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Hirschvogel informiert über Dimension und Gründe des Stellenabbaus

Automobilindustrie

Hirschvogel informiert über Dimension und Gründe des Stellenabbaus

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    Der Automobilzulieferer Hirschvogel mit Stammsitz in Denklingen baut in größerem Umfang Stellen ab.
    Der Automobilzulieferer Hirschvogel mit Stammsitz in Denklingen baut in größerem Umfang Stellen ab. Foto: Christian Rudnik

    Der weltweit tätige Automobilzulieferer Hirschvogel Group mit Stammsitz in Denklingen stellt sich neu auf und baut dafür auch Stellen ab. Das Unternehmen mit insgesamt 6200 Beschäftigten äußert sich zu den Gründen und Plänen. An den Standorten Denklingen und Schongau sollen 200 beziehungsweise 120 Stellen abgebaut werden, berichtete der Bevollmächtigte der IG Metall in Weilheim, Karl Musiol, gegenüber unserer Redaktion am Wochenende. Die Gesamtzahl des vorgesehenen Jobabbaus, der vorwiegend in Bayern stattfinden soll, beziffert Hirschvogel aber noch einmal um einiges höher.

    Insgesamt geht es um 500 Jobs in Deutschland. In den Zentralfunktionen und im Verwaltungsbereich, diese betreffen alle deutschen Werke, sollen deutschlandweit rund 130 Stellen, im Denklinger Werk rund 220, im Schongauer Werk rund 120 und in den Werken Marksuhl rund 30 Stellen abgebaut werden, informiert Pressesprecherin Michaela Heinle. 3600 Beschäftigte hat das Unternehmen in Deutschland. „Die Entwicklung des globalen Automobilmarktes, die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die hier anhaltende Schwäche, vor allem des E-Mobilitätsmarktes, zwingen das Familienunternehmen zur Neuordnung – und im Zuge dessen zum Personalabbau“, informiert das Unternehmen auf Anfrage. Vorgesehen sei zudem die teilweise Verlagerung von Kapazitäten nach Polen, Indien und China.

    Karl Musiol, der Bevollmächtigte der IG Metall in Weilheim, sagte am Wochenende, dass in Denklingen und Schongau mehrere 100 Stellen abgebaut werden.
    Karl Musiol, der Bevollmächtigte der IG Metall in Weilheim, sagte am Wochenende, dass in Denklingen und Schongau mehrere 100 Stellen abgebaut werden. Foto: IG Metall

    Größter Stellenabbau der Geschichte bei Hirschvogel

    Ein Stellenabbau dieses Ausmaßes erfolgt erstmals in der Unternehmensgeschichte. „Wir werden versuchen, unserer Verantwortung als Familienunternehmen auch in dieser schwierigen Situation bestmöglich gerecht zu werden“, sagt Matthias Kratzsch, Vorsitzender der Geschäftsführung. Rund die Hälfte der Stellen will das Unternehmen einsparen, indem es sich von Zeitarbeitenden trennt und einen Großteil der befristeten Verträge auslaufen lässt. Für den Abbau der weiteren Stellen habe Hirschvogel den Betriebsräten einen Vorschlag für ein Freiwilligenprogramm unterbreitet. „Sollten sich nicht genügend Mitarbeitende für das Freiwilligenprogramm melden, müssen wir einen Sozialplan umsetzen, den wir mit den Betriebsräten verhandeln“, sagt Personalchefin Annette Teusen-Eichin.

    Die Hirschvogel Group stellt massivumgeformte und weiterbearbeitete Stahl- und Aluminiumkomponenten für die Automobilindustrie her. An den drei Standorten in Deutschland blieben aktuell aufgrund der schleppenden Nachfrage nach Elektroautos, aber mittlerweile auch nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor oder Hybridantrieb, die Bestellzahlen der Fahrzeughersteller unter Plan. Neben dem Stammwerk in Denklingen leide besonders das Komponentenwerk in Schongau. Hier hat die Unternehmensgruppe, die im Branchenvergleich früh Komponenten für die Elektromobilität in ihr Portfolio aufgenommen hat, in mehrere Fertigungslinien investiert, auf denen unter anderem Rotorwellen für Elektromotoren produziert werden. „Die Abrufe unserer Kunden bleiben bis zu 60 Prozent hinter den ursprünglich geplanten Stückzahlen zurück“, sagt Dr. Davis Fata, Werkleiter in Schongau. „Wir haben Maschinen, die im Dreischichtbetrieb laufen sollten, und nun wird maximal eine Schicht benötigt.“ Das Werk befindet sich bereits seit Juni in Kurzarbeit.

