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Landsberg: Wie es sich auf einer Baustelle in der Altstadt lebt

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Wie es sich auf einer Baustelle in der Altstadt lebt

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    Einige Bewohner der Neubauten in der Brudergasse in Landsberg leben in Unsicherheit. Die Häuser sind zum Teil noch nicht fertig und der Bauträger hat Insolvenz beantragt.
    Einige Bewohner der Neubauten in der Brudergasse in Landsberg leben in Unsicherheit. Die Häuser sind zum Teil noch nicht fertig und der Bauträger hat Insolvenz beantragt. Foto: Thorsten Jordan

    Der Bauherr stellt einen Insolvenzantrag und keines der Häuser ist fertig. Die Bewohner der neuen Gebäude in der Brudergasse haben es nicht leicht. Sie stehen seit Wochen im Fokus. Nun meldeten sich einige von ihnen auch beim LT zu Wort. „Wir haben nichts falsch gemacht und leben seit Monaten mitten auf einer Baustelle in der Altstadt. Das ist sehr schwer“, sagen sie im Gespräch.

    Denn zwei Familien wohnen bereits in den Häusern. Sie hatten die neue Immobilie gekauft und mussten ja irgendwann aus ihren alten Häusern ausziehen. „Wir hatten gekündigt, es hieß ja, dass wir bereits 2017 einziehen können“, so die Käufer. Derzeit sind alle Wohnungen ohne Heizung, denn die gibt es in dem Gebäudekomplex noch nicht. Eine Lösung für die Käufer ist derzeit noch nicht in Sicht, denn der Bauherr hat einen Insolvenzantrag gestellt. „Wir haben Kredite am Laufen, um die Wohnungen zu finanzieren. Das wollten wir mit Mieteinnahmen finanzieren. Aber wir dürfen sie jetzt gar nicht vermieten, solange die rechtliche Situation nicht klar ist“, sagen die Käufer, die die Wohnungen vermieten wollten.

    Der Kommentar zum Thema: Brudergasse: Die Käufer zeigen Mut

    Für einige Besitzer droht der Traum vom Eigenheim zum Albtraum zu werden

    Die Wohnungs-Käufer Karin Federl, Martina Lewis, Christian und Ursula Karner und Elke Weingartner beantworteten die Fragen unserer Zeitung. Sie sind enttäuscht. Die Karners haben sich mit der Wohnung am Mühlbach auch einen Traum erfüllt. „Ein Traum, der uns sehr viel Nerven, Zeit und Geld kostet“, sagen sie. Alle waren sich beim Kauf der Wohnungen sicher, dass sie in eine gute Anlage investieren. „Die Bank hat das Projekt vermarktet. Wir haben nicht blind gekauft, uns wurde gesagt, das Projekt ist solide finanziert und wirft Gewinn ab“, so Karin Federl. „Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht.“

    Eigentlich sollten die Wohnungen schon längst bewohnbar sein. Termine waren 31. Dezember 2016 oder März 2017. Doch auf den Balkonen steht das Wasser und der Aufzug funktioniert nicht. Als die Karners am 15. Januar 2018 einzogen, stellten sie fest, dass etwas Wichtiges im Haus fehlt: die Heizung. „Der Projektleiter hat uns damals gesagt, dass alles in Ordnung ist. Es würde nur noch ein kleines Teilstück fehlen. Das Teilstück war die Heizung.“ Um überhaupt heizen zu können, musste man ein externes Heizmobil anschaffen. Im April habe man erfahren, dass man um die 30.000 Euro zahlen muss, damit es weiter stehen bleibt. „Zwei der Käufer haben die gesamte Summe für die Gemeinschaft gezahlt. Am nächsten Tag wurde die externe Heizung dann abgebaut, trotz Zahlung“, sagt Karin Federl dazu. „Seitdem gibt es keine Heizung mehr.“

    Keine Heizung, kein warmes Wasser

    14 Tage im April standen zwei Familien sogar ohne warmes Wasser da. Jetzt gibt es im Keller einen externen Boiler. Das größte Problem sei jetzt, schnell eine Heizung vor dem Winter zu bekommen. Ein Gasanschluss wurde von den Käufern beantragt, dauere aber laut Stadtwerke bis zu 20 Wochen. „Wir müssen alles selbst machen,“ so Federl. „Und wir wollen wieder ein externes Heizmobil beschaffen.“ „Wir sind froh, dass wir so eine gute Gemeinschaft haben und uns gegenseitig helfen“, ist man sich in der Gruppe der Käufer einig.

