Wenn die Tage kürzer und die Nächte kühler werden, verwandeln sich die Gärten und Obstwiesen in der Region in wahre Schatzkammern der Natur. Nach zwei eher schlechten Erntejahren hängen in diesem Jahr reichlich Früchte an den Apfel- und Birnbäumen im Landkreis Landsberg. Wer aber nicht nur einen, sondern mehrere Bäume besitzt, der weiß nach Kuchen und Kompott oft nicht mehr, wohin mit den ganzen Früchten. Die Mostereien des Obst- und Gartenbauvereine im Landkreis bieten dafür eine Anlaufstelle, so etwa die in Issing. Hier können Vereinsmitglieder, aber auch Anwohner aus den umliegenden Gemeinden, Obst zu eigenem Saft pressen lassen.
Zwetschgen werden in Issing nicht gepresst, die Sauerei sei zu groß
Seit 1990 wird zwischen der letzten August- und der letzten Oktoberwoche in Issing gemostet, wie die ehemalige Vereinsvorsitzende Erika Kaindl erzählt. Zuerst noch in der alten Molkerei untergebracht, konnte der Obst- und Gartenbauverein nach dem Umzug der Freiwilligen Feuerwehr im Jahr 1996 das kleine weiße Häuschen im Lindenweg als eigene Mosterei ausbauen. Einmal pro Woche finden sich hier die ehrenamtlichen Mosterinnen ein, um Saft zu pressen. „Wir haben extra ein Most-Handy eingerichtet“, erzählt Kaindl „So kann man einen Zeit-Slot buchen. Für zwei bis drei Zentner benötige man etwa 15 Minuten, bei größeren Mengen sollte man etwa 30 Minuten einplanen. Kaindl ist es wichtig, dass nur die Früchte gepresst werden, die die Obstbesitzer selbst mitbringen: „Bei uns bekommt jede Kundschaft 100 Prozent seinen eigenen Saft!“ Aber nicht alle Früchte werden angenommen. Äpfel, Birnen und Quitten eignen sich gut. Einmal wurden japanische Nashi-Birnen gepresst, doch der Saft war „sehr nichtssagend“. Weintrauben werden nur zusammen mit Äpfeln gepresst, da die Trauben allein zu wenige Ballaststoffe haben und daher von den Passiertüchern nicht gehalten werden. Auf die Frage, warum nicht noch andere Früchte verarbeitet werden, zeigt Kaindl lächelnd auf lila Flecken an der Decke: „Wir haben Versuche gestartet mit Zwetschgen, aber da war ma‘ sehr gesprenkelt danach.“
Die alte Saftpresse nimmt den Großteil des Raums ein. Obwohl in vielen Mostereien moderne Bandpressen verwendet werden, setze man in Issing auf die traditionelle Packpresse, bei der mithilfe eines großen Stempels entsaftet wird. Zuerst werden die Früchte aber in einen Behälter gegeben. Von hieraus gelangt das Obst in einen Zylinder mit Schneckenaufzug. “Da werden die Äpfel mit Wasser berieselt, dass sie wirklich sauber sind“, erklärt Kaindl. Weiter geht es ins Mahlwerk: „Da ist eine Spindel. Die dreht sich und wirft die Äpfel gegen eine Reibe“. Die Obstschnitzel werden dann portioniert auf die Pressunterlage gegeben. Dafür wird ein Passiertuch ausgebreitet. Ein metallener Rahmen in der Größe eines Backblechs sorgt für die richtige Menge und Höhe. Ist der Rahmen voll, wird er entfernt, und die gehackten Früchte werden mit den Ecken des Passiertuchs eingefaltet. Darauf kommt ein Holzbrett, und es wird die nächste Lage vorbereitet. Die fertigen Pakete werden mit zwei Holzklötzen beschwert und unter die Presse gedreht.
Für Vereinsmitglieder und Gemeindemitglieder ist das Pressen günstiger
„Aus einem Zentner gehen so 30 Liter im Schnitt raus“, schätzt Kaindl. Der Ertrag hänge aber auch von den Obstarten ab. „Der Rheinische Bohnapfel, das ist ein reiner Saftapfel und der gibt unwahrscheinlich viel Saft ab“ führt die Mosterin aus. „Der Boskop oder der Rambur, das sind ganz alte Sorten. Aber die sind eher Lagersorten, die sind natürlich nicht ganz so saftig.“ Die goldgelbe Flüssigkeit wird noch einmal per Hand durch ein Passiertuch gefiltert und in Zwischenlagerfässer gefüllt. Anschließend wird der Most im hinteren Teil des kleinen Häuschens mit einer Mostpumpe in die Einkochautomaten zur Pasteurisierung befördert. „Da sind große Heizspiralen drin, die den Most auf 80 Grad erhitzen. Und wir lassen den dann auf 80 Grad für 10 Minuten ziehen. So hab ich‘s in der Mostschule in Freising-Weihenstephan gelernt“, sagt die 63-Jährige. Ohne diesen Prozess würde der Saft innerhalb von zwei Tagen gären. Durch die Pasteurisierung bleibt er jedoch zwei bis drei Jahre haltbar. Danach muss dieser nur noch in die 5-Liter-Beutel abgefüllt, in die grünen Papierkartons verpackt und den Kunden übergeben werden.
Wie viel das Saftpressen kostet, will die Mosterin nicht verraten: „Das ist dann immer so ein Konkurrenzdenken mit anderen Vereinen. Des mog i ned“. Für Vereinsmitglieder oder Gemeindemitglieder sei es jedoch günstiger. Außerdem würden die Einnahmen auch gut angelegt: „Mir haben in den letzten 14 Jahre, in denen mir die Anlage ham wieder des rein erwirtschaftet, dass der Verein wirklich so viel Geld hat, dass er, wenn die Anlage kaputtgeht, wieder eine neue Anlage bestellen kann.“
Kindergartenkinder können bei Besuchen lernen, wie das Mosten funktioniert
Neben Saft bleiben Fruchtreste als Nebenprodukt übrig. „Da hamma schon drauf geachtet, dass das kein reines Abfallprodukt ist“, meint Kaindl. Deshalb gebe man das gepresste Obst an Jäger, Damwild- oder Ziegenbesitzer als Futter weiter. Nachhaltigkeit ist der Mosterin aber nicht nur in der Produktion, sondern ebenfalls in der Gemeinschaft wichtig. „Wir pressen auch für den Kindergarten und die Mittagsbetreuung an der Schule. Da wird kostenlos gepresst. Da übernimmt der Gartenbauverein auch die Materialkosten.“ Und für Ausflüge der Kinder in die Mosterei nehme sich Kaindl immer besonders viel Zeit. Es sei ihr nicht nur wichtig, den Kindern die Prozesse zu zeigen, auch diese seien immer ganz begeistert von der Anlage und dem frischen Apfelsaft.
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