Eigentlich sollte Rolf Kron am 12. September im Rahmen einer „Querdenker“-Kundgebung in München als Redner auftreten. Doch dazu kam es nicht. Wie berichtet, wurde der Kauferinger Arzt auf dem Weg zur Theresienwiese von der Polizei in Gewahrsam genommen. Der Vorwurf: Rolf Kron soll falsche Masken-Befreiungsatteste ausgestellt haben – die Kriminalpolizei ermittelt. Und auch der Ärztliche Bezirksverband Oberbayern habe inzwischen eine Untersuchung eingeleitet, sagt deren Geschäftsführerin Alexandra Wiltsch gegenüber dem Landsberger Tagblatt. Welche Konsequenzen drohen dem 57-Jährigen, sollte sich der Verdacht erhärten? Könnte dem Mediziner sogar die Zulassung entzogen werden? Das LT hat Experten gefragt.
Rolf Kron schilderte den Vorfall gegenüber unserer Redaktion wie folgt: Auf dem Weg zur Theresienwiese sei ein genehmigter Demonstrationszug ohne ersichtlichen Grund von der Polizei gestoppt worden. Nicht wenige Teilnehmer hätten eine Maske getragen und in der sengenden Hitze deswegen gesundheitliche Probleme bekommen. Kron habe angeboten, ihnen „als Truppenarzt“ Atteste auszustellen, welche sie von der Maskenpflicht befreien. Später sei er auf Höhe des Odeonsplatzes von der Polizei abgeführt und nach eigenen Aussagen „wie ein Terrorist“ gefilzt worden. Ein Sprecher der Polizei München bestätigte gegenüber unserer Redaktion, dass ein Arzt kontrolliert und in Gewahrsam genommen worden sei. Inzwischen ermittle die Kriminalpolizei wegen des Verdachts des Ausstellens „unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ gegen ihn.
Was die ärztliche Sorgfaltspflicht bei Attesten bedeutet
Grundsätzlich sei das Ausstellen eines Attests in der Öffentlichkeit zwar denkbar, sagt Dr. Hans-Joachim Baumgartl, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Landsberg. Allerdings verweist der Mediziner auf die ärztliche Sorgfaltspflicht: „Zur Beurteilung einer Freistellung von der Maskenpflicht benötigt ein Arzt eine gründliche körperliche Untersuchung des Betreffenden sowie detaillierte Kenntnisse über dessen Krankheitsvorgeschichte.“ Darüber hinaus seien gegebenenfalls medizinisch-technische Untersuchungsergebnisse notwendig. Hans-Joachim Baumgartl, Facharzt für Innere Medizin mit Praxis in Landsberg, sagt, er habe noch kein einziges Masken-Befreiungsattest ausgestellt, da er diesbezüglich noch nicht angefragt worden sei. Rolf Kron gab hingegen gegenüber dem LT an, bereits „einige Hundert“ Atteste ausgestellt zu haben. Außerdem sei er bereit, allen Buben und Mädchen in Deutschland eine solche Bescheinigung auszustellen. Denn die Maskenpflicht ist laut Kron „Vergewaltigung an unseren Kindern.“
Alexandra Wiltsch, Geschäftsführerin des Ärztlichen Bezirksverbands Oberbayern, betont, dass allein schon die Ankündigung von sogenannten „Gefälligkeitsattests“ den Wert von ärztlichen Attesten untergrabe. Der Verband habe inzwischen eine Untersuchung gegen Rolf Kron eingeleitet. Es gebe jedoch nur „sehr wenige“ Beweise dafür, dass der Kauferinger Arzt tatsächlich Gefälligkeitsatteste ausgestellt habe. „Wir prüfen derzeit, ob eine Ankündigung bereits ein Berufspflichtverstoß ist.“ Sollte auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleiten, seien diese vorrangig. „Wir müssten dann abwarten“, sagt Wiltsch. Als mögliche Strafen könnte der Ärztliche Bezirksverband etwa eine Rüge aussprechen oder eine Geldbuße von bis zu 100.000 Euro verhängen. Für die Approbation, also die staatliche Zulassung des Arztes, sei hingegen die Regierung von Oberbayern zuständig.
Die Regierung verweist auf die Kriminalpolizei
Inwieweit in dem Fall tatsächlich ein vorwerfbares Verhalten vorliege, sei durch die Kriminalpolizei aufzuklären, sagt Wolfgang Rupp, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, gegenüber dem LT. Als Berufsaufsichtsbehörde sei die Regierung auf Ermittlungsergebnisse aus polizeilichen oder staatsanwaltlichen Verfahren angewiesen. Ein Approbationswiderruf komme bei einer „Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit“ zur Ausübung des ärztlichen Berufes in Frage. Der Sachverhalt müsse allerdings gesichert nachgewiesen und belastbar sein, was etwa bei einem rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren der Fall sei. Zum jetzigen Zeitpunkt könne daher noch keine Aussage über etwaige berufsrechtliche Maßnahmen getroffen werden.
Das Prinzip der freien Meinungsäußerung
Mit seinen Äußerungen auf Corona-Kundgebungen hatte Rolf Kron in der Vergangenheit immer wieder für Aufsehen gesorgt: Corona sei ein Schnupfenerreger, eine Ansteckung mit dem Virus in den Sommermonaten gar nicht möglich. Wie beurteilt der Ärztliche Bezirksverband solche Aussagen? „Er vertritt sicherlich eine Haltung, welche die große Mehrheit unserer Mediziner nicht teilt“, sagt Alexandra Wiltsch. Jedoch gelte das Prinzip der freien Meinungsäußerung.
Die Zahlen der Erkrankten und der Verstorbenen weltweit würden ihre eigene Sprache sprechen, betont Hans-Joachim Baumgartl, Sprecher der Landsberger Ärzte: „Viele Ärztinnen und Ärzte im Landkreis sind sehr froh darüber, dass die hier ergriffenen Maßnahmen bislang einen überschaubaren Verlauf ermöglicht haben. Ich wünsche mir, dass dies so bleibt.“