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Mittelalter in Landsberg: Was Wilhelm, der Eroberer, mit dem Kaltenberger Köhler zu tun hat

Mittelalter in Landsberg

Was Wilhelm, der Eroberer, mit dem Kaltenberger Köhler zu tun hat

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    Den Auftakt zum 36. Kaltenberger Ritterturnier übernahm am Freitagabend die inzwischen 12. Gauklernacht. Ein Festival der Zauberer, Narren, Artisten und Musikanten – aus dem einstmaligen Zusatzangebot ist längst ein Aushängeschild des weltweit beachteten Mittelalterevents auf Schloss Kaltenberg im Landkreis Landsberg geworden.

    Und die Voraussetzungen in diesem Jahr 2015 waren so gut wie schon lange nicht mehr. Die Temperaturen bewegten sich in Bereichen, die den Aufenthalt im Freien geradezu herausforderten – nicht zu heiß, wie in den vergangenen Tagen und nicht zu kalt, sodass die letzten Besucher des Fests und so mancher Mitwirkende ihre Schlaflager, ob zu Hause oder auf dem Schlossgelände zu Kaltenberg, kaum oder gar nicht aufsuchten.

    „Die Zahlen waren gut, Prinz Heinrich ist sehr zufrieden“, ist von Markus Wiegand, dem Sprecher des Ritterturniers zu hören. Schon kurz nach Öffnung bildeten sich in den Zufahrten die ersten Autoschlangen, doch das neu ausgestattete Parkgelände und der Ordnungsdienst erledigten ihre Arbeit mit ruhiger Hand. Es waren die ersten Stunden vor allem für diejenigen Besucher, die gerne unbedrängt die angebotenen Waren begutachten wollten und auch das Gespräch mit den Händlern, Bauherrn und vor allem den vielen Walkacts suchten, die in den Marktstraßen unterwegs waren.

    Die Stimmung war einfach entspannt bei dunklem König Ludwig Bier oder einem Cidre im Handwerkerbereich. Die ganz Mutigen durften die dazugehörige Flasche sogar eigens mit einem Säbel köpfen, um nachzuvollziehen, weshalb schon 400 vor Christus der griechische Philosoph Herodot oder der römische Autor Plinius von dem erfrischenden, weil gut gekühlten und fruchtigen Schaumwein schwärmten, dem andererseits ein Militärarzt „heilende Kraft“ attestierte. Mit dem Cidre ist es offenbar wie mit der Gauklernacht: Jeder findet darin das, was er gerne finden möchte.

    Dafür sorgt die bunte Vielfalt des Marktangebots. Etablierte Mitwirkende wie der Köhler etwa, der immer wieder neue Ideen mit nach Kaltenberg bringt. So präsentiert er neben seinen schon von Weitem geruchstechnisch wahrnehmbaren Kohlenmeilern in den Wohnräumen der Köhlerei einen von ihm handgestickten Wandteppich. Im Stile des Teppichs von Bayeux – eines der bemerkenswertesten Bilddenkmäler des Hochmittelalters, auf dem die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm den Eroberer dargestellt ist – hat er seinen eigenen Werdegang auf Schloss Kaltenberg festgehalten und nun den Köhlereiwohnraum damit dekoriert.

    Zum ersten Mal in bayerischen Landen ist dagegen Weltenbummler Andy Dunker, dessen Steinskulpturen zwar nicht der hehren Steinmetzkunst entspringen, sondern in von ihm gefertigten Gussformen das Licht der Neuzeit erblickten. Dem früheren Tauchlehrer, der lange in Ägypten lebte, geht es allerdings vielmehr darum, den jüngsten Mittelalterfans den Umgang mit dem Naturmaterial zu vermitteln. Der Kindersteinmetz aus Paris, der zusätzlich ein Atelier im Elsaß betreibt und „auf allen wichtigen Mittelaltermärkten“ vertreten ist, freut sich, auch in Kaltenberg vertreten zu sein: „Das Ritterturnier ist Europas führende Veranstaltung und hat einen legendären Ruf.“ Sprachs und setzte sich wieder zu den Kindern, die, mit eher neuzeitlich, aber unverzichtbaren Schutzbrillen ausgerüstet, über ihren Steinklötzen sitzen und mit einer Engelsgeduld denselben mit Hammer und Mini-Meisel zu Leibe rücken.

    Es sind diese beiden Aspekte – Interaktion und Verjüngung – die Prinz Heinrich für die Gauklernacht 2015 wichtig waren. Dieses Ziel scheint erreicht, wie sich an einem über alle Maßen gefüllten Platz vor der Rabenbühne zeigt, als Corvus Corax zur Sache kamen. Die Mittelalter-Rocker aus Berlin begleiteten in diesem Jahr erstmals das große Musikfeuerwerk live mit ihrer Musik, die sie speziell für diesen Höhepunkt der Gauklernacht geschrieben hatten. Nur schade, dass die nicht überall zu hören war, da so der Effekt für das Musikfeuerwerk für diejenigen verloren ging, die nicht bis zum zentralen Arenavorplatz vorgedrungen waren.

    Der Stimmung hats nicht weiter geschadet, da nicht jeder unbedingt ein Fan dieser Lichtershow am Firmament ist. Die Gauklernachtprofis nutzen sogar eher exakt jene 15 Minuten, in denen sich der Run auf das Sitzplatzangebot in den vielen anderen Arealen vorübergehend etwas entspannt. Schnell ein dunkles Bier, ein Radler oder Wein und was sonst noch alles angeboten wird, ergänzt durch eine gerupfte Sau – für die Jüngeren wurde die gängigere Bezeichnung „pulled pork“ auf der Angebotstafel hinzugefügt – und die Gauklernacht hätte ewig dauern können.

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