    Der Projektleiter, er ist inzwischen nicht mehr bei der VALL GmbH (Projektgesellschaft Vorderer Anger/Brudergasse) beschäftigt, habe in den Gesprächen viel zugesagt, doch es sei nicht viel passiert. „Wir wurden kaum informiert, hatten keine Ahnung, wie es weitergeht. Monatelang. Der Lieblingsspruch des Projektleiters war ’es bleibt spannend’“, sagt Martina Lewis. Das hört sich für die Käufer inzwischen sehr zynisch an. Lewis: „Wir hatten immer noch die Hoffnung, dass der Bauherr uns nicht im Regen stehen lässt, aber so langsam verlieren wir diese Hoffnung.“

    Der Bauherr antwortet zum Teil nicht mehr

    Das einzige Angebot, das sie von der VALL GmbH bekommen hätten, sei Folgendes gewesen: „Entweder alle zahlen rund 36 bis 40 Prozent mehr oder man mache eine komplette Rückabwicklung, bei der die Käufer die Kaufsumme zurückbekommen hätten, aber keinen Ersatz bekommen für die Eigenleistungen, die sie inzwischen geleistet haben. „Das wollten wir so nicht“, so Christian Karner. Die Bewohner der Häuser in der Brudergasse hoffen nun, dass ein Insolvenzverfahren Klarheit bringt. „Wir wollen unsere Häuser behalten.“

    Zahlreiche Briefe oder E-Mails an den Bauherren seien unbeantwortet geblieben, so die Gruppe. So habe man auch darauf aufmerksam gemacht, dass das Haus im Vorderanger 213 nicht abgesichert sei. „Was jeder sehen kann, denn beim Gebäude liegt derzeit die Wetterseite des Altbaus offen, es regnet in das Haus und Tauben fliegen ein und aus. Bislang wurde nichts in Sachen Gebäudeschutz unternommen“, heißt es in einem Schreiben an den Bauherren.

    Probleme bereitete der alte Friedhof

    Laut Anwalt Joachim Feller – er vertritt die VALL GmbH – ist das Insolvenzverfahren bereits vom Bauherren in die Wege geleitet worden. Feller erläuterte, dass das Bauvorhaben vor allem wegen der Ausgrabungskosten für einen alten Friedhof aus dem 17. Jahrhundert in die „finanzielle Schieflage“ geraten sei (LT berichtete). Ansprechpartner für alle Käufer werde nun ein Insolvenzverwalter sein.

    In den Häusern an der Brudergasse sollte viel Neues entstehen. Im Haus beim Mühlbach befinden sich große Wohnungen zwischen 110 und 150 Quadratmetern und eine kleinere Wohnung. Niedriger ist das Haus zwei entlang der Brudergasse mit einem geplanten Gasthaus im unteren Bereich. Oben sind zwei Wohnungen eingeplant. Haus drei ist das ehemalige Atelier- und Ausstellungsgebäude. Das Haus vier (das ehemalige Bestandshaus) am Vorderanger 213 soll künftig einen Laden und elf barrierefreie Wohnungen beherbergen.

    Jetzt ist der Insolvenzverwalter der Ansprechpartner

    Warum die Bauplanung so in die finanzielle Schieflage geraten ist? Die 800.000 Euro für die Ausgrabungen (die Gebäude stehen auf einem alten Friedhof und das Denkmalschutzamt ließ zuerst die Skelette ausgraben) sollen nur ein Teil der Summe sein, mit der das Unternehmen in Schieflage geraten ist. In Besprechungen mit dem Bauherren sei von einer weitaus höheren Summe, nämlich von zwei Millionen, die Rede gewesen.

    „Wir haben viel Freizeit geopfert, auch um Angebote an den Bauherren zu machen und hätten rund 1,2 Millionen zusammengebracht mit den restlichen Zahlungen, um das Projekt zu retten, aber wir haben es nicht geschafft“, so Karner.

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