Im Englischen spricht man bei Firmen, die erfolgreich, aber dennoch vergleichsweise unbekannt, sind von "Hidden Champions." Auf den Kauferinger Medizingerätehersteller GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple GmbH, der unter dem Produktnamen Corpuls bekannter ist, trifft das in doppelter Hinsicht zu. Das Unternehmen mit rund 450 Beschäftigten ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen und die Firmenzentrale liegt unscheinbar in einem Wohngebiet. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklären die drei Mitglieder der Unternehmensführung, warum die Firma Kaufering schweren Herzens den Rücken kehren wird. Sie erläutern zudem, weshalb sie einem skandinavischen Finanzinvestor die Mehrheit am Familienunternehmen verkauft haben.
Ein ausschlaggebender Punkt für den Umzug war, dass es in Kaufering nicht gelang, für die Expansionspläne ausreichend Stellplätze nachzuweisen. Klaus Stemple sagt: "Wir hätten während der Bauzeit ein Problem gehabt, weil wir Arbeitsplätze in angemietete Container hätten verlagern müssen und die nur auf dem Parkplatz hätten positionieren können." Und auch danach wäre der Nachweis nur gelungen, wenn das Unternehmen auf einer Wiese gegenüber vom Firmengelände hätte Parkplätze ausweisen dürfen. Vor einigen Jahren wäre das noch möglich gewesen, erklärt Christian Klimmer, doch infolge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" hätten sich die Regeln verschärft. "Die Wiesen werden in verschiedene Kategorien eingeteilt. Die bei uns ist so eingestuft, dass unser Vorhaben mit dem Naturschutz kollidiert", so Klimmer.
Stemple verweist aber auch darauf, dass der Verbleib in Kaufering nur mit höheren Baukosten umsetzbar gewesen wäre und Kompromisse nötig gewesen wären. In Igling könne entsprechend der Bedürfnisse gebaut werden. Bereits jetzt seien einige Mitarbeiter des Unternehmens in angemietete Räumlichkeiten in Kaufering und Augsburg ausgelagert, erklärt Stemple und "ohne Homeoffice würde der Spagat jetzt auch nicht gelingen." Er habe eigentlich immer gedacht, dass ausreichend Platz sei in Kaufering, das sei aber ein Irrtum gewesen. "Wir sind deutlich schneller gewachsen, als wir dies vermutet hatten." Die Geschäftsführung lobt die Bemühungen des Marktes Kaufering, eine Lösung für den Verbleib zu finden, auch wenn es letztlich anders gekommen sei.
In drei Bauabschnitten soll im neuen Iglinger Gewerbegebiet nahe der B17 auf fast 27.000 Quadratmetern die Firmenzentrale entstehen. Die Größe ermöglicht weiteres Wachstum zu einem späteren Zeitpunkt. Anvisierter Baubeginn ist 2024. Zunächst sollen Logistik, Lager und Kundendienst nach Igling umziehen. Im zweiten Schritt folgt die Verwaltung und dann die Entwicklungsabteilung. Letztere hat aktuell 120 Mitarbeiter. Laut Iris Klimmer hatte ihr Unternehmen Mitspracherecht bei den Themen Wärmeversorgung und Verkehrsanbindung in Igling. "Es war eine sehr partnerschaftliche Abwicklung." Vom Bahnhof Kaufering seien es aktuell 2,2 und künftig 2,8 Kilometer, verweist Klaus Stemple. Zudem gebe es einen durchgehenden Radweg. Eine zweistellige Millionensumme werde das Projekt kosten, sagt Christian Klimmer. Das 20 Meter hohe Verwaltungsgebäude wird von der
Die Firma Corpuls aus Kaufering hat ein Wachstum von 25 Prozent
Der Umzug in die Nachbargemeinde ist nicht die einzige Veränderung. Beim Familienunternehmen ist der skandinavische Finanzinvestor Nordic Capital eingestiegen, gaben beide Firmen vor Kurzem bekannt. "Wir können es uns nicht leisten, stehenzubleiben. Unser Wachstum lag in den vergangenen Jahren konstant bei 25 Prozent. Mit einer Bank hätten wir aufwendig besprechen müssen, was wir wollen.
Iris Klimmer betont, dass es nicht in erster Linie ums Geld gehe, der Finanzinvestor sei "ein wichtiger strategischer Partner und von unseren Produkten überzeugt". Ihr Mann verweist darauf, dass hinter Nordic Capital ein Netzwerk mit 30 Jahren Erfahrung stehe, das helfen könne, bei Themen wie Einkauf, Qualitätsmanagement und gesetzlichen Auflagen. Klaus Stemple spricht in dem Zusammenhang von "Regulierungsdruck", der für Mittelständler von der Größe von Corpuls eine große Herausforderung sei.
Andere Firmen machen gute Erfahrungen mit Finanzinvestor Nordic Capital
Laut Christian Klimmer wird es eine Art Aufsichtsrat geben und die Familienmitglieder bleiben in der Geschäftsführung. Über die prozentualen Eigentumsverhältnisse hätten beide Seiten Stillschweigen vereinbart. Noch sind regulatorische Fragen wie die Zustimmung des Kartellamts notwendig. Der Abschluss werde Ende des zweiten oder Anfang des dritten Quartals 2023 erwartet, informierten beide Seiten kürzlich. Bedenken, die Mehrheit am Familienbetrieb abzugeben, hätten sie nach den Gesprächen nicht gehabt, sagt Klimmer. "Wir haben uns natürlich auch bei Firmen umgehört, in denen Nordic Capital bereits investiert hat, alle sind damit gut gefahren, deswegen sind wir zuversichtlich, dass uns auch der Schirm hingehalten wird, sollte es mal regnen." Klaus Stemple ergänzt zu dem Thema: "Auch zwischen uns dreien könnte es bei Problemen knirschen. Die beste Versicherung sind nicht Verträge, sondern Erfolg."