Im Prozess um eine zerstückelte Leiche vor dem Landgericht Göttingen hat sich am Dienstag erstmals der Angeklagte über seinen Verteidiger zu den Tatvorwürfen geäußert. In der von seinem Anwalt verlesenen schriftlichen Einlassung gestand der aus Landsberg stammende 29-Jährige, im Dezember 2017 an seinem damaligen Wohnort in Katlenburg-Lindau einen 37-jährigen Nachbarn getötet zu haben. Er habe allerdings nie das Ziel gehabt, dem 37-Jährigen das Leben zu nehmen. Vielmehr habe er diesem nur Angst machen wollen, damit dieser aufhöre, ihn weiter zu beleidigen. Die Tat tue ihm von ganzem Herzen leid und verfolge ihn bis heute.
Prozess: 37-Jähriger aus Landsberg soll seinen Mitbewohner getötet haben
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, den 37-jährigen Mitbewohner aus Mordlust getötet und später die Leiche zerstückelt und vergraben zu haben. Der Anklage zufolge soll er bereits während der Tat beabsichtigt haben, den 37-Jährigen zu schlachten und fachgerecht zu zerlegen. Ihm sei es darauf angekommen, einen Menschen sterben zu sehen und seine zuvor über eine okkultistische Vereinigung erworbenen Kenntnisse anwenden und das Zerlegen der Leiche zelebrieren zu können. Der Angeklagte wies dies zurück.
Lesen Sie dazu auch: Der mutmaßliche Mörder aus Landsberg hatte einen Helfer
Der Angeklagte hatte nach eigenen Angaben bis Sommer 2016 bei seiner Mutter in Landsberg gewohnt und war dann im September ins südniedersächsische Lindau gezogen. Er habe nach einer Trennung weit weg von der Heimat ein neues Leben beginnen wollen. Zuvor sei er im Internet auf einen esoterischen „Orden“ gestoßen. Der Gründer der obskuren Vereinigung hatte das Haus gekauft und gezielt Esoterik-Interessierte als Mieter angeworben. Er sei dann auch in den Orden aufgenommen worden. Bei Kerzenschein habe man sich das Versprechen gegeben, keinem anderen Menschen zu schaden.
Am Tatabend wurde viel Alkohol getrunken
Das 37-jährige, spätere Opfer zog rund ein Jahr später in das Haus ein. Nach Angaben des Angeklagten hatten sie unregelmäßigen Kontakt, meist verbunden mit Alkohol. Am Tattag habe er zunächst bei einem anderen Hausbewohner Alkohol getrunken, später hätten sie bei dem 37-Jährigen weiter getrunken. Seine Laune sei immer schlechter geworden, weil der 37-Jährige endlos diskutiert habe. Als dieser verbal ausfallend wurde, habe er ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Nach einem kurzen Moment hätten sie schweigend weitergetrunken. Als der 37-Jährige anfing, ihn und seinen Kumpanen zu beleidigen, habe er sich vor dessen Bett gestellt, ihm eine Schnur um den Hals gelegt und kurz zugezogen. „Er wehrte sich überhaupt nicht“, erklärte der Angeklagte. Der 37-Jährige habe nur kurz gezuckt und sei dann zur Seite gekippt. „Ich dachte, dass er bewusstlos ist.“ Als er bemerkte, dass sich der 37-Jährige nicht mehr bewegte, habe er in Panik die Wohnung verlassen.
Lesen Sie dazu auch: Prozess: Der mutmaßliche Mörder und das Geisterhaus
Am nächsten Morgen habe er gemeinsam mit seinem Freund bei dem 37-Jährigen geklingelt. Als ihnen endgültig klar wurde, dass dieser nicht mehr lebte, hätten sie beschlossen, den Leichnam zu vergraben. Sein Freund habe bei einem Spaziergang nach einem geeigneten Ort gesucht. Als sie bei Dunkelheit die Leiche abtransportieren wollten, hätten sie festgestellt, dass sie den Körper nicht heben konnten. Daraufhin hätten sie sich entschlossen, den Leichnam zu zerlegen. Ihm sei dabei übel geworden.
Zerstückelte Leiche: Mit Alkohol vertrieb der Angeklagte seinen Ekel
Um den Ekel zu betäuben, hätten sie immer wieder Wodka getrunken. Die Leichenteile hätten sie dann in Müllsäcke verpackt, zu dem Feld getragen und in ein ausgehobenes Loch gekippt. Anschließend hätten sie die Spuren in der Wohnung beseitigt. Danach habe er geduscht, sich erneut übergeben und solange betrunken, bis er eingeschlafen sei. Rund zwei Wochen später sei er zu seiner Familie nach Landsberg gefahren. Tagtäglich habe ihn die Tat verfolgt.
Acht Monate lang blieb die Tat unentdeckt, bis der Angeklagte sie selbst ans Licht brachte. Der 28-Jährige war im August 2018 nach einem Suizidversuch in Landsberg in eine psychiatrische Fachklinik eingewiesen worden, wo er die Tat beichtete.