Ingrid Hannemann dachte im November, ihre Arbeit in Kaufering sei getan, als sie die überarbeitete Variante der Entwässerungssatzung im Marktgemeinderat vorstellte. Sie arbeitet für das Unternehmen Kubus Kommunalberatung und Service GmbH. Doch die Rechtsaufsicht des Landkreises Landsberg machte klar, dass sie diese Satzung nicht mitträgt, berichtete die Expertin nun im Ratsgremium. Die Rechtsaufsicht erklärte zudem den Gebührenteil der bestehenden Satzung im Dezember für nichtig, nachdem sich Bürgerinnen und Bürger an die Behörde gewandt hatten. Das machte eine neue Kalkulation nötig, über die nun im Gemeinderat diskutiert wurde. Dabei zeigte sich, dass bei der Berechnung ein weiterer Fehler passiert war.
Vor gut drei Jahren wurden die Abwassergebühren in Kaufering drastisch erhöht. Einige Bewohnerinnen und Bewohner hatten Zweifel daran, dass die Berechnungsgrundlage zulässig ist. Aus ihrer Sicht zahlen manche zu viel und andere zu wenig. Die Rechtsaufsicht des Landkreises Landsberg hat ihnen recht gegeben. Die Rechtsaufsicht des Kreises verwies in ihrer Begründung auf den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Dieser entschied 2003, dass die alleinige Anwendung des sogenannten Frischwassermaßstabs nichtig sei, wenn die Kosten für die Beseitigung von Niederschlagswasser nicht als geringfügig angesehen werden können. Dies ist demnach der Fall, wenn der Anteil an den Gesamtkosten zwölf Prozent übersteigt. Wie Hannemann in der jetzigen Gemeinderatssitzung informierte, liegt der Anteil in Kaufering bei 22 Prozent. Deswegen muss ein gesplittetes System für Schmutz- und Niederschlagswasser angewandt werden.
Neue Satzung für Schmutz- und Niederschlagswasser tritt 2026 in Kraft
Wer die Möglichkeit und Erlaubnis hat, Niederschlagswasser auf dem eigenen Grundstück versickern zu lassen, statt es einzuleiten, zahlt weniger. Das Problem in Kaufering ist, dass dem Markt teils Daten fehlen, um alle Anschlüsse korrekt abzurechnen. Manuela Nitsche, Leiterin der Kommunalwerke Kaufering, sagte in der Sitzung, dass deswegen für die Jahre 2023 bis 2025 eine Übergangssatzung erlassen werden müsse. "Ab 2026 kommt dann das gesplittete System. Bis dahin behelfen wir uns mit einer abgestuften Gebühr."
Für den Zeitraum von Anfang 2020 bis Ende 2022 wurde die Gebühr für Abwasser rückwirkend auf 2,37 Euro je Kubikmeter festgesetzt und für jene, die Niederschlagswasser nicht ins Netz einleiten dürfen auf 2,13 Euro. Für die Jahre 2023 bis 2025 wurde festgelegt, dass 1,87 beziehungsweise 1,68 Euro je Kubikmeter fällig werden. Laut Hannemann hat die Rechtsaufsicht des Landkreises das Vorgehen genehmigt. Die Expertin berichtete, dass bei der vergangenen Kalkulation der Gebühren zudem staatliche Zuwendungen nicht berücksichtigt worden seien, was insgesamt zu einer Überdeckung von 1,2 Millionen Euro geführt habe und weswegen die Gebühr nun deutlich niedriger ausfalle.
Kauferinger Räte kritisieren vorgelegte Lösung
Markus Wasserle (SPD) forderte, dass Haushalte, die zwar einleiten dürften, aber das Wasser auf ihrem Grund versickern lassen, ebenfalls von der niedrigeren Gebühr profitieren. Es gebe darauf erst einen Rechtsanspruch, wenn die Kommune das gesplittete System im Jahr 2026 einführe, so Hannemann. "Es ist nicht akzeptabel, dass dieser Zustand drei Jahre so sein soll. Wer einen Nachweis mit Entwässerungsplanung bei der Kommune vorlegt, sollte entlastet werden", äußerte Wasserle. Hannemann verwies darauf, dass die Abstufung während der Übergangszeit eine freiwillige Leistung der Kommune sei. Seitens der Verwaltung gab es Signale, Wasserles Hinweis umsetzen zu wollen. Jürgen Strickstrock (Grüne) sagte, die Zwischenlösung sei "nicht fairer als die vorherige." Er beklagte, dass hier keine Motivation geschaffen werde, nicht sämtliches Wasser ins Kanalnetz einzuleiten. Ingrid Hannemann zeigte Verständnis für die Kritik, sagte aber, dass es aktuell nicht anders gehe, wolle man rechtliche Klarheit schaffen.
Meinrad Mayrock (CSU) hakte nach, mit welchen Kosten der Markt für die Erstellung eines Einleitungskatasters rechnen müsse, in dem alle Anschlüsse erfasst sind. Es liege dazu ein Angebot über 100.000 Euro vor, hieß es. Da aber teilweise die Informationen schon vorlägen, werde es vermutlich auf 70.000 Euro hinauslaufen. Außer Mayrock und Strickstrock stimmten alle anwesenden Ratsmitglieder der Übergangssatzung zu. Für den Vorschlag, den kalkulatorischen Zinssatz auf vier Prozent festzusetzen für die Jahre 2023 bis 2025, stimmten alle 21 Räte.