Gewöhnlich ist das, was Anna Frei zu ihrem Beruf erhoben hat, ja nicht gerade. Die 30-Jährige ist Graveurin und beschränkt das nicht etwa auf eher „weiche“ Materialien wie Edelmetalle, Glas oder Kunststoffe. Ihr absoluter Lieblingswerkstoff ist Stahl. Zweite Besonderheit: Natürlich graviert die junge Frau auch Monogramme und ähnliches auf unterschiedliche Schmuckgegenstände. Ihre besondere Vorliebe gehört jedoch Tierdarstellungen – auf Jagdwaffen. Für diese besondere Art von Bildender Kunst wird Anna Frei mit dem Kulturförderpreis 2024 des Landkreises Landsberg ausgezeichnet.
Eigentlich hatte es sich schon sehr früh abgezeichnet, wo die Stärken und Vorlieben der in Ramsach aufgewachsenen Anna Frei liegen werden. Da ist einmal die kunsthandwerklich begabte Mutter Gabi, die einigen in der Gegend über Bastelnachmittage bekannt sein dürfte. Die andere Seite ist Vater Josef. Er und längst auch ein Bruder von Anna sind Jäger. Schon als junges Mädchen sei sie mit den beiden ins Revier gefahren, erzählt die Graveurin, habe Jagdmessen besucht. „Natur, Wild, Hunde waren schon immer Teil meines Lebens“, erzählt sie. Auch der Umgang mit Waffen sei ein Stück Normalität gewesen.
Kreativität und Vielfalt überzeugen Anna Frei bei der Berufswahl
Nach dem Schulabschluss war eine Ausbildung zur Goldschmiedin geplant. Anna Frei informierte sich diesbezüglich bei der Berufsfachschule Glas und Schmuck in Neugablonz. „Dort habe ich Gravur kennengelernt und war von dieser Handwerkskunst begeistert.“ Anna Frei startete 2010 mit der Ausbildung zur Graveurin in Neugablonz. Nach einem Praktikum bei der Waffenfirma Merkel in Suhl, die eine eigene Gravurabteilung betreibt, stand für die junge Frau fest: „Ich möchte die Kunst der Waffengravur lernen. Kreativität und Vielfalt bei den Ausführungen haben mich fasziniert.“ Weil dabei vor allem die Tierdarstellungen auf den Waffen eine Faszination ausübten und sie solche später auch und möglichst naturgetreu abbilden/gravieren wollte, machte Anna Frei den Jagdschein. Nur auf dem Hochsitz im Wald könne sie die Tiere und deren Bewegungsabläufe genau beobachten und studieren, erklärt sie dazu.
Danach, im Jahr 2013, ging es für Anna Frei an die Höhere technische Lehr- und Versuchsanstalt in der Büchsenmacherstadt Ferlach in Kärnten. Zwei Jahre lang verfeinerte sie die spezielle Kunst des Gravierens. Danach hat sie sich fürs Erste dort selbstständig gemacht, „weil ich in Ferlach von ehemaligen Lehrern und Spezialisten in der Nähe einiges abschauen und davon profitieren konnte“. Es folgten erste Auftritte bei Jagdmessen. 2017 ging es zurück in die Heimat. Ein Jahr später konnte die Graveurin im oberen Stockwerk eines Juweliergeschäfts mitten am Hauptplatz in Landsberg eine eigene Werkstatt einrichten. Letztere ist mittlerweile umgezogen, aktuell befinden sich Werkstatt und Atelier zu Hause in Asch, direkt unter dem Dach – ein zeitlicher Vorteil für Anna Frei, seit vier Monaten junge Mutter.
In dieser Werkstatt gibt es nicht nur ein ganzes Arsenal an unterschiedlichsten Werkzeugen und einen schönen großen Werkstisch. Bei ihrer Arbeit am Objekt mit minimalistischen Strichen und Punkten trägt Anna eine Art Brillengestell, an der eine Lupe befestigt ist. Und für die noch genauere Betrachtung benötigt Anna ein Standmikroskop. In mehreren Ordnern sind mittlerweile Skizzen gesammelt. Entwürfe seien das A und O, betonte die Kunsthandwerkerin. Eine Gravur im Endmaterial könne schließlich nicht mehr rückgängig gemacht werden. Gearbeitet wird mit Hammer, Stichel, Nadel, Meißel, Schleifpapier und auch Druckerschwärze, um Konturen sichtbar zu machen. Die Ornamente oder Tiere sticht Anna Frei flach oder als Relief. Sie fertigt individuelle Entwürfe an oder arbeitet nach Vorlagen der Kunden.
Eine besondere Gravurtechnik auf tierischen Materialien ist Scrimshaw. Arbeitsintensiv ist alles, egal, ob Metall oder anderes graviert wird. Bei der Arbeit an dem Gerfalken auf einem Damast-Jagdmesser beispielsweise hat die Graveurin „nach 200 Stunden aufgehört mitzuzählen“, meint sie lachend. „Letztendlich werden es wohl 300 Stunden gewesen sein.“ Nicht viel weniger Zeit nahm der Tiger in Scrimshaw auf dem Elfenbeingriff eines Jagdmessers in Anspruch. „Natürlich“ betont Anna Frei, „graviere ich auch nach wie vor alle Arten von Schmuck oder Uhren, Glas, Kunststoffe.“ Auch Holz und Leder verziere sie, diese mit einem Brennstab.
Bei der Preisverleihung, die am Freitag, 15. November, um 19.30 Uhr im Landsberger Stadttheater stattfindet, wird Anna Frei vermutlich Arbeiten präsentieren und Einblicke in Werkstatt und Arbeit geben.
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