Lichtgestalten oder Licht gestalten? Womöglich beides? Das Thema war vorgegeben. Der Anlass ebenso: Die Künstlergilde hat einen Preis ausgelobt, bayernweit. Der übergeordnete Rahmen: Das 250. Todesjahr des Dominikus Zimmermann, dieses großen Gestalters des Lichts, des Stuckateurs und Baumeisters, der mit Licht und Schat-ten gespielt hat und so bewusst Illusionen erzeugt hat. Dominikus Zimmermann wirkte in diesem Zusammenhang also tatsächlich gleichzeitig als Lichtgestalt und Lichtgestalter. Was würden moderne, zeitgenössische Künstler aus diesen Vorgaben machen? Ein schön gewähltes Thema, dass ein wunderbar weites Interpretationsfeld bot.
Mehr als 300 Werke aus allen Gegenden Bayerns wurden eingereicht, so Petra Ruffing, die erste Vorsitzende der Künstlergilde auf der Vernissage vergangenen Sams-tag. 57 davon hat die überregionale Jury – einberufen von der „Künstlergilde Landsberg Lech Ammersee“ – ausgewählt und präsentiert sie noch bis zum 19. Juni in der Säulenhalle neben dem Stadttheater. Kulturbürgermeister Axel Flörke führte gewohnt wortgewandt in die Ausstellung ein, Jurymitglied Norbert Kiening (vom Vorstand des Berufsverbands bildender Künstler Schwaben und Augsburg) sprach die Laudatio auf die beiden Preisträger. Das musikalische Rahmenprogramm gestaltete das Gitarrenensemble der Musikschule Landsberg unter Leitung von Lothar Kirsch.
Mehr als hundert Gäste füllten die Säulenhalle und konnten eine überraschend vielfältige Ausstellung bestaunen: Gegenständliche und abstrakte Malerei, klassische und experimentelle Fotografie sowie die unterschiedlichsten dreidimensionalen Kunstwerke. Da gab es eine lichte Wand aus hunderten von alten Brillengläsern, ein Ensemble aus mehr als tausend Fahrradreflektoren, da strahlte ein Junge als Idol (denn ist man mit 16 nicht der alleinige Mittelpunkt der Welt?), dann wiederum fehlte die Lichtgestalt komplett und war doch ganz präsent. Da gab es Wasser-Lichtreflexe in Öl, silbern gewobene Mosaike, gleißendes Sonnenlicht auf einem See und ein friedli-ces Birkenwäldchen. Wirklich alle Künstler spielten auf vielfältige Art und Weise mit dem Thema Licht, sei es inhaltlich, gestalterisch oder formalästhetisch.
Eine besondere Würdigung erhielten zwei Künstler: Monika Supé aus Hohenschäftlarn und Stephan A. Schmidt aus Kempten durften sich jeweils über den mit 2000 Eu-ro dotierten ersten Preis in den Kategorien dreidimensionale beziehungsweise zweidimensionale Kunst freuen.
Die promovierte Architektin Monika Supé hat ein Meisterwerk aus filigranen Drähten geschaffen. Eine große weiße Platte, weiß getünchte Drähte: Was zunächst unspektakulär und willkürlich erscheint, erhält durch zwei weiße Lampen, ebenfalls im Bild installiert und punktgenau ausgerichtet, eine unvermutete Räumlichkeit und Präsenz. Erst das Licht modelliert einen Raum und die Schatten der Drähte wiederum erzeugen die – nunmehr zweidimensionale – Zeichnung eines Frauenrückens, dessen Original der Kunstkenner schnell als das des französischen Malers Ingres identifiziert. Ein perfektes Lichtspiel, eine perfekte Illusion. Ein Hinweis auf die Tatsache, dass Nichts so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint? Und in der Tat interessiert sich die 49-jährige Künstlerin besonders für die wahrnehmungspsychologische Seite der Kunst. Körper und Raum, das sei ihr Thema, räumliche Materie, die mittels Licht und Schatten, Illusionen erzeugt. Die Herstellung dieses filigranen Werkes, so erzählt Supé im Gespräch, sei äußerst mühsam, ein Geduldspiel, wie eine aufwendige Uhrmacherarbeit. Allein dieses perfekte Kunstwerk, so sei an dieser Stelle angemerkt, ist einen Besuch der Ausstellung wert.
Auch Stephan A. Schmidts Fotografie mit dem Titel „keiner von euch“ spielt mit einem weiteren berühmten Werk: Leonardos Abendmahl.
Ein dunkler Raum, elf Jungen und ein Mädchen sitzen an einem schwarzen langen Tisch. Ihre Gesichter sind einzig und allein beleuchtet durch den Schein ihrer Handys, auf die sie starren. Der Platz, an dem Jesus sitzen würde, ist leer. Eine zeitkritische Auseinandersetzung mit fehlenden Werten, mit der Technikgläubigkeit der heutigen Gesellschaft? Gefragt nach seiner eigenen Interpretation, erzählt der 49-jährige Künstler die Reaktion eines 10-jährigen Jungen auf sein Bild: Jesus sei eben das Ladegerät holen. Ein alter Meister, modern und medienkritisch interpretiert. Ebenfalls eine gute Wahl der Jury.
An den beiden letzten Tagen der Ausstellung, am 18. und 19. Juni, dürfen Besucher über das ihrer Meinung nach beste Kunstwerk abstimmen. Der Publikumspreis, dotiert mit 300 Euro, wird auf der Finissage am 19. Juni um 17 Uhr vergeben.
Info Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 14 bis 20 Uhr.