    Hirschvogel will vor allem in Indien wachsen

    Hinzu kommt der hohe Wettbewerbsdruck: Durch die Preisaggressivität im umkämpften Markt sinken die Gewinnspannen der Komponenten auf ein Niveau, das keine Luft mehr für weitere notwendige Investitionen lasse, heißt es vom Unternehmen. Auch durch die im internationalen Vergleich hohen Personal- und Energiekosten an den deutschen Standorten sinke die Wettbewerbsfähigkeit von Hirschvogel drastisch. „Damit wir global wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir in Deutschland von den Kosten runter und Fertigungsumfänge verlagern. International werden wir vor allem in Indien wachsen“, so CEO Matthias Kratzsch. „Wir müssen jetzt konsequent handeln, um die Zukunft der Hirschvogel Group an all ihren Standorten nachhaltig zu sichern“, sagt der Geschäftsführer für Finanzen, Walter Bauer. „Im Fokus steht dabei zwingend die Erhöhung der Profitabilität, um weiterhin als unabhängiges Familienunternehmen bestehen zu können.“

    Denklingens Bürgermeister Andreas Braunegger sagt, man sei als Gemeinde auch auf schlechte Phasen bei lokalen Unternehmen vorbereitet.
    Denklingens Bürgermeister Andreas Braunegger sagt, man sei als Gemeinde auch auf schlechte Phasen bei lokalen Unternehmen vorbereitet. Foto: Christian Rudnik (Archiv)

    Dass der Hauptsteuerzahler ausfällt, schmerzt auch die Gemeinde Denklingen. Bürgermeister Andreas Braunegger (CSU) sagt: „Wir haben in den vergangenen Jahren glücklicherweise viele Großprojekte wie den neuen Kindergarten, die Wasserversorgung, das Bürger- und Vereinszentrum und die Feuerwehr angepackt und aktuell keine größeren Investitionen geplant.“ Die Kommune fahre wegen der Herausforderungen in der Automobilbranche schon zwei Jahre finanziell auf Sicht und werde diese Vorsicht beibehalten. „Es gab in der Vergangenheit immer wieder Phasen, in denen es gut oder schlecht lief, wir sind darauf vorbereitet.“

    Suche nach einer Zwischenlösung für die Ganztagsbetreuung von Grundschülern

    Entscheidend werde sein, wer die künftige Bundesregierung stelle und welche Weichenstellungen diese vornehme beim Thema Energiekosten und Förderung der Automobilindustrie, so Braunegger. Bei einem Vorhaben suche die Gemeinde derzeit nach einer kostengünstigen Zwischenlösung, bis sich die finanzielle Situation wieder verbessere: der Ganztagsbetreuung. „Wir haben eine OGTS, die platzt aber aus allen Nähten und ab dem Jahr 2026 wird der Rechtsanspruch auf Betreuung für Grundschüler eingeführt.“ Es gehe darum, eine Lösung zu finden, „mit der alle leben können.“

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    2 Kommentare
    Franz Xanter

    Macht man in DEU und EU durch Gesetzgebung, Vorschriften, Abgaben, Einschränkungen etc. kaputt und folglich natürlich auch die damit in Zusammenhang stehenden Zuliefererbetriebe, dann darf man sich nicht wundern. Und dies wird sich noch weiter fortsetzen. Derzeitig ist keine rationale Einstellung zum Marktgeschehen durch die Politik bzw. sonstige Gruppen zu sehen.

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    Martin Goller

    Technologieoffenheit wirkt. Wenn die deutschen Autobauer in ihren wichtigsten Märkten an der Nachfrage vorbei produzieren dann leidet die Industrie.

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