Kann der Panther Sünde sein? Dieser Frage stellten sich ganz unterschiedliche Gesprächspartner bei einer Podiumsdiskussion unter Moderation der Journalistin Karla Schönebeck am Samstag im Landratsamt: ein Motto in Anspielung auf das Zarah-Leander-Chanson „Kann denn Liebe Sünde sein“ und die politische Gesinnung des Bildhauers Fritz Behn, der den Panther in den 1930er-Jahren schuf. Bevor die politische Relevanz der Tier-skulptur durchleuchtet wurde, referierte Wolfgang Hauck, Gründer des Vereins „die KunstBauStelle“, über die bisherigen Ergebnisse des Projekts „Der schwarze Panther im Inselbad“. Wie mehrfach im LT berichtet, erforschen Jugendliche die Herkunft der Panther-Plastik.
Wer in den vergangenen Jahrzehnten in Landsberg aufwuchs, für den ist der Panther Kindheits-Alltag – für die Älteren direkt nach dem Krieg noch als beliebtes Bildmotiv vor dem Mutterturm in Landsberg, auf dem die lieben Kleinen platziert wurden – für die etwas Jüngeren ab den 1970-er Jahren als Skulptur im Inselbad, auf der man sitzt oder das Handtuch aufhängt.
Wer wie Wolfgang Hauck später in die Lechstadt gezogen ist, der wundert sich jedoch – „da stimmt was nicht zusammen“ – und fragt sich, warum gerade eine künstlerische Bronzestatue in einem Freibad steht. Dem gingen und gehen die Projektteilnehmer nach, auch mithilfe der Landsberger Bevölkerung, die mittels Fotos und Erinnerungen Erhellendes beisteuerte. So wurde klar, dass die Plastik im 1937 eröffneten Fliegerhorst Penzing aufgestellt war. Den näheren Zusammenhang weiß auch Oberst Daniel Draken, der Kommodore des Lufttransportgeschwaders 61, nicht, denn das damals dort stationierte Kampfgeschwader 51 habe auch Edelweiß-Geschwader geheißen und sei somit kaum mit einem Panther in Verbindung zu bringen.
Fotos zeigen den Panther an verschiedenen Standorten im Fliegerhorst. Dass dort mehrere derartige Skulpturen aufgestellt waren, dafür gibt es aber keinen Beleg. Hauck erläutere dazu, dass die Recherchen in einer Gießerei ergeben haben, dass solche großen Plastiken nicht einfach in Serie gegossen und vom Künstler dann noch bearbeitet werden konnten. Die wie berichtet in Köln stehende identische Panther-skulptur von Fritz Behn wurde schon 1920 gefertigt. Die jungen Forscher stießen jedoch auf eine weiteres historisches Detail: Ein Gipsabdruck des Panthers – er firmierte in der Ausstellungsliste als Leopard – war in der großen deutschen Kunstausstellung im Haus der Kunst in München von 1937 ausgestellt. 1945 wurde der Panther im Pfletschbräu untergebracht, ab Ende der 1960er-Jahre ist er auf Fotos vor dem Mutterturm zu finden und ab 1972 im umgebauten Inselbad.
Die große deutsche Kunstausstellung hatten die Nationalsozialisten 1937 als Kontrapunkt zur Ausstellung „Entartete Kunst“ gesetzt und damit gelangt die Diskussion an die eingangs gestellte Frage „Kann der Panther Sünde sein“, beziehungsweise handelt es sich um Nazikunst? Der Historiker Dr. Joachim Zeller setzt sich in seinem Buch, „Wilde Moderne“ mit dem Künstler Fritz Behn auseinander. Bei der politischen Einstellung des Künstlers gibt es für den Biografen nichts zu deuteln: Er sei Kolonialrassist, Monarchist, Republikgegner und Faschist gewesen, der in Mussolini den starken Mann gesehen habe. Hitler gegenüber sei er skeptisch gewesen. Laut Zeller hat er von den Nationalsozialisten auch keine großen Aufträge bekommen.
Damit sei aber nicht die Frage beantwortet, ob er Nazi-Bildhauer gewesen sei. Eine Frage, die Zeller in seinem Buch bei vielen Kunstwerken des Bildhauers verneint. Die Nationalsozialisten hätten die figurative, konservative Bildhauerkunst vereinnahmt. Einer Arbeiterstatue, die Behn 1936 schuf, attestiert Zeller eine „gebrochene Heroik“, womit der Figur jenes „kriegerisch-aggressive Pathos“ fehle, das für monumentale NS-Staatsplastik kennzeichnend sei. Fritz Behn sieht er in der gemäßigten Moderne angesiedelt, die sich nicht zur Abstraktion entwickelt habe. Behn habe in Afrika sein Arkadien gesucht, die Kunst Afrikas und Ozeaniens aber verachtet. Für Zeller gehört der schwarze Leopard in den Kontext kolonialer Kunst. Der Panther habe nicht der Propaganda der Nationalsozialisten gedient, meint der Präsident der Stiftung Europäische Holocaust-Gedenkstätte, Manfred Deiler. „Das ist keine Blut-und-Boden-Optik.“
Bleibt die Frage, wie mit der bronzenen Raubkatze weiter umgehen? Zeller schlägt eine Informationstafel vor, die sich kritisch mit Fritz Behn beschäftigt. Für den Historiker wäre eine Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe Deutschlands, von dem wenige wissen, wichtig. Für Hauck ist der Panther einzigartig insofern, als er als Skulptur nicht im Museum steht, sondern mitten im Freibad, eine Plastik, die umarmt werden kann. Unabhängig davon, wer der Künstler ist und in welcher Zeit sie entstanden ist, habe die Zeit etwas herausgebildet: „Es ist eine Identifikationsfigur, die in Landsberg geliebt wird. Norbert Köhler ist als Chef der Stadtwerke Eigentümer des Panthers. Man stehe vor der Neuplanung des Bades, erzählt er. Und Köhler glaubt, dass der Panther auch im neuen Bad seinen Platz finden wird.