Schuhe, die für einen Spaziergang ungeeignet sind und trotzdem eine Reise um die halbe Welt antreten: Wie „geht“ das? Ganz einfach: Sie sind außerordentlich ausgefallen oder ungewöhnlich und ziehen ihre Bahnen durch die weltweiten Netzwerke. Hier werden sie entdeckt und vom Management einer Künstlerin geordert, die ebenfalls im weltweiten Netz unterwegs ist und so für weitere Verbreitung sorgt. Die Schöpferin dieser aus Epoxidharz gegossenen, abgefahrenen Beinkleider ist Essie Kramer. Musikerin SZA trug sie beim Einspielen eines Musikvideos. Essie, eigentlich Elisabeth Kramer, ist eine von vier vom Kulturausschuss des Kreistags ausgewählten Kulturförderpreisträgern 2023 des Landkreises Landsberg.
Essie Kramer verbrachte ihre ersten Jahre in Epfach, besuchte die Grundschule in Fuchstal. Von dort wechselte sie an die Heimschule Kloster Wald, einem reinen Mädchengymnasium bei Pfullendorf in der Nähe des Bodensees. Die Besonderheit dort: Ab der zehnten Klasse besteht für die Schülerinnen die Möglichkeit, parallel zum Unterricht eine Lehre zu machen. Zur Auswahl stehen Holzbildhauerin, Schreinerin oder Schneiderin. Essie entschied sich für Letzteres und konnte ein halbes Jahr nach dem Abitur die Lehre mit der erfolgreichen Gesellenprüfung im Schneiderhandwerk abschließen.
Mit einer Freundin betreute Essie Kramer junge Mütter in Bangkok
Danach ging es für die junge Frau raus aus der räumlichen Enge und hinaus in die Welt. Zusammen mit einer Freundin betreute sie ein halbes Jahr lang in Bangkok junge Mütter und deren kleine Kinder. Sie unterstützten Frauen bei Näharbeiten in einer sozialen Einrichtung, unterrichteten sie in Englisch. Danach ging es für mehrere Monate als Aupair nach Paris. Nach mehrmonatigen Praktika bei Vivienne Westwood in London und Keegan Singh Styling in New York nahm Essies Berufswunsch Formen an. Sie startete ihr Studium „Accessoires Design“ an der Hochschule Pforzheim. Zwischendurch ging sie für zwei Semester nach Jerusalem, wo sie für die Bezalel Academy of Arts and Design ein Stipendium erhalten hatte. Danach, im Jahr 2020 schloss sie das Studium in Pforzheim mit dem Bachelor erfolgreich ab.
Von Pforzheim nach Berlin – vom Bachelor zum Master: Essie Kramer bewarb sich an der Universität der Künste, wurde unter 1000 Bewerbern als eine von 15 Interessierten zum Bewerbungsgespräch eingeladen – und genommen. An der Fakultät Gestaltung war Kramer zeitweise Tutorin für Ingeborg Harms, Professorin für Designtheorie. Das Studium in Berlin hat die mittlerweile 29-Jährige erfolgreich abgeschlossen und ist jetzt „Master of Arts – Modedesign“. Thema ihrer Masterarbeit war „Angst“, „Angst in der Mode“. Ihr sei es dabei unter anderem um die Verwendung von fragilen Materialien und um die Verbindung altes Handwerk – neue Arbeitsweisen gegangen. Auch sei viel Psychologie dabei.
Mit Assistenzen bei Styling und Kostüm für Filme, Werbespots, Kampagnen für Firmen und teils weltweit agierende Unternehmen hat sich Essie Kramer ihre Studienzeit nahezu selbst finanziert. Ein halbes Jahr lang hat sie auch die Social-Media-Kanäle des Landsberger Bundestagsabgeordneten Michael Kießling auf Vordermann gebracht und gepflegt. All diese Jobs haben Essie Kramer Türen geöffnet, die für sie, die sich mit dem Master in der Tasche selbstständig gemacht hat und freiberuflich als Stylistin arbeitet, von Vorteil sind. „Gerade bin ich dabei, eine eigene Marke aufzubauen“, verrät Essie Kramer im Gespräch. Titel? „Essie Kramer“, was sonst. Ihre Vorstellung ist, Schmuck und weitere Mode-Accessoires zu designen und diese Entwürfe im 3D Drucker herzustellen.