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Region: Lebensader, Grenze, Wirtschaftsfaktor: Die Geschichte des Lechs

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Lebensader, Grenze, Wirtschaftsfaktor: Die Geschichte des Lechs

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    Am Lechfall bei Flüssen sieht man den Einfluss des Menschen.
    Am Lechfall bei Flüssen sieht man den Einfluss des Menschen. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Der Lech war einst ein wilder, tosender, grollender, lauter und unberechenbarer Wildfluss. Heute ist er durch Staustufen gezähmt, nur im Lechtal in Tirol darf er streckenweise noch so fließen, wie er will. Der wilde Lech war jahrhundertelang eine Art Grenze. Nicht nur politisch, auch sprachlich und wirtschaftlich. Nur dort, wo es befestigte Übergänge gab, tauschten sich die Menschen aus.

    Bestes Beispiel dafür ist die Stadt Landsberg. Die Brücke über den Lech machte die Stadt einst reich. Dort kamen sich Schwaben und Bayern näher – sprachlich und wirtschaftlich. War der Fluss für die Menschen oft ein unüberwindbares Hindernis, so war er für Pflanzen und Tiere eine wichtige Biotopbrücke. Heute ist er gezähmt. Er liefert Strom, ist Freizeitparadies und schöne Kulisse. Die Tier- und Pflanzenwelt wird dagegen immer mehr zurückgedrängt.

    Erst vor rund 150 Jahren war man in der Lage, den Lech zu bändigen

    Das Lechtal ist bis heute eine faszinierende und vielfältige Landschaft. In Bayern reicht sie von den Alpen bei Füssen über die sanften Hügel und steilen Leitenhänge des Mittleren Lechtals rund um Landsberg bis zur weiten Talebene zwischen Augsburg und der Donau. Bei Schneeschmelze verwandelte sich der Lech in früheren Jahren in einen wilden Strom, der alles wegriss, was sich ihm in den Weg stellte. Und lange widersetzte sich der "wilde Lech" einer Regulierung durch den Menschen. Erst vor rund 150 Jahren war man in der Lage, den Lech zu bändigen. In den 1940er Jahren wurden die ersten Staustufen angelegt. Heute ist fast der gesamte Lechlauf in Bayern eine einzige Kette von Stauseen.

    Erst vor rund 150 Jahren war man in der Lage, den Lech zu bändigen.
    Erst vor rund 150 Jahren war man in der Lage, den Lech zu bändigen. Foto: Tom Trilges (Archiv)

    Wer etwas über die wirtschaftliche Geschichte des Lechs erfahren will, der muss ins Lechmuseum nach Langweid. Die erfolgreiche Bewerbung Augsburgs für das Unesco-Welterbe hat dort ihren Ursprung. Durch die Arbeiten für das Museum ist die Idee einer Bewerbung erst entstanden. Höhepunkt des Museums sind eine begehbare historische Turbinenkammer sowie ein Generator aus dem Erbauungsjahr.

    Das Wasserkraftwerk ist nun eine von 22 Welterbestätten. Das Augsburger Wassermanagement-System ist Mitte 2019 in die Welterbeliste aufgenommen worden. Zu den Denkmälern gehören auch die drei Wasserkraftwerke am Lechkanal in Langweid, Meitingen und Gersthofen. Denn dort stand die Wiege der Augsburger Stromversorgung.

    Kraftwerk Gersthofen gilt als erstes großes Wasserkraftwerk Bayerns

    Das dortige Wasserkraftwerk erinnert von außen an ein Schloss. Innen finden sich aber keine Teppiche, kein Stuck, keine Kristalllüster – stattdessen riesige Turbinen und Generatoren. Ein Dröhnen erfüllt den Raum, der Boden unter den Füßen vibriert. Zehn Meter stürzt dort das Wasser des Lechs durch Röhren auf die Schaufeln von fünf Turbinen, Generatoren verwandeln die Energie in Elektrizität.

    Seit 1901 ist das Kraftwerk in Betrieb und liefert Strom. Das Kraftwerk in Gersthofen gilt als das erste große Wasserkraftwerk Bayerns. Von dort aus wurde das Stromnetz in Schwaben ausgebaut. Mehrere Versorger betreiben heute insgesamt 30 Kraftwerke und 24 Stauseen (Laufwasser- und Speicherkraftwerke). Der größte Stausee ist der Forggensee bei Füssen, der maximal 168 Millionen Kubikmeter Wasser zwischenspeichern kann.

    Das Kraftwerk in Gersthofen gilt als das erste große Wasserkraftwerk Bayerns.
    Das Kraftwerk in Gersthofen gilt als das erste große Wasserkraftwerk Bayerns. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Doch die Wasserkraftnutzung hat auch ihre Schattenseiten. Naturschützer sagen, sie sei eine der wesentlichen Ursachen, weshalb die Arten- und Lebensraumvielfalt Lech stark zurückgegangen sei. Intakte Fluss-auen gehören zu den artenreichsten Ökosystemen in ganz Mitteleuropa. Die Vielfalt sei nur zu erhalten, wenn Flüsse frei fließen und ihr Bett permanent umgestalten können. Doch das ist am Lech zwischen Füssen und seiner Mündung in die Donau kaum mehr möglich.

