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Sagenserie (Teil 9): Zwischen Realität und Predigt

Sagenserie (Teil 9)

Zwischen Realität und Predigt

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    Ortsansicht von Thaining – Skizze von Bernhard Müller-Hahl aus dem Buch „Sagen und Legenden zwischen Lech und Ammersee.“
    Ortsansicht von Thaining – Skizze von Bernhard Müller-Hahl aus dem Buch „Sagen und Legenden zwischen Lech und Ammersee.“

    Thaining, RottIn unserer Serie über Sagen vom Lechraingebiet soll es heute um jene gehen, die zwar nicht direkt mit den bösen Mächten in Kontakt getreten sind, aber immerhin durch Gotteslästereien oder falsche Schwüre einiges zu büßen hatten. Karl Freiherr von Leoprechting hat dazu passende Geschichten aus dem südlichen Lechrain für die Ewigkeit festgehalten:

    Die erste Sage handelt vom „Gnadenbild in Thaining“: In der hübschen Kapelle, die nahe bei Thaining auf einem Hügel steht, befindet sich das Bildnis Unserer Lieben Frau von Altötting, schreibt Leoprechting, und weiter: „Einmal fiel es einem bösen Menschen zu, dasselbe wegzunehmen und fortzuschaffen. Doch kaum war er ein paar hundert Schritte, so ungefähr bis zur Dessenhauserwiese gekommen, da wurde das Gnadenbild so schwer, dass er es nicht mehr weiter zu tragen vermochte. Keuchend und schwitzend musste er inne halten, und all sein Mühen, weiter zu kommen, war umsonst. Jetzt überfiel ihn gählings ein arges Grauen ob seinem frevelhaften Unterfangen. Voll Reue fasste er den Entschluss, das geraubte Bild wieder in die Kapelle zurückzubringen. Und siehe! Alsbald war es so leicht wie zuerst, und ohne Anstrengung konnte er es an den alten Platz verbringen – wo es sich noch heute befindet und verehrt wird.“

    Ein falscher Eid und seine Folgen

    Wie der ehemalige Stadtheimatpfleger Anton Lichtenstern in den Landsberger Geschichtsblättern von 2005 zum Thema „Gotteslästereien, Religionsspötter und Frevler“ erklärt, wurde nicht nur ein solcher Diebstahl, sondern auch ein falscher Eid als Frevel angesehen. „Eine Erzählung aus Rott – Der falsche Schwur, ebenfalls aufgezeichnet von Leoprechting aus dem Jahr 1850 – berichtet von einem Bauern, den wegen eines Meineides ständig der Teufel in Gestalt eines Jägers begleitete und ihn zu hüten schien. Schließlich befreite ihn der Pfarrer und bannte den bösen Feind.“ Lästerungen von Theologen wurden laut Lichtenstern als schlimmste aller Sünden angesehen, weil sie gegen Gott gerichtet seien. „Deshalb fürchtete man die Strafe Gottes nicht nur für den Frevler, sondern für die ganze Gemeinschaft – durch Unwetter oder Seuchen.“ Die Lästerer wurden streng bestraft. Die Geistlichen versuchten durch Beispielgeschichten wie die von Leo-prechting die Menschen zu erziehen. In diesen Geschichten, die immer den Ort und den Zeitpunkt nennen, so

    Fluchen und gotteslästerliche Reden seien in allen Schichten der Bevölkerung verbreitet gewesen, wie der bis ins 20. Jahrhundert andauernde Kampf der Prediger dagegen beweise, so Lichternstern. Eine weitere Frevlergeschichte aus dem Jahr 1850 – also fünf Jahre vor Erscheinen von Leoprechtings Buch „Aus dem Lechrain – zur deutschen Sitten- und Sagenkunde“ stammt ebenfalls aus Thaining. „1850, als der große Ablass verkündet wurde, spotteten zwei Kauderer (Kleinhändler, Hausierer) im Wirtshaus in Thaining darüber und fragten einen Bauern, ob er ihnen nicht ihren Ablass abkaufen wolle – für sein Seelenheil. Er fiel darauf herein und zahlte ihnen 30 Kreuzer. Kaum hatte er das Geld hingelegt, fielen sie auf den Boden und waren tot, was überall in der Umgegend mit Schrecken erzählt wurde.“

    Auffällig ist laut Anton Lichtenstern, dass der Schauplatz für Religionsspott und Frevel mehrfach ein Wirtshaus ist. „das ist auch sonst überliefert und passt dazu, dass das Wirtshaus von der kirchlichen und der weltlichen Obrigkeit als gottloser Ort angesehen wurde“, erklärt der ehemalige Stadtheimatpfleger.

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