

    Der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt, Michael Grießer, kann noch nicht sagen, wann mit der Schifffahrt auf den bayerischen Seen begonnen werden kann. Anvisiert wird der 2. April (Karfreitag). „Wir sind vorbereitet“, erklärt Grießer und erwähnt die entsprechenden Schutzmaßnahmen mit FFP2-Maske und Abstand. Auch der Fahrplan steht bereits fest. Anders als 2020, wo anfangs nur Rundfahrten angeboten worden sind, soll gleich mit dem normalen Linienverkehr gestartet werden.

    Nur kurzfristig hat die Ruhetags-Regelung im Kauferinger Ärztehaus für Unruhe gesorgt. „Als es aufkam, haben wir gleich gesagt, wir warten erst mal ab“, sagt Dr. Tim Voegele. Notfalls hätte man den Donnerstag als Feiertagsdienst deklariert, da eine Schließung von medizinischen Einrichtungen über fünf Tage nicht zielführend sei. Auf eine Notfallsprechstunde wäre auch Dr. Helga Holzfurtner aus Reichling ausgewichen, doch das ist nun hinfällig. Die „günstigen“ Sprechzeiten bewahrten die Landsberger Hausärztin Carolin Moser vor einem Terminchaos: Ehe sie hätte absagen können, war die Regelung schon wieder vom Tisch.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Lockdown-Regeln: Das Vertrauen im Landkreis Landsberg schwindet

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