    Jahrtausendelang war das Lechtal eine Ausbreitungs- und Wanderachse für Pflanzen und Tiere. Und bis heute ist es als gigantische Biotopbrücke ein Verbindungsstück zwischen Alpen und Schwäbisch-Fränkischer Alb. Noch heute findet man dort zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die ursprünglich von weit her kamen. Besonders die Kalkmagerrasen der Lechebene zeichnet eine imponierende Artenfülle aus. Schutzzonen wie die Litzauer Schleife bei Steingaden und die Lechtalheiden zwischen Landsberg und Augsburg sollen der Natur helfen.

    Naturschutzprojekt Lebensraum Lechtal wurde 1998 ins Leben gerufen

    Die Lechtalheiden etwa enthalten Einzelflächen unterschiedlicher Heiden und Trockenrasen. Es handelt sich um einen der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas. Das Naturschutzprojekt Lebensraum Lechtal wurde 1998 ins Leben gerufen, um den Biotopverbund entlang des Lechs zu verbessern und daneben auch der Bevölkerung des Lechtals seine ökologische Bedeutung nahezubringen und bei ihr für den Naturschutz zu werben.

    Der Lech bildete während der Zeit der Völkerwanderung und im frühen Mittelalter die Grenze zwischen dem alemannischen Stammesgebiet im Westen und dem baierischen im Osten. Er ist die Grenze zwischen Altbayern und Schwaben. Das zeigt sich unter anderen an den Ortsendungen -ing (bayrisch) und -ingen (schwäbisch). Die Region zwischen Rain am Lech und den Alpen entlang des Lechs wird als Lechrain bezeichnet, wobei der Schwerpunkt der Gegend östlich des Flusses liegt.

    Alteingesessene Bevölkerung: "Lechrainisches" Sonderbewusstsein

    Prägendes Element des Lechrains ist das durch die Grenzlage entstandene Zusammentreffen bairischer und schwäbischer Einflüsse. Ein typisches Merkmal ist der Lechrainer Dialekt, der neben schwäbischen und bairischen Sprachmerkmalen mittelhochdeutsche Relikte aufweist. An der Sprachgrenze halten sich ganz alte, zum Teil mittelhochdeutsche Sprachstücke. Zum Beispiel der Begriff fürs Feuermachen, "einkenta", der lateinische Wurzeln hat.

    Ein wichtiger Hafen befand sich früher am Hochablass in Augsburg.
    Ein wichtiger Hafen befand sich früher am Hochablass in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Doch der Dialekt ist am Absterben. Die Jungen verstehen zwar den Dialekt, sie sprechen ihn aber nicht mehr. Rudimente sind noch da wie die Klangfärbung. Was im Lechrainischen schwäbisch klingt, ist oft Relikt des Althochdeutsch-Baierischen, das von der Bajuwarisierung nicht mehr voll erreicht wurde.

    Der Historiker Pankraz Fried teilte den Lechrain in einen unteren (von Rain bis Rehling), einen mittleren (von Friedberg bis Vilgertshofen mit Landsberg in der Mitte) und einen oberen Teil (von Rottenbuch bis Hohenschwangau) ein. Allgemein werden jedoch der größte Teil des Landkreises Landsberg, der südliche Teil des Altlandkreises Friedberg und Teile des Altlandkreises Schongau zum Lechrain gezählt. Heute ist vor allem die alteingesessene Bevölkerung Träger eines speziellen "lechrainischen" Sonderbewusstseins. Daneben führen zahlreiche Vereine, aber auch kulturelle Einrichtungen und Unternehmen den Lechrain in ihrem Namen.

    Hochablass in Augsburg: Hafen auf der Westseite noch gut zu erkennen

    Seit der Römerzeit bis zum Bau der ersten Lechstaustufe um 1914 diente der Lech als Transportweg für Holz aus den Alpen. Holz wurde über den breiten kiesigen Lech nach Augsburg getriftet, dort aus dem Wasser gezogen und anschließend als Brennholz verkauft. Hauptsächlich wurde aber geflößt, wobei die Flöße auch als Transportmittel für Güter verwendet wurden. Die wichtigsten Häfen befanden sich in Reutte, Füssen, Lechbruck, Epfach, Landsberg sowie am Hochablass in Augsburg, wo der Hafen auf der Westseite heute noch gut zu erkennen ist.

    Beim Bau der ersten Wehre, etwa den Hochablass bei Augsburg oder das Lechwehr in Landsberg, wurden für die Flößerei eigene Gassen eingebaut, um diese weiterhin zu ermöglichen. Den Höhepunkt hatte die Flößerei Mitte des 19. Jahrhunderts mit mehreren Tausend Flößen pro Jahr.

    Lesen Sie dazu auch: So läuft’s am Lech: 125 Kilometer immer am Fluss entlang

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