Landsberg

Wie diese Unternehmerin ihr Burnout besiegt hat

    • |
    Carmen Celewitz in ihrem Büro für Grafikdesign und Werbetechnik in der Salzgasse in Landsberg. Die 45-Jährige hat es erst im Oktober bezogen. In der Stadt ist sie „bekannt wie ein bunter Hund“, wie sie sagt.
    Carmen Celewitz in ihrem Büro für Grafikdesign und Werbetechnik in der Salzgasse in Landsberg. Die 45-Jährige hat es erst im Oktober bezogen. In der Stadt ist sie „bekannt wie ein bunter Hund“, wie sie sagt. Foto: Thorsten Jordan

    Das erste Wort, das einem einfällt, wenn man Carmen Celewitz erlebt, ist: bunt. Wie ein farbenfroher Paradiesvogel schwebt sie auf moosgrünen Stöckelschuhen und mit silbern glitzernder Brille durch ihren Laden mit den bunten Folien, den fröhlich-freundlichen, von ihr entworfenen, Vorhängen. Das schwarz-weiße, extravagante Beinkleid stört überhaupt nicht, als sie sich kurzerhand die Leiter schnappt und fürs Foto posiert. Sie ist eine Macherin, eine Handwerkerin, und gleichzeitig eine Frau mit Sinn für Schönheit. Ihre zweite herausragende Eigenschaft tritt ebenfalls schnell zutage: Carmen Celewitz nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie ist ein Ausbund an Offenheit, Ehrlichkeit und Quirligkeit.

    Erst im Oktober ist sie mit ihrem Büro für Grafikdesign und Werbetechnik in die Salzgasse gezogen. Innen steht eine riesige Digital-Druckmaschine, auf der Stoffe und Folien bis zu einer Breite von 1,60 Metern bedruckt werden können. Ganz hinten auf dem Schreibtisch der große Mac, an dem all ihre kreativen Entwürfe entstehen.

    Als die Technik für ihren Beruf noch reine Handarbeit war

    Carmen Celewitz ist, so sagt sie, eine Landsberger Pflanze, niemals könne sie von hier fortgehen. Die Großeltern haben in den 1930er-Jahren ein kleines Häuschen in der Schwaighofsiedlung gebaut. Dort wuchs Carmen in den 1970er-Jahren mit ihren drei älteren Schwestern und zwei noch älteren Stiefschwestern aus der ersten Ehe des Vaters auf. Der Vater, gelernter Schreiner, arbeitete bei der Deutschen Bahn, die Mutter „als Bedienung“ im „Siebentisch“, dem heutigen "Max & Moritz". Schon als junges Mädchen habe sie dort ihr Taschengeld aufgebessert, erzählt die 45-Jährige mit den wild hochgesteckten blonden Haaren.

    Nach der Grundschule am Spitalplatz folgte die Hauptschule in Kaufering. Dort machte sie ein Praktikum beim „Schilder- und Lichtreklamehersteller Klotz“. Der Job war Liebe auf den ersten Blick. Damals habe man in der Werbetechnik noch fast alles von Hand hergestellt. Schriftenzeichnen, Siebdruck, Vergoldearbeiten, Spenglern, Malern und Lackieren - alles Teil ihres Jobs. Wegen interner Probleme wechselte sie während der Ausbildung den Betrieb und schloss bei Hoegg-Werbetechnik in Pürgen ab. „Alle alteingesessenen Werbetechniker in der Gegend kommen aus der Klotz-Schule, da zählte Qualität. Alles, was die gemacht haben, war für die Ewigkeit“, schwärmt Celewitz.

    Bei ihr zählt immer noch der Handschlag

    Gleichzeitig fing sie an zu kellnern und stieg voll ins Landsberger Szeneleben ein. In der damals neu eröffneten „Sonderbar“ war sie „ein Kind der ersten Stunde“, im „Voglhäusl“ lernte sie das klassische Bedienen. „Ich war irgendwann bekannt wie ein bunter Hund und wenn ich das Kellnern nicht gemacht hätte, wer weiß, ob ich später als selbstständige Grafikerin so erfolgreich geworden wäre.“ Geschichten könnte sie erzählen aus dieser Zeit - da könne man eine ganze Serie im LT machen. Zwei Dinge hat sie aus dieser Zeit verinnerlicht, zwei Eigenschaften, die ihr wichtig sind, im Privaten wie im Beruf: Ehrlichkeit und Offenheit. „Bei mir zählt immer noch der Handschlag.“

    1998 stieg sie bei Hoegg aus, fing in München an und war schnell enttäuscht von der miesen Qualität, die in den dortigen großen Betrieben geliefert wurde, „das könnten wir uns in Landsberg nicht erlauben“. Das Internet boomte seinerzeit, sie fing eine Umschulung zur Mediengestalterin an, lernte alle nötigen Programme und bekam drei Monate nach Ende der Ausbildung ihre Tochter Bella. Nach kurzer Pause stieg sie halbtags wieder bei Hoegg in Pürgen ein, um sich schließlich 2006 selbstständig zu machen. „360 Grad Design“ nannte sie ihren Betrieb im Hofgraben, „360 Grad, weil ich mich für meine Kunden verbiege und alle gebe“, ihr Motto: „Erlaubt ist, was gefällt.“ Es war die richtige Entscheidung, der Laden brummte, „es ging steil nach oben“. Von der Logoentwicklung zu Imagebroschüren und ganzen Geschäftsausstattungen, von Plakaten, Schildern, Tapeten und Vorhängen sowie Fahrzeugbeschriftungen lassen sich viele Unternehmen von Carmen Celewitz ihren Auftritt verschönern.

    Sie musste sich selbst in eine Klinik einweisen

    Dann kam 2017 mit aller Wucht das Burnout. „Irgendwann habe ich verlernt, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.“ Panikattacken, die sich wie ein Herzinfarkt anfühlten. „Ich bin so gegen die Wand gefahren, ich habe mich selbst eingewiesen und wollte nur noch gesund werden.“ Zwei Monate Klinik, „die haben mir das Leben gerettet, ich bin meinem Therapeuten unendlich dankbar“. Sie hat nie einen Hehl aus ihrer Erkrankung gemacht und ist stolz und glücklich, dass fast alle ihre Kunden zu ihr gehalten haben. „Letztendlich hat sich alles in meinem Leben immer zum Guten gewendet.“ Sie sei jetzt glücklicher und zufriedener und arbeite nur noch für Kunden, bei denen ihr Bauch („mein Großhirn“) ein gutes Gefühl habe.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden