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Kaltenberg: Gauklernacht: Streifzug übers Gelände des Kaltenberger Ritterturniers

Kaltenberg

Gauklernacht: Streifzug übers Gelände des Kaltenberger Ritterturniers

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    Gauklernacht: Streifzug übers Gelände des Kaltenberger Ritterturniers
    Gauklernacht: Streifzug übers Gelände des Kaltenberger Ritterturniers

    Familie Hammer aus dem Breisgau sitzt am Freitagabend auf dem Gelände des Kaltenberger Ritterturniers am Lagerfeuer auf einem Baumstamm und backt Stockbrot. Die Sonne ist schon hinter den Baumwipfeln verschwunden und es dämmert allmählich. Gegenüber am Getränkestand stehen gut 30 durstige Besucherinnen und Besucher des größten Mittelalterfests der Welt an und warten darauf, dass es schneller vorangeht. "Wir sind mit dem Camper da und übernachten auch darin", erzählt Sohn Fabian stolz. Der Siebenjährige ist zum ersten Mal in Kaltenberg - und er ist sichtlich beeindruckt vom Event. "Ich bin Ritter-Fan und habe eine große Lego-Burg zu Hause", erzählt Fabian.

    Ausverkaufte Gauklernacht mit 13.000 Besuchern

    Ungefähr 13.000 Besucherinnen und Besucher sind zur Gauklernacht, der traditionellen Eröffnung des Kaltenberger Ritterturniers, gekommen - sie ist ausverkauft. Bei milden, sommerlichen Temperaturen ist die Stimmung ausgelassen. Immer wieder bilden sich Menschentrauben, hauptsächlich vor den Showbühnen. Auf den Bühnen gibt es dramatische Ritterkämpfe und humorvolle Einlagen, im Publikum wird gestaunt, gejubelt und gelacht. Auf den "Hauptverkehrsadern" geht es nur sehr langsam voran. Dicht an dicht gedrängt, suchen sich die Gäste ihren Weg. 

    Auch Glaskugel-Artist Ruven Nagel ist wieder dabei.
    Auch Glaskugel-Artist Ruven Nagel ist wieder dabei. Foto: Oliver Wolff

    Deutlich weniger los ist auf den Nebengassen, dort flanieren Waltraud und Alexander Rinck aus Landsberg. Beide sind standesgemäß gekleidet, wobei ihr Outfit im Mittelalter eher das Gesinde getragen haben mag. Die Zeit des Mittelalters begeistert das Ehepaar, sie besuchen oft Festivals oder schauen Filme wie etwa die Serie Wikings. Für Alexander ist das Kaltenberger Ritterturnier immer ein wichtiger Tag im Terminkalender. Neun Jahre lang war er sogar selbst als Koch in der Ritterschwemme tätig, jetzt genießt er das Fest lieber als Besucher. "Kaltenberg ist schon etwas Besonderes. Es gibt unendlich viel zu erleben." 

    Kaltenberger Ritterturnier ist professioneller geworden

    Im Vergleich zu früher habe sich viel getan, sagt Alexander Rinck. "Das Kaltenberger Ritterturnier ist viel professioneller geworden, es gibt geteerte oder mit Rindenmulch ausgelegte Wege. Man steht bei Regen nicht mehr knöcheltief im Matsch und auch die Arena hat ein Dach bekommen." Ehefrau Waltraud fügt hinzu: "Die Ticketpreise sind schon hoch und es geht viel über Konsum, aber dafür ist auch viel geboten." Die beiden ziehen weiter Richtung Rabenbühne hinter der Arena-Tribüne.

    Corvus Corax rockt die Rabenbühne.
    Corvus Corax rockt die Rabenbühne. Foto: Oliver Wolff

    Dort nämlich spielt die ostdeutsche Band Corvus Corax. Sie ist in der Mittelalterszene auch über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Die siebenköpfige Gruppe rockt die Bühne mit Dudelsack und Trommeln. Hunderte Besucherinnen und Besucher klatschen im Rhythmus dazu. Ein paar von ihnen tanzen zur Musik, als wären sie auf einem Heavy-Metal-Konzert. Nach jedem Stück bricht lauter Jubel aus, als wäre in einem Fußballstadion ein Tor gefallen. 

