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Landsberg: So erlebt die Leiterin des Gesundheitsamts Landsberg die Corona-Zeit

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So erlebt die Leiterin des Gesundheitsamts Landsberg die Corona-Zeit

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    Dr. Birgit Brünesholz leitet das Gesundheitsamt. Im LT-Gespräch blickt sie auf die vergangenen Corona-Monate zurück.
    Dr. Birgit Brünesholz leitet das Gesundheitsamt. Im LT-Gespräch blickt sie auf die vergangenen Corona-Monate zurück. Foto: Julian Leitenstorfer

    Mitte März 2020 trat in Bayern wegen der Corona-Pandemie der Katastrophenfall ein. Das öffentliche Leben wurde stark eingeschränkt. Gut zwei Monate zuvor war in Kaufering der erste Corona-Infizierte in Deutschland bekannt geworden. Seither hat das Coronavirus unser Leben verändert. In einer Serie erzählen uns jeden Monat Menschen aus dem Landkreis Landsberg, wie sie die Corona-Krise erlebt haben. Heute: Dr. Birgit Brünesholz, die das Gesundheitsamt leitet.

    In einem recht unscheinbaren Gebäude, gegenüber der Notaufnahme des Landsberger Klinikums, laufen beim Kampf gegen das Coronavirus die Fäden zusammen. Dort ist das Gesundheitsamt untergebracht. Dessen Stammpersonal hat sich in der Pandemie verdoppelt und wird von knapp 100 weiteren Mitarbeitern unterstützt, darunter abgeordnete Beamte und Soldaten. Viele von ihnen, auch sie selbst, arbeiteten seit Monaten am Limit, sagt Amtschefin Dr. Birgit Brünesholz.

    Eine Krise, die unglaubliche Lebenserfahrungen beschert

    Seit gut einem Jahr bestimmt die Pandemie den Arbeitsalltag des Gesundheitsamts. Die Krise sei „kräftezehrend“, sagt Birgit Brünesholz, seit April offiziell Leiterin. Allerdings ziehe sie aus ihr auch „unglaubliche Lebenserfahrungen“. Für das Gesundheitsamt gab es auch eine Zeit vor Corona. Doch die erscheint der 53-Jährigen ziemlich weit weg. Zu den Hauptaufgaben der damals 15 Mitarbeiter – unter anderem Ärzte, Hygienekontrolleure und Sozialpädagogen – gehörten etwa Einschulungsuntersuchungen, die Schwangeren-Konfliktberatung oder die Überwachung der Trinkwasserversorgung. „Die Aufgaben vor der Pandemie waren vielfältig, aber klar definiert“, sagt Brünesholz. Im gesamten öffentlichen Gesundheitsdienst sei in der Vergangenheit die Tendenz eher dahin gegangen, Personal einzusparen.

    Das Gesundheitsamt befindet sich in einer Außenstelle des Landratsamts am Klinikum in Landsberg.
    Das Gesundheitsamt befindet sich in einer Außenstelle des Landratsamts am Klinikum in Landsberg. Foto: Julian Leitenstorfer

    Heute ist das Gesundheitsamt in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter denn je, denn es ist auch für den Infektionsschutz zuständig. Normalerweise bedeutet dies, schnell zu reagieren, wenn in Einrichtungen übertragbare Erkrankungen wie Noroviren auftreten. Es gab laut Brünesholz auch Notfallpläne für gravierende Vorkommnisse wie einen Ebola-Ausbruch. Allerdings hätte die vorhandene Basisausstattung an Schutzkleidung und FFP2-Masken längst nicht ausgereicht, um gegen eine monatelange Ausnahmesituation anzukämpfen.

