Die Stadt Landsberg muss die Anwaltskosten, die dem früheren Oberbürgermeister Ingo Lehmann in zwei Prozessen der Stadt gegen die Bank Hauck & Aufhäuser entstanden sind, bezahlen. Lehmann war dabei als Streithelfer der Stadt aufgetreten, als diese von der Bank Schadensersatz für die abgeschlossenen Zinswettgeschäfte einklagen wollte. Diese bescherten der Stadt Millionenverluste. Am Dienstag gab es bei einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in München einen Vergleich zwischen Lehmann und der Stadt. Rund 141.000 Euro hatte der Ex-OB gefordert, bezahlt wurden bislang nur knapp 18.000 Euro.
Die Verhandlung über die Klage des früheren Oberbürgermeisters vor der 5. Kammer unter dem Vorsitz von Richter Dietmar Zwerger zog sich länger hin als geplant. Sie begann schon 30 Minuten später als terminiert, weil es am Vormittag aufgrund eines Pkw-Brands auf dem Mittleren Ring zu großen Staus gekommen war und sich Oberbürgermeister Mathias Neuner und Stadtjustiziarin Petra Mayr-Endhart sowie Ingo Lehmann verspäteten. Mit dem Vorschlag, über einen Vergleich nachzudenken, unterbrach das Gericht die Verhandlung. Nach der Mittagspause einigte man sich: Demnach bezahlt die Stadt zum einen die noch nicht erstatteten Anwaltskosten in Höhe von 48.977,63 Euro (17.699,50 Euro hatte sie bereits als Vorschuss geleistet). Das entspricht dem vollen Betrag, den die Kanzlei Amend Lehmann für ihre Vertreter im erstinstanzlichen Prozess vor dem Landgericht München I berechnet hatte.
Der entscheidende Stadtratsbeschluss vom 27. Februar 2013
Dass dies die Stadt zahlen muss, war in der Verhandlung schnell klar, als der Vorsitzende Richter mehrfach auf den vom Landgericht vorläufig festgesetzten Streitwert von 6,9 Millionen Euro Bezug nahm. Darauf hatte auch die Anwaltsrechnung basiert. Dass die Stadt Lehmann mitteilte, sie selber gehe von einem deutlich niedrigeren Streitwert aus, spielte für die Kammer keine Rolle. Der vorläufige Streitwert stehe fest, dazu gebe es eine Rechnung, und aus dieser „könnte ein vollstreckbarer Titel“ werden, machte Richter Zwerger klar. Insbesondere verwies das Gericht auch darauf, dass der Stadtratsbeschluss vom 27. Februar 2013 Lehmann zusagte, „jegliche Kosten“ zu übernehmen, die ihm als Streithelfer im Zuge der Derivataffäre entstehen würden und für die Rechnungen vorgelegt werden.
Etwas anders sieht es beim zweiten Prozess aus
Etwas anders bewertete das Gericht Lehmanns zweite Forderung auf Zahlung von 74.565,16 Euro für Anwaltskosten aus der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht. Auch dabei trat Lehmann als Streithelfer auf und wurde von Anwalt Felix Bredschneijder vertreten. Für diese Tätigkeit liegt allerdings noch keine Rechnung vor, sondern nur ein Rechnungsentwurf über 74.565,16 Euro. Der Ex-Oberbürgermeister solle erst die Rechnung abwarten. Sollte die Stadt nicht zahlen, könne er deswegen vor Gericht ziehen, sagte dazu der Vorsitzende der Kammer. Es müsse jedoch kein Urteil gesