Startseite
Icon Pfeil nach unten
Landsberg
Icon Pfeil nach unten

Landsberg: Ein „katholischer Protestant“ geht fremd

Landsberg

Ein „katholischer Protestant“ geht fremd

    • |

    Man kennt ihn als durchaus streitbaren Autor mehrerer geschichtlicher Sachbücher wie etwa „Hitlers ,treueste Stadt’ – Landsberg am Lech 1933-1945“ oder etwa „Sinnlos in den Krieg gejagt“. Mit seinem neuesten Werk „Droben – drunter und daneben“ hat sich der Landsberger Historiker Dr. Hermann Kriegl aber einen lange gehegten Wunsch erfüllt, hat die Arbeit in verstaubten Archiven einmal beiseitegeschoben und seinen ersten Roman veröffentlicht. Das Titelbild stammt im Übrigen vom Landsberger Kunsterzieher Hans-Henning Lüßmann

    Natürlich geht es in seinem Erstling nicht ohne politische Einschübe und historische Zuordnungen ab, da kann Kriegl nicht aus seiner Haut. „Ich war aber gespannt, ob das auf diese Weise funktioniert und seine Leser findet“, verriet er im Gespräch mit dem LT. Denn eigentlich verträgt sich die Sachbuch-Methodik, die er einst gelernt und studiert hat, nicht mit der fiktiven, oft bunt schillernden Welt der Romane. Doch es war genau das, was Hermann Kriegl immer begleitete: Der Reiz des eigentlich Verpönten, einmal nur das niederzuschreiben, was einem durch den Kopf geistert.

    So kreierte er mit Anton Fuchsauer und Beate Pergler zwei Hauptfiguren, die er im Bayern der 1950er Jahre ihr bewegtes Leben aufnehmen lässt und bis zum heutigen Tage begleitet. Kriegl wäre aber nicht Kriegl, wenn er diese siebeneinhalb Jahrzehnte auch bayerischer Geschichte nicht mit einer gehörigen Portion Sozialkritik versehen würde. Da kann er nicht aus seiner Haut und das ist gut so. Das ganze garniert er mit jener Portion Humor und Würze, dass sich der Leser immer wieder ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

    Die Zeit im tief katholischen Chiemgau (Kriegl: „Ich verstehe mich als katholischer Protestant“) birgt die erste Überraschung. Nicht etwa der überall beliebte Anton, Klassensprecher in seiner Schule, der die Leute begeistern konnte, ist der Protagonist, der allzu gerne und leichtfertig den Verlockungen des schnöden Mammons und der Fleischeslust erliegen wird, es ist die äußerst attraktive Beate, die eine eindeutige, für die 50er Jahre ungewöhnlich aktive Rolle als Frau an den Tag legt. Das zunächst biedere Leben, erst als verliebte Pennäler die Grenzen der gesellschaftlichen Ordnung stets auslotend, bis hin zu deren erneuten Wiedersehen in der Welt der Politik, des Glamours und der Schickeria bietet Hermann Kriegl alle Möglichkeiten, sich mit seiner augenzwinkernden Sozialkritik auszubreiten.

    Natürlich geht es um die aktuellen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, oder das „Freibier-Parlament“ und diverse „Schmutzeleien“ im bayerischen Landtag. Seine Figuren sind natürlich alle frei erfunden, aber da stolpert schon einmal ein erfolgreicher Politiker über die – spät ermittelte – Tatsache, seiner als Sekretärin angestellten Frau überzogene Gehälter zu bezahlen. Der tiefe Fall des Schwaben Georg Schmid lässt grüßen.

    Es ist der „Mia-san-mia“-Dünkel, der es Kriegl angetan hat und den er – inzwischen in der Landeshauptstadt München angelangt – schonungslos zu beschreiben vermag, mit einem für einen Roman ungewöhnlichen Schreibstil: nicht flüssig zueinander hinführend, sondern kurz, prägnant und manchmal dadurch sogar auch bissiger, als vielleicht beabsichtigt.

    Hermann Kriegls Roman-Erstling „Droben – drunter und daneben“ ist ein durchaus unterhaltsames Kaleidoskop bayerischer Lebensart und – da kann der Historiker nicht ganz seiner Haut entfliehen – bayerischer Geschichte. Der jüngst verblichene Starregisseur Helmut Dietl, Schöpfer unter anderem der Münchner Geschichten, hätte vermutlich seine Freude gehabt. Stoff für bayerische Geschichten würde er darin auf alle Fälle entdecken.

    „Droben–drunter und daneben“, 196 Seiten, 13,90 Euro, ist im Dr.-Kriegl-Verlag  erschienen. Die ISBN-Nummer: 978-3-938774-05-2.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden