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Landsberg: Wohnen: Gospelchor will in Landsberg gemeinsam alt werden

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Wohnen: Gospelchor will in Landsberg gemeinsam alt werden

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    Pit Hinze zeigt das Modell für das Wohnprojekt des Landsberger Gospelchors „the sweet 60s“. Entworfen wurde es von Burkhardt-Architekten.
    Pit Hinze zeigt das Modell für das Wohnprojekt des Landsberger Gospelchors „the sweet 60s“. Entworfen wurde es von Burkhardt-Architekten. Foto: Julian Leitenstorfer

    Sie singen gemeinsam und haben dabei schon einiges erlebt. Für viele von ihnen ist der vor zwölf Jahren gegründete Landsberger Gospelchor „the sweet 60s“ so etwas wie eine zweite Familie geworden. Nun wollen 15 Chormitglieder einen ungewöhnlichen Schritt wagen. Damit sie auch im hohen Alter viel Zeit mit ihren Freunden verbringen können, planen sie ein innovatives Wohnprojekt. Unsere Zeitung hat mit Pit Hinze, einem der Initiatoren, über das Vorhaben gesprochen.

    „Der gesellschaftliche Wandel ist oft mit einer zunehmenden Vereinsamung im Alter verbunden“, sagt der 66-jährige Pit Hinze aus Eching. Neue und kreative Wohn- und Pflegeformen, die den veränderten Ansprüchen gerecht werden, seien deswegen gefragt. Das von einigen Chormitgliedern gegründete Wohnprojekt „Green House – Wohnen in Gemeinschaft“ könnte laut Hinze durchaus Modellcharakter haben.

    Das Leben aktiv mitgestalten und genießen, so lange es geht

    Die am Projekt beteiligten Personen sind alle über 60 Jahre alt. Nicht alle hätten die Sicherheit einer Familie im Hintergrund. Zum Teil leben sie alleine, wie Pit Hinze sagt. „Wie, wo und mit wem möchte ich wohnen – bis zuletzt? Nicht alleine, sondern in Gemeinschaft mit befreundeten Menschen. Sich gegenseitig unterstützen und helfen – einfach füreinander da sein. Das Leben aktiv mitgestalten und genießen, so lange es geht“, bringt die 68-jährige Renate Schmid die Gedanken ihrer Mitstreiter zum Ausdruck.

    Sänger des Gospelchors "the sweet 60s" wollen im Alter auch gemeinsam unter einem Dach wohnen.
    Sänger des Gospelchors "the sweet 60s" wollen im Alter auch gemeinsam unter einem Dach wohnen. Foto: Romi Löbhard/Archiv

    So entstand bei der Abschiedsfeier des Chorgründers Charles B. Logan die Idee vom gemeinsamen Wohnen und Leben in einer altersgerechten Wohnanlage. Seit Beginn ist der für ökologisches Bauen bekannte Überlinger Architekt Hans-Peter Burkhardt in die Projektentwicklung involviert. Sein Modellentwurf, der fast an ein luxuriöses Ferienhotel erinnert, sei von den Initiatoren sofort begeistert angenommen worden.

    Das "Green House" soll auch zum Konzertsaal werden können

    Herzstück und Namensgeber des in V-Form entworfenen Bauwerks ist das „Green House“ (Gewächshaus) im Zentrum der Anlage – eine überdachte Glaslobby über die gesamte Gebäudehöhe. Wie eine Oase wirkt der lichtdurchflutete Raum. Wasserfall, Palmen, Sitzecken, Feuerstellen und Kochnischen bieten das Ambiente für Begegnungen. Für Chorproben, Konzerte und Veranstaltungen kann das „Green House“ zu einem Konzertsaal mit bis zu 300 Plätzen umfunktioniert werden. Um das Foyer sind weitere Räume angeordnet, die für Aktivitäten wie Seminare, Fitnesstraining, Yoga, Physiotherapie oder als Hobbywerkstatt genutzt werden können.

    Für den angrenzenden Wohnbereich sind etwa 40 bis 60 Wohneinheiten mit unterschiedlichen Größen geplant. Von der Mikrowohnung bis zur Drei-Zimmer-Wohnung sind alle Einheiten mit eigener Küche ausgestattet und sollen den Bewohnern die nötige Rückzugsmöglichkeit bieten, sagt Pit Hinze. Nach dem Motto „Gemeinsam statt einsam“ sei es das Ziel, den Chormitgliedern, aber auch alleinerziehenden und alleinstehenden jungen Menschen bezahlbaren Wohnraum in einer Gemeinschaft zu bieten. Mit Blick auf das Alter mancher Bewohner seien die Wohnungen barrierefrei konzipiert, sogar im Pflegefall wäre die notwendige Versorgung gewährleistet. Ein Café und tageweise vermietete Räume für Arzt, Pflegedienst und Friseur liefern die Grundversorgung in der Anlage.

    Freiheit, Solidarität und Mitbestimmung

    „Als Geschäftsform soll eine Genossenschaft gegründet werden“, sagt Pit Hinze. Werte wie Freiheit, Solidarität und Mitbestimmung seien Bestandteile des Konzepts. Die Finanzierung des Projekts werde durch die Ausgabe von Genossenschaftsanteilen an Bewohner und Geldanleger sowie durch Bankdarlehen gesichert. Das Vorhaben werde als „Fair-Trade-Projekt“ betrieben, wonach alle Leistungen der Planenden und Bautätigen ohne Gewinnaufschläge berechnet werden.

    „Das Besondere an dem Projekt ist aber, dass die zukünftigen Bewohner jeweils einen gewissen Prozentsatz ihrer individuell geplanten Nettowohnfläche zugunsten der Gemeinschaftsflächen abtreten“, sagt Pit Hinze. Jeder verzichte so auf einige Quadratmeter seiner Wohnung, um im Gegenzug ein paar 100 Quadratmeter an Gemeinschaftsfläche zu gewinnen. So soll genau das ermöglicht werden, was unmöglich scheint: Alleine leben, ohne allein zu sein; eingebettet in den Schutz der Gemeinschaft.

    Eine wichtige Voraussetzung fehlt noch

    „Bei alternativen Wohnformen dieser Art geht es darum, ein Gleichgewicht zwischen Individualität und Gesellschaft, zwischen selbstbestimmtem Rückzug und Gemeinschaftlichkeit zu schaffen“, sagt Architekt Hans-Peter Burkhardt. Dies müsse in der Architekturform ablesbar sein. Auf Burkhardts Referenzliste realisierter Bauprojekte stehen unter anderem diverse Wohn-, Alten- und Pflegeheime. Mit seinen 78 Jahren ist er laut Hinze selbst Beweis dafür, dass ein aktives Leben bis ins hohe Alter jung und fit hält. Chorgründer Charles B. Logan habe immer gesagt: „Erst das Gefühl von Wertlosigkeit und Ausgrenzung macht die Herzen der Menschen alt.“

    Für Pit Hinze ist das Wohnprojekt weit mehr als eine Senioren-WG. Die Bewohner könnten sich gegenseitig unterstützen, Unternehmungen initiieren oder an Projekten des Gemeinschaftsbetriebs mitwirken. Fehlt nur noch ein passendes Grundstück mit etwa 4500 bis 6000 Quadratmetern in oder im nahen Umkreis von Landsberg.

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