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Landkreis: Kreis Landsberg: Unsaubere Praktiken auf dem Bau im Visier

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Kreis Landsberg: Unsaubere Praktiken auf dem Bau im Visier

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    Auch im Landkreis Landsberg wurden in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres Arbeitgeber der Baubranche von Mitarbeitern des Hauptzollamts Rosenheim kontrolliert.
    Auch im Landkreis Landsberg wurden in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres Arbeitgeber der Baubranche von Mitarbeitern des Hauptzollamts Rosenheim kontrolliert. Foto: Alexander Kaya (Symbol)

    Das Hauptzollamt Rosenheim, das auch für den Landkreis Landsberg zuständig ist, hat im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres 482 Arbeitgeber der Baubranche in der Region kontrolliert. Im Fokus der Fahnder dabei: illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Verstöße gegen geltende Mindestlöhne. Allein Baufirmen bekamen 151 Mal Besuch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG Bau beruft sich in ihrer Pressemeldung auf eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Grüne).

    Tricksereien auf dem Bau auch im Kreis Landsberg

    Demnach hatten es die Rosenheimer Zöllner häufig mit Tricksereien beim Lohn zu tun: In der ersten Jahreshälfte leiteten die Beamten in der gesamten Region 147 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein – etwa, weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden. Hierbei wurden Bußgelder in Höhe von rund 56.000 Euro verhängt – davon 4100 Euro gegen Bauunternehmen, heißt es in einer Pressemitteilung. „Die Zahlen zeigen, dass es viele Firmen mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Sowohl bei den speziellen Branchenmindestlöhnen wie auf dem Bau als auch beim gesetzlichen Mindestlohn“, kritisiert Harald Wulf, Bezirksvorsitzender der IG Bau Oberbayern. Der Gewerkschafter begrüßt die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin, das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro pro Stunde anzuheben. Allein im Landkreis Landsberg dürften damit die Einkommen Tausender Menschen spürbar steigen, heißt es vonseiten der Gewerkschaft.

    Allerdings müsse der Staat sicherstellen, dass sich die Firmen auch an die Vorschriften hielten – und für einen „höheren Kontrolldruck“ sorgen, heißt es in der Pressemeldung. Das gelinge jedoch nur, wenn die FKS beim Hauptzollamt Rosenheim personell erheblich aufgestockt werde. „Klettert der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro und bleibt es gleichzeitig bei der bisherigen Kontrollquote, ist die Gefahr für Arbeitgeber, bei Mindestlohnverstößen ertappt zu werden, verschwindend gering. Da muss man dann schon von reinen ,Placebo-Kontrollen’ sprechen“, so Wulf. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts würden in Deutschland 7,2 Millionen Beschäftigte von einer Mindestlohn-Erhöhung auf zwölf Euro profitieren. „Das sind 7,2 Millionen Lohntüten, auf die der Staat zusätzlich einen Blick werfen muss“, sagt Harald Wulf.

    Baustelle am Papierbach zählt nicht zu den Beschuldigten

    Die IG Bau kritisiert zudem ein „staatliches Zuständigkeitswirrwarr“ bei den Kontrollen. Das führe häufig dazu, dass Missstände ungeahndet blieben. So seien etwa die Arbeitsschutzbehörden, die über die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter wachen, personell unterbesetzt. Außerdem hätten sie im Zuge der Pandemie weitere Aufgaben – wie die Kontrolle der Homeoffice-Verordnung – bekommen. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. Bei Verstößen verhänge sie zwar Sanktionen gegen die Firmen. Bauarbeiter müssten sich dann aber um den Lohn, um den sie geprellt wurden, selbst kümmern.

    Ende März vergangenen Jahres war ein Großaufgebot an Behördenmitarbeitern und Ermittlern auf der Baustelle des neuen Landsberger Stadtviertels Urbanes Leben am Papierbach im Einsatz. Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft, Hauptzollamt Augsburg und Steuerfahndung führten dort eine Durchsuchung durch und befragten mehrere Arbeiter. Die Staatsanwaltschaft hatte unserer Redaktion damals mitgeteilt, dass der Einsatz Teil eines Ermittlungsverfahrens gegen insgesamt 15 Beschuldigte war, denen unter anderem gewerbsmäßiger Betrug, Sozialleistungsbetrug, Schwarzarbeit und Verstoß gegen das Mindestlohngesetz vorgeworfen wurde. Auf dem ULP-Gelände waren in erster Linie dort beschäftigte Arbeiter als Zeugen befragt worden.

    Die Firma ehret+klein, Bauherrin an der Baustelle am Papierbach, zählte allerdings nicht zu den Beschuldigten, so die Staatsanwaltschaft. Das Ganze war gegen die Verantwortlichen anderer Firmen gerichtet. (lt)

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