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Landsberg: Die große Sängerin singt nicht

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Die große Sängerin singt nicht

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    Gwyneth Jones in Landsberg.
    Gwyneth Jones in Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Am frühen Sonntagabend kamen im Rahmen der Rathauskonzerte gleich einige Superlative zusammen: Da war mit Dame Gwyneth Jones eine der weltweit bedeutendsten Sopranistinnen zu Gast in Landsberg. Mit „Enoch Arden“, in der musikalischen Bearbeitung von Richard Strauss, stand ein eher selten aufgeführtes Melodram auf dem Programm, das von dem heute fast vergessenen Dichter Lord Alfred Tennyson (1809-1892) stammt. Dame

    „Enoch Arden“, das ist zusammengefasst die Geschichte von Annie, Philipp und Enoch, die auf einer kleinen englischen Insel schon als Kinder eng befreundet sind. Enoch und Philipp verlieben sich in jugendlichem Alter in Annie, die sich letztendlich für Enoch entscheidet. Das Paar lebt einige Jahre glücklich, aber nicht sorgenfrei zusammen und bekommt drei Kinder. Doch das entbehrungsreiche Leben und das Fernweh ziehen Enoch hinaus auf hohe See.

    Sein Schiff gerät in einen Sturm, geht unter und nur er allein kann sich auf eine einsame Südseeinsel retten, auf der er über zehn Jahre überlebt. Durch Zufall wird er entdeckt und kehrt in den kleinen Hafen seiner Heimatstadt zurück.

    Hier hat in der Zwischenzeit Annie, vom Tode ihres Mannes überzeugt, Philipp geehelicht. Enoch sieht die beiden in ihrem neuen Glück, gibt sich selbst aber nicht zu erkennen und stirbt nach einem Jahr an gebrochenem Herzen. Dame Gwyneth Jones gelang es auf ganz unprätentiöse Weise diese anrührende Ballade zu interpretieren. Sie nahm dem manchmal arg pathetischen, aber hochpoetischen Text jede Form der Verspanntheit. Ihr gelang es, die Macht der Naturgewalten aufbrausend zu schildern. Sie deklamierte den Text in seiner ganzen Tragik und gab der Übersetzung von Adolf Strodtmann in ihrem Vortrag den nötigen Fluss. Das ganze seelische Elend, die Trauer und menschliche Verzweiflung, der Schmerz, haben bei ihr, ganz der Vorlage verbunden, etwas gewollt Schicksalhaftes. Und in ihrer rezitatorischen Anteilnahme gelingt Dame Gwyneth Jones das seltene Kunststück, das Publikum, den Raum, die Gegenwart in die Handlung einzuspinnen. Unterstützt wurde das textliche Geschehen durch die einerseits sparsame, hin und wieder auch furiose pianistische Begleitung Adrian Müllers. Wie ein emotionaler Handlauf stützte er mit seinen kurzen Einlassungen die Handlung, wiederholte klanglich deren Inhalte, untermalte manches Stimmungsbild virtuos und spielte sehr formbewusst. Er gab den wortgewaltigen Bildern eine emotionale Entsprechung, ein stimmungsreiches Lodern. Richard Strauss hat sich in seiner kompositorischen Arbeit stark zurückgehalten. Geschrieben hat er die Musik, nachdem er die Ballade erstmals begeistert gehört hatte, 1897. Uraufgeführt wurde das Stück noch im selben Jahr mit ihm selbst am Klavier.

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