    Der erste in Deutschland bestätigte Corona-Fall fällt in Brünesholz' Zuständigkeit

    Ein Tag Ende Januar 2020 bedeutete schließlich eine Zäsur. Ein Mitarbeiter eines Automobilzulieferers im Landkreis Starnberg hatte sich bei einer aus China angereisten Kollegin mit dem Coronavirus angesteckt – der erste bestätigte Fall in Deutschland. Birgit Brünesholz kann sich noch erinnern, wie sie abends aus den Nachrichten davon erfuhr. Am nächsten Morgen der Schock: Per Fax kam die Mitteilung, dass der Infizierte aus Kaufering kommt. Im Gesundheitsamt, das sie damals kommissarisch leitete, herrschte helle Aufregung. Es gab noch keine Richtlinien, wie auf einen positiven Corona-Fall zu reagieren ist. Was auf Brünesholz und ihr Team in den nächsten Monaten noch zukommen würde, ahnte sie damals nicht. „Ich habe zunächst mit Einzelfällen gerechnet und geglaubt, dass das Ganze wieder abflacht.“ So wie es zuvor bereits bei anderen Coronaviren gewesen sei, die in Deutschland zirkuliert waren.

    Gerade in der Anfangszeit sei im Gesundheitsamt viel improvisiert worden. Kontaktpersonen wurden erst in einem kleinen Zimmer getestet – gemäß der damaligen Vorgaben ohne die nun üblichen Ganzkörper-Schutzanzüge. Später diente ein ehemaliges Stillcafé im Keller als Teststation, bevor Zelte des BRK aufgestellt wurden. In den Faschingsferien, als Reiserückkehrer das Virus in den Landkreis brachten, wurde Brünesholz klar: Es handelt sich bei Corona um eine größere Geschichte. Das Virus wird sie noch länger beschäftigen.

    Das Gesundheitsamt hat über 100 Beschäftigte mehr als vor Corona

    Gut ein Jahr später ist Brünesholz für etwa 120 Mitarbeiter verantwortlich, von denen 29 zum Stammpersonal zählen. Rund 90 Soldaten, Lehrer, Finanzbeamte oder Neuangestellte im Contact Tracing Teams von Dr. Manuel Müller-Hahl helfen dabei, Kontakte nachzuverfolgen und Infektionsketten zu unterbrechen. Gerade im vergangenen Jahr sei der Durchsatz derart hoch gewesen, dass sie als Amtschefin teilweise gar nicht mehr alle Gesichter kannte, die ihr auf dem Gang begegneten. Es sei wichtig gewesen, klare Strukturen zu schaffen. Ihre Zeit als Oberfeldärztin bei der Bundeswehr in Altenstadt habe dabei geholfen. „Jetzt greift ein Rad ins andere.“

    Für die Mitarbeiter des Gesundheitsamts hat Brünesholz viel Lob übrig. „Sie verrichten ihren Dienst weit über das erwartbare Maß hinaus und sind auch abends oft lange da. Es hat sich ein Teamspirit entwickelt.“ Bevor nicht alles erledigt sei, gingen die Beschäftigten nicht nach Hause – auch deshalb seien die Fallzahlen im Kreis Landsberg relativ niedrig. Sie selbst komme seit Beginn der Pandemie kaum zur Ruhe, ist immer erreichbar. „Der Druck ist groß. Man muss immer aufpassen und akribisch arbeiten, damit nichts übersehen wird.“

    Manche Mitarbeiter sind schon in Tränen ausgebrochen

    Dennoch werden ihre Mitarbeiter oft angefeindet. „Wir bekommen häufig positive Rückmeldungen. Es gibt aber auch Personen, die ihren Unmut auf harsche Weise kundtun.“ Das sei belastend. Am Osterwochenende, als sie selbst Kontaktpersonen informierte, habe sie sich einiges anhören müssen. Manche seien bereits in Tränen ausgebrochen – deswegen sitzen nun vornehmlich erfahrenere Kollegen an den Telefonen.

    Wie sieht die Prognose der Medizinerin für die kommenden Monate aus? „Ich glaube, wir haben die dritte Welle gebrochen“, zeigt sich Brünesholz zuversichtlich. Das wünsche sie sich auch für die Kollegen. „Sie müssen jetzt dann alle mal durchschnaufen, damit wir für den Herbst gerüstet sind.“

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