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Kaufering: Unternehmer aus Kaufering kritisieren die Stigmatisierung rund um Cannabis

Kaufering

Unternehmer aus Kaufering kritisieren die Stigmatisierung rund um Cannabis

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    Tobias Falk (links) und Sascha Heuft wollen aufgrund der unklaren Rechtslage so schnell keinen Handel mit CBD-Produkten betreiben.
    Tobias Falk (links) und Sascha Heuft wollen aufgrund der unklaren Rechtslage so schnell keinen Handel mit CBD-Produkten betreiben. Foto: Thorsten Jordan

    Tobias Falk fällt im beschaulichen Kaufering auf, sein Gesicht und seine Handknöchel sind tätowiert, dazu er trägt ausnahmsweise einen blauen Anzug - "ich habe später noch einen Termin bei der Bank", erklärt der Tätowierer und Inhaber von Royal Ink am Fuggerplatz. Falk hat das 450 Quadratmeter große Tattoostudio 2019 eröffnet und wurde direkt von den Einschränkungen der Corona-Pandemie wie die gesamte Tattoo-Branche schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Jungunternehmer wollte sich gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Sascha Heuft mit einem Laden für legale Cannabisprodukte ein zweites Standbein aufbauen, um aus der Krise zu finden. 

    "Die bayerische Drogenpolitik ist scheinheilig"

    Beide Männer beziehen aus gesundheitlichen Gründen medizinisches Cannabis auf Rezept, schildern sie. Und kennen aus eigener Erfahrung, die Vorurteile und Vorverurteilungen, die mit dem Konsum einhergehen. Seit der Gesetzesänderung im März 2017 dürfen ausschließlich Apotheken medizinisches Lauterbachs Idee der Social Clubs halten Falk und Heuft jedoch ebenfalls für wenig zielführend. Im Ausland, zum Beispiel in Spanien, organisieren sich bereits Menschen in solchen Vereinen, um für den Eigenbedarf Cannabis anzubauen. Die Reform soll jedoch keine gewinnorientierten Geschäfte ermöglichen. Falk, ganz Unternehmer, sieht darin eine vergeudete Chance auf hohe Steuereinnahmen. Raus aus dem "Räucherstäbchen"-Image, hin zum lukrativen Lifestyle-Produkt. Als Vorbild sieht er die USA, Marktteilnehmende seien dort milliardenschwer. 

    Gemeinsam wollten sie aus ihrem Interesse und ihrer Erfahrung mit dem Wirkstoff ein Geschäftsmodell machen. Im März 2022 wurde der Hanfshop im Eingangsbereich von Falks Tattoostudio eröffnet. Die Regale, die mittlerweile leer stehen, waren voll mit CBD-Produkten, erinnern sie sich im Gespräch mit unserer Redaktion: Öle, Blüten, Rauchzubehör, Cremes, Kapseln und sogar Hunde- und Pferdefutter hatten sie im Angebot. Lukrativ sei das Geschäft gewesen - "nach dem ersten Jahr war das Geschäft bereits kostendeckend" - aber auch sinnerfüllend, schildern die Geschäftspartner. "Unser Fokus lag auf der Beratung. Unsere Kunden waren im Durchschnitt 40 bis 50 Jahre alt und hatten gesundheitliche Probleme, wie Schlafstörungen, Panikattacken oder Depressionen." 

    Doch nachdem sich das Gewerbe etabliert hatte, ging nach etwa einem Jahr eine anonyme Anzeige bei der Polizei, der Lebensmittelhygiene und dem Ordnungsamt ein, schildert Falk. Kurz darauf erfolgte eine Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen. "Gefunden wurde nichts, außer medizinisches Cannabis mit dazugehörigen Rezepten, verschlossen in einem Safe und CBD-Produkten wie Blüten, Pollinate und diverse Lebensmittel", betont Falk. Im Durchsuchungsbeschluss habe gestanden, dass die Beschuldigten einen regen Onlinehandel betrieben hätten. "Verkauft wurde über den Webshop genau eine Bestellung und diese wurde storniert", sagt der Tätowierer. Nach langem Hin und Her und Beschlagnahmung diverser Artikel willigte Falk ein, die Produkte vernichten zu lassen, um seine Position als Geschäftsführer und die Existenz des Tattoostudios sowie die Arbeitsplätze nicht zu gefährden, erzählt er. "Kurze Zeit später erhielten wir einen Brief von der Staatsanwaltschaft, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde." 

    CBD, THC, HHC: Die Cannabispflanze und ihre Wirkstoffe

    CBD: Die Abkürzung steht für Cannabidiol. Es handelt sich um eine natürlich vorkommende chemische Verbindung aus der harzigen Blüte der Cannabispflanze (Hanf). CBD hat keine berauschende Wirkung und wird unter anderem bei Schmerzen und Schlafproblemen verwendet. Die Rechtslage für CBD-Produkte ist komplex. Dennoch sind etwa CBD-Öle zum Einnehmen deutschlandweit in vielen CBD-Shops oder online problemlos erhältlich.

    THC: Tetrahydrocannabinol ist der psychoaktive Hauptbestandteil der Cannabispflanze. Aktuell ist jeglicher Besitz von Cannabis und Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) illegal und somit strafbar. Das soll sich mit dem geplanten Cannabisgesetz ändern. 

    HHC: Hexahydrocannabinol ist dem berauschenden Wirkstoff THC, das in Hanfpflanzen natürlicherweise vorkommt, ähnlich. HHC ist recht neu auf dem Markt, wird in Laboren erzeugt und ist im Ausland zum Teil verboten. In Deutschland sind HHC-Produkte hingegen (noch) legal und ab 18 Jahren frei verkäuflich, etwa an Tankstellen in Form von E-Zigaretten.

    Die rechtliche Situation sei bei HHC-Produkten noch undurchsichtiger

    Nach der Razzia in seinen Geschäfts- und Privaträumen, will Falk vorerst keine legalen Cannabisprodukte mehr verkaufen, "da die Rechtslage anscheinend zu nebulös ist". Dennoch möchten Falk und Heuft darauf aufmerksam machen, dass die Stigmatisierung von Cannabis und vor allem Cannabispatienten ein Ende haben müsse. Außerdem kritisiert der Inhaber, dass bei der

    Der Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft, Michael Nißl, erklärt auf Anfrage unserer Redaktion, dass im Falle der CBD-Produkte "die Strafbarkeit davon abhängt, ob Produkte vertrieben werden, die dem Rauschzweck dienen oder dienen können. Diesen Anfangsverdacht hatte man und dann einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss bewirkt und tatsächlich durchsucht, um die Fragen zu klären", so Nißl. Die rechtliche Situation sei bei HHC-Produkten noch undurchsichtiger, schildert der Oberstaatsanwalt. Deswegen sei man nur den CBD-Produkten nachgegangen.

    Auch im Hauptgeschäft, im Tattoostudio, läuft es aktuell alles andere als rosig: "Wir stecken in einer vorläufigen Insolvenz", berichtet Heuft. Aufgrund der geschäftlichen Lage hätten vier Angestellte bereits gekündigt. Wie es mit der Firma weitergehe, werde sich in den kommenden Wochen zeigen. Doch eins ist klar: Das Jahr 2023 war für die Royal Ink GmbH kein gutes Jahr. 

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