    Steinmetz Rufus begeistert der Zusammenhalt in Kaltenberg

    Gut 200 Meter weiter ist von all dem Trubel nichts mehr viel zu spüren. Dort hat Künstler Rufus sein Zelt aufgeschlagen und bearbeitet einen quaderförmigen Sandstein mit Hammer und Meißel. Durch gezielte Schläge platzen Steinbrocken ab und man erkennt allmählich Konturen. In acht bis zehn Stunden wird der 65-jährige Künstler aus dem Raum Ansbach eine Büste mit einem Kinderkopf gefertigt haben. "Ich muss den Stein nicht nur fühlen, sondern ihm aufmerksam zuhören", erklärt Rufus. Denn jeder Ton, den der Stein durch das Einschlagen von sich gibt, gebe Rückschluss darauf, in welchem Winkel er als Nächstes den Meißel ansetzen soll. 

    Steinmetz Rufus bei der Tat.
    Steinmetz Rufus bei der Tat. Foto: Oliver Wolff

    Steinmetz-Künstler Rufus ist schon seit fast zehn Jahren in Kaltenberg dabei. "Mir gefällt besonders der Zusammenhalt unter den Ausstellern und Spielleuten. Man kennt sich, wir sind ein großes Team." Und die Besucherinnen und Besucher hätten immer großen Spaß, sagt Rufus. 

    Auch die "Historische Bürgergilde" aus Augsburg ist da

    Monika und Manfred sitzen vor einem Zelt, etwas abseits des Geschehens. Sie sind vom Verein "Historischen Bürgergilde" aus Augsburg und jedes Jahr in Kaltenberg und beobachten, wie der "Pöbel" vorbeiläuft. Sie und gut 50 weitere Vereinsmitglieder sind nach Kaltenberg gekommen, um die adligen Patrizier, das einfache Landvolk, aber auch den Pöbel dar. Monika und Manfred selbst "gehören" zum englischen Adel zu Zeiten King Charles dem I. und II... "Wir haben weltweit unsere Beziehungen und machen viel Geld. Wie etwa die Fugger, die in Österreich Silber abbauen", erzählt Sir Manfred. 

    Monika und Manfred sowie Hund Ginger von der "Historischen Bürgergilde".
    Monika und Manfred sowie Hund Ginger von der "Historischen Bürgergilde". Foto: Oliver Wolff

    Die "Historische Bürgergilde" hält sich so gut es geht ans historische Vorbild. Pommes mit Tomatenketchup, so wie es an manchen Ständen auf dem Festgelände angeboten wird, kommen den Mittelalter-Fans auf keinen Fall auf die Tafel. Passend zur damaligen Zeit haben Monika und Manfred ihren Hund Ginger, ein Cavalier King Charles Spaniel, mitgenommen. Er sitzt seelenruhig mit gesenktem Kopf auf einem Samtkissen und lässt sich von dem Trubel nicht beirren.

    Feuerwerk fällt wegen Trockenheit aus

    Gegen 20 Uhr beginnt der große Umzug. Die Spielleute, Gaukler, Musikerinnen und Musiker sowie Kunstschaffenden ziehen im Rundgang über das Gelände und fordern die Besucherinnen und Besucher zum lang gezogenen "Jubeeeel" auf. Großes Staunen gibt es, als ein Feuerspucker und eine Feuerreifen-Jongleurin vorbeiziehen. Nach einer halben Stunde ist der Umzug vorbei und die Gauklernacht geht wie gehabt weiter. Nur diejenigen, die sich auf das Feuerwerk freuen, werden später vielleicht enttäuscht sein. Wegen der großen Trockenheit sei ein Abbrennen des Feuerwerks zu gefährlich, ist zu hören. Der großen Mittelalterparty schadet die Absage aber nicht. Bis spät in die Nacht wird gesungen, getrunken und gegaukelt. 

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