Die verlustreichen Zinswetten, die die Stadt Landsberg in den 2000er-Jahren mit der Bank Hauck & Aufhäuser abgeschlossen hat, sind Spekulationsgeschäfte, sie sind damit nicht genehmigungsfähig und folglich unwirksam: Auf diese Argumentationskette baut die Stadt Landsberg und hofft, doch noch einem drohenden Millionenschaden entgehen zu können. Und auch jemand anders hofft: Der frühere Kämmerer Manfred Schilcher.
Für Manfred Schilcher sind nach der jüngsten Verhandlung in einem Prozess zwischen Bank und Stadt die Aussichten gestiegen, straffrei und ohne finanzielle Folgen aus der Affäre kommen zu können. Was am Dienstag vor dem Landgericht München I vom Vorsitzenden Richter Peter Falk ausgeführt wurde, hat auch Joachim Feller, der Anwalt von Manfred Schilcher, mit Interesse zur Kenntnis genommen. Wenn Falks Feststellungen am 13. April auch in ein Urteil münden, würde das bedeuten, dass die Stadt die von der Bank geforderten 5,88 Millionen Euro Verlustausgleich nicht bezahlen muss. Voraussetzung dafür wäre, dass das Gericht – wie angedeutet – die Derivat-Geschäfte der Stadt mit der Bank von vorneherein als unwirksam erachtet, weil es sich nicht um kommunalrechtlich zulässige Zinsoptimierungsgeschäfte, sondern um Spekulationen gehandelt habe. Und diese wurden vom Landratsamt als nicht genehmigungsfähig beurteilt.
Kein Geschäft, kein Schaden, keine Untreue, keine Strafe
Ein solches Urteil in dem Zivilprozess zwischen Stadt und Bank wäre zwar kein zwingendes Präjudiz für das nach wie vor gegen den früheren Kämmerer Manfred Schilcher anhängige Strafverfahren wegen Untreue. Aber, so Joachim Feller, wenn das Geschäft nichtig wäre, würde daraus auch kein Schaden entstehen können und der Vorwurf der Untreue wäre nicht mehr zu halten. Wegen Untreue war Schilcher vor drei Jahren vom Landgericht Augsburg zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, was auch eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte. Außerdem machte die Stadt Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe gegen ihn geltend.
Die Bewährungsstrafe wurde 2019 vom Bundesgerichtshof aufgehoben, der Fall wurde an das Landgericht zurückverwiesen. Der aktuelle Stand ist, so Feller, dass Gespräche mit der jetzt zuständigen Kammer und der Staatsanwaltschaft geführt worden seien. Das Gericht habe ein neues Gutachten beauftragt, um zu klären, ob ein Schaden entstanden und bezifferbar sei.
Feller: Der Kämmerer durfte sich auf die Berater verlassen
Dieser Schaden könnte vom Tisch sein, wenn das Landgericht München I, wie angedeutet, die Zinswetten als unwirksam beurteilt. Damit würde die Klage des Bankhauses gegen die Stadt auf Zahlung von 5,88 Millionen Euro abgewiesen. Ziel im Schilcher-Prozess sei nun ein Freispruch, betont Feller. In diesem Fall – aber auch bei einer Einstellung des Verfahrens – dürften auch die noch im Raum stehenden beamtenrechtlichen Folgen für Schilcher erledigt sein. Was jetzt im Zivilprozess festgestellt wurde, sagt Feller weiter, habe man jahrelang im Strafprozess zu vermitteln versucht. Mit Blick auf die Mitarbeiter der Bank sagt er: „Die Stadt hat dem damaligen Kämmerer diese Berater an die Seite gestellt, und er hat sich auf diese verlassen dürfen. Das haben wir gebetsmühlenartig vorgetragen, doch das Gericht hat die Berater mit einer Einstellung des Verfahrens aus dem Prozess entlassen.“
Sein Mandant, berichtet Feller, versuche zwar, die jahrelangen Verfahren „mit stoischer Gelassenheit zu betrachten“. Doch er habe immer die Vernichtung seiner Existenz und den Verlust seiner Reputation vor Augen. Sollte die Affäre für Schilcher glücklich ausgehen, „würden wir uns sehr wünschen, wenn die Wiederherstellung seines Ansehens erfolgen und es zu einer Erklärung der Stadt kommen würde“.
Zunächst aber blicken die Anwälte der Stadt und des früheren Kämmerers auf den 13. April: An diesem Tag will das Landgericht München I sein Urteil verkünden. Ob damit die Auseinandersetzung zwischen Bank und Stadt ein Ende hat, ist offen. Die unterlegene Seite könnte die nächste Instanz anrufen. Und dann sind da auch noch die 2,55 Millionen Euro, welche die Stadt zunächst als Verlustausgleich an die Bank geleistet hat. Um dieses Geld zurückzufordern, hat die Stadt bereits eine Schadensersatzklage erhoben – gegen eine Tochterfirma der Bank, die die Stadt beraten hatte. Ob dieses ruhende Verfahren wieder in Gang gebracht wird oder ein neuer Prozess angestrengt wird, ist offen. Beraten worden sei die Stadt zwar von der Tochterfirma, die Geschäfte seien jedoch mit der Bank abgeschlossen worden, ergänzt Dr. Jochen Weck, der Rechtsanwalt der Stadt.
Ein neuer Aspekt im Landsberger Verfahren
Er weist noch auf einen weiteren für ihn wichtigen Aspekt des Landsberger Verfahrens hin: Während in früheren Prozessen um verlustreiche Zins-Swaps den Banken ein „Beratungsverschulden“ nachgewiesen werden musste, habe man in diesem Fall durch die vom Landratsamt nicht erteilte Genehmigung dieser Geschäfte bestätigt, dass solche Geschäfte unzulässig seien.
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