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Dießen: Eine "Revolution of Love" mit Giora Feidman in Dießen

Dießen

Eine "Revolution of Love" mit Giora Feidman in Dießen

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    Erstaunlich, wie klar und virtuos Feidmann auch mit 88 spielt.
In den 100 Konzertminuten konnte ich nur einen einzigen kaum hörbaren Mini-Wackler erahnen.
    Erstaunlich, wie klar und virtuos Feidmann auch mit 88 spielt. In den 100 Konzertminuten konnte ich nur einen einzigen kaum hörbaren Mini-Wackler erahnen. Foto: Andreas Frey

    Mit großer Andächtigkeit verfolgten die Besucher des ausverkauften Münsterkonzerts in Dießen den Auftritt des renommierten Klarinettisten Giora Feidman, begleitet von Vytis Šakūras am E-Piano. Der 88-jährige Musiker vermag immer noch mit seinem Anfangs-Effekt zu beeindrucken: Aus einer versteckten Ecke erklingen hallend und von fern die ersten, balsamischen Klarinettentöne, und leise weiterspielend geht der Musiker langsam zum eigentlichen Platz des Auftritts.

    Die zweite Überraschung gab es auf dem Weg: Feidman drehte sich um und rief mit kraftvoller Stimme die Refrainzeile „Schalom chaverim!“ Dazu hob er dirigierend die Arme und hatte binnen einer Sekunde den Impuls zum Mitsingen gesetzt. Nach diesem eher religiös geprägten, langsamen Lied ging’s in einen schleunigen Klezmer – also in die althergebrachte jiddische Tanzmusik. Neben der frischen Rhythmik erfreute auch das leicht jazzige Spiel, das Feidman mit dem kräftigen Ruf „Hoy!“ beendete.

    Freilich musste der Musik-Senior mit seinen Kräften haushalten, und so setzte er das weitere, weiterhin beeindruckend virtuose Spiel überwiegend im Sitzen fort. Für Abwechslung war gesorgt: Meditativ-langsam war zwar die Mehrzahl der Kompositionen, doch war zwischendurch auch Raum für Munterkeit. „The Entertainer“, ein Ragtime von 1902, wurde von Feidman mit leicht klezmerischer Anmutung interpretiert, wozu Šakūras am Piano die Anschläge regelrecht torkeln ließ.

    Laszives Flirten und eine Annäherung in Zeitlupe

    Auch Feidmans Geburtsort Buenes Aires wurde bedacht. In „Por una Cabeza“ wandelte sich die im Tango untypische Klarinette zur Hörschmeichlerin: Laszives Flirten, Annäherungen in Zeitlupe, dann mit flirrenden Trillern durchsetzte Höhen – das war meisterlich sensibel herausgespielt. Vor die Fortsetzung des Tango-Genres mit einem Stück von Astor Piazzolla schaltete Vytis Šakūras eine längere instrumentale Variation, die an dieser Stelle etwas effekthascherisch daherkam, auch wenn der Pianist ansonsten tadellos begleitete.

    Ein besonderes Gepräge erhielt der Auftritt durch Feidmans Moderationen, die in ihrer Mischung aus Jiddisch, Deutsch und Englisch nicht leicht verständlich waren. Immerhin kamen einige Grundbotschaften durch, und die riefen zum Ende aller Kriege auf: „Genug ist genug“, forderte Feidman, und wie friedliche Verständigung geht, das führte er gleich persönlich vor. Ein großer Teil der Musikwerke waren nämlich frische Kompositionen von Majid Montazer. Mit dem iranischen Regimegegner gab es eine gegenseitige Umarmung und einen symbolträchtigen Händedruck. Hier im Münster beweise man ja schon, wie gut ein friedvolles Miteinander funktioniere, sagte Feidman sinngemäß und lobte die Örtlichkeit: „Ich hab’ gespielt in tausend Tempeln und dieser hier hat so viel Beauty, so viel Liebe und Peace“, sagte er.

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