Die Debatte um das alte Bauernhaus an der Mittelstetter Straße in Erpfting geht in die Verlängerung. Der Grundstücksbesitzer möchte das seit Jahrzehnten leer stehende Gebäude abreißen und an selber Stelle einen Neubau errichten. Anfang des Monats hatte der Bauausschuss dem Vorhaben zwar mit knapper Mehrheit (7:5 Stimmen) zugestimmt und sich damit über die Beurteilung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) hinweggesetzt. Doch inzwischen ist der Beschluss hinfällig, da fristgerecht eine Nachprüfung beantragt wurde. In der nächsten Sitzung des gesamten Stadtrats wird daher neu entschieden. Petra Ruffing (CSU), die den Antrag mit vier weiteren Mitgliedern des Stadtrats gestellt hat, spricht gegenüber unserer Redaktion über die Beweggründe. Erpftings Ortssprecher Markus Salzinger (UBV) will dagegen weiter für einen Abriss kämpfen.
Das Recht, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, ist in der Bayerischen Gemeindeordnung geregelt. Doch allzu oft wird davon nicht Gebrauch gemacht. Laut Susanne Flügel, Pressesprecherin der Stadt Landsberg, gab es einen solchen Antrag zuletzt im Jahr 2017 und davor jeweils einen in den Jahren 2013 und 2012. Die Oberbürgermeisterin, ihr Stellvertreter im Ausschuss, ein Drittel der stimmberechtigten Ausschussmitglieder oder ein Viertel der Stadtratsmitglieder könnten binnen einer Woche die Nachprüfung eines Beschlusses beantragen. Einer Begründung oder einer gesonderten Zulassung bedürfe es nicht, so Flügel. Entscheidend sei, dass der Antrag form- und fristgerecht (Wochenfrist) eingehe.
Antragsteller berufen sich auf "eindeutiges Votum" des BLfD
Der aktuelle Überprüfungsantrag erfüllt diese Kriterien. Gestellt haben ihn neben Petra Ruffing (CSU) Zweiter Bürgermeister Moritz Hartmann (Grüne), Dritter Bürgermeister Felix Bredschneijder (SPD) sowie die Stadtratsmitglieder Roger Mandl (Grüne), Wolfgang Weisensee und Hans-Jürgen Schulmeister (beide Landsberger Mitte). Laut Flügel muss die Angelegenheit nun auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung gesetzt werden. Diese findet am Mittwoch, 26. Juli, statt.
Der Anfang des Monats getroffene Beschluss des Bauausschusses sei durch den form- und fristgerechten Überprüfungsantrag automatisch hinfällig und so zu betrachten, als wäre er nicht existent, erklärt Flügel. Gemäß Bayerischer Gemeindeordnung sei ein Beschluss – wenn dieser Rechte Dritter berühre – ohnehin generell erst nach Ablauf der Wochenfrist wirksam. Es obliege jetzt dem Stadtrat, sich mit der Thematik zu befassen. Laut Flügel könnte das Gremium über den gleichen Beschlussvorschlag erneut abstimmen, es könnte sich aber auch auf einen anderen Beschlusswortlaut einigen und dann darüber abstimmen.
Petra Ruffing, Denkmalschutzreferentin im Stadtrat, begründet den Überprüfungsantrag mit dem "eindeutigen Votum" des BLfD. Nach Auffassung der Fachbehörde sind die für das Ensemble wesentlichen Bereiche des Anwesens weitgehend erhaltungsfähig und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen bewegten sich in einem üblichen Rahmen. Bereits in der vergangenen Sitzung des Bauausschusses warnte Ruffing vor einem Präzedenzfall: "Wenn es dann immer mehr Ausnahmen in Erpfting gibt, ist irgendwann kein schützenswertes Ensemble mehr da."
Manche neuere Häuser in Erpfting passen "nicht so gut" in den Ort
Ihr liege daran, dass Erpfting kein "anonymer Vorort" werde und das "spezielle Erscheinungsbild" erhalten bleibe. Es gebe im Ort bereits den einen oder anderen Neubau, der "nicht so gut" reinpasse. Das sei ein Argument, erst recht genau auf den Denkmalschutz zu schauen. In den neuesten Gutachten wurde laut Sitzungsvorlage im Bauausschuss die Zumutbarkeit einer Sanierung für den Grundstückseigentümer als weiteres wichtiges Entscheidungskriterium nicht weiter geprüft. "Als Stadtrat können wir über das Thema Zumutbarkeit nicht entscheiden", sagt Petra Ruffing. "Das muss der Bauherr vortragen."
"Nicht nachvollziehen" kann das Vorgehen der Antragsteller dagegen Erpftings Ortssprecher Markus Salzinger (UBV). "Ich werde weiter dafür kämpfen, dass abgerissen werden darf." Bei dem Bauernhaus an der Mittelstetter Straße, das seit Jahrzehnten leer stehe, handle es sich um eines jener Häuser, in denen "keiner leben kann und will". Eine Sanierung wäre exorbitant teuer. "Wir brauchen vernünftige Häuser", sagt der Ortssprecher.
Bei anderen Bauvorhaben in Erpfting geht es deutlich schneller
Auch gebe es den Anspruch, Menschen, die wie der Eigentümer in Erpfting verwurzelt sind, im Ort zu halten. Zumal es kaum Bauplätze gebe. Vor dem Hintergrund zurückliegender Beurteilungen durch das BLfD meint Salzinger: "Ich sehe keinen objektiv nachvollziehbaren Grund, weshalb manch andere Gebäude in Erpfting abgerissen werden durften, dieses aber nicht."
Nicht immer ziehen sich Bauvorhaben im Bereich des Erpftinger Ensembleschutzes derart in die Länge. So steht seit Kurzem fest, dass ein etwas außerhalb des Ortskerns gelegenes Gebäude abgebrochen werden darf. Dieses sei vom BLfD zwar ebenfalls als ortsbildprägend und als Ensemble-geschützt eingestuft und bewertet worden, sagt Stadt-Pressesprecherin Susanne Flügel. Anders als bei dem Gebäude in der Mittelstetter Straße sei die Ausgangslage jedoch "klarer" gewesen. "Ein Gutachten belegte, dass kaum mehr Originalsubstanz vorhanden und die restliche Bausubstanz zu schlecht war, um sie zu erhalten."
Deshalb habe das BLfD den Erhalt des Gebäudes nicht mehr gefordert, die Angelegenheit musste nicht dem Bauausschuss zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei weiteren Gebäuden im Ensembleschutz und Einzeldenkmälern in Erpfting, die in der Vergangenheit abgebrochen wurden, sei das BLfD stets eingebunden gewesen. "Alle Entscheidungen standen im Einklang mit dem BLfD", so Flügel.