Im Prozess um eine zerstückelte Leiche in Katlenburg-Lindau (Kreis Northeim) hat sich das Landgericht Göttingen jetzt mit der Rolle des zweiten Angeklagten beschäftigt. Der 25-Jährige soll dem 28-jährigen Hauptangeklagten aus Landsberg dabei geholfen haben, die Leiche des ermordeten 37-jährigen Wohnungsnachbarn zu vergraben. Außerdem soll er mit einer EC-Karte Geld vom Konto des Getöteten abgehoben haben. Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat ihn deshalb in zwei gesonderten Verfahren wegen Strafvereitelung und Diebstahls angeklagt.
Überwachungskameras filmten den Mann
Das Gericht hatte den 25-Jährigen zunächst als Zeugen geladen. Da sich niemand selbst belasten muss, machte der junge Mann keine Angaben zur Sache. Wie ein ebenfalls als Zeuge geladener Polizist berichtete, hat er jedoch bei einer früheren Vernehmung seine Beteiligung eingeräumt. Der 25-Jährige war unter anderem durch die Geldabhebungen ins Visier der Ermittler geraten. Auf den Fotos der in den Geldinstituten installierten Überwachungskameras war ein auffällig kleiner und schmächtiger Mann zu sehen, der die gleiche Statur hatte wie der direkte Wohnungsnachbar des Getöteten.
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Als die Polizei ihn damit konfrontierte, gab er sofort zu, Geld vom Konto des Opfers abgehoben zu haben. Er habe dem 37-jährigen Wohnungsnachbarn die EC-Karte zusammen mit dem Hauptangeklagten bei einem gemeinsamen Trinkgelage gestohlen. Von dem Mord habe er indes nichts gewusst. Er habe erst später aus der Zeitung erfahren, dass der 28-Jährige den Nachbarn getötet haben soll.
Die Ermittler kamen dem Mann auf die Spur
Auch durch die Auswertung des Chat-Verkehrs kamen die Ermittler zu dem Schluss, dass diese Version nicht stimmen konnte. Als sie ihn erneut vernahmen, erzählte der 25-Jährige auch eine andere Geschichte. Er habe den Hauptangeklagten aus Landsberg über einen okkulten „Orden“ kennengelernt. Nachdem beide in das von dem Ordensgründer erworbene Mehrfamilienhaus im südniedersächsischen Lindau eingezogen waren, seien sie „beste Freunde“ geworden. Sie hätten an Ritualen teilgenommen und sich auch über Kannibalismus ausgetauscht.
Die Staatsanwaltschaft wirft seinem 28-jährigen Freund vor, Anfang Dezember 2017 in dem Haus in Lindau den 37-jährigen Wohnungsnachbarn aus Mordlust getötet zu haben. Später habe er die Leiche zerstückelt und vergraben. Der 28-jährige Landsberger muss sich deshalb wegen Körperverletzung, Mord und Störung der Totenruhe verantworten.
Die Leichenteile waren in Plastiksäcke verpackt
Gegenüber der Polizei berichtete der 25-Jährige, dass sein Freund kurz nach der Tat zu ihm in die Wohnung gekommen sei und ihm erzählt habe, dass er „Scheiße gebaut“ und den Nachbarn „weggemacht“ habe. Der 28-Jährige habe außerdem das „erhabene Gefühl“ geschildert, mitzuerleben, wie jemand stirbt und „wie die Seele den Körper verlässt“. Den Angaben des Zeugen zufolge hatte der 28-Jährige bereits früher Gewaltfantasien. Auch bei einem Suizidversuch sei es ihm darum gegangen, wie sich das anfühlen würde, wenn man tot wäre. „Ich habe es endlich getan“, habe dieser nach der Tat gesagt.
Nach Angaben des 25-Jährigen wollte er seinem Freund helfen und verhindern, dass die Tat entdeckt wird. Gemeinsam hätten sie überlegt, wie man die Leiche beseitigen könnte. Nachdem sie mehrere andere Optionen verworfen hatten, habe er eine Schaufel besorgt und eine Stelle zum Vergraben gesucht. Etwa eine Woche nach der Tat hätten sie dort nachts gemeinsam ein Loch ausgehoben. Sein Freund habe dann die in Plastiksäcken verpackten Leichenteile geholt und in das Loch geschüttet. Er selbst sei am Zerstückeln der Leiche nicht beteiligt gewesen und habe dann beim Mondlicht gesehen, dass an den Leichenteilen Betonanhaftungen waren. Anschließend habe er geholfen, das Loch wieder zuzuschütten.
Später habe er aus der Wohnung des Getöteten den Computer und den Fernseher mitgenommen. Den PC habe er selbst genutzt, den Fernseher an einen Freund verkauft. Der 28-Jährige habe das Handy des Getöteten mitgenommen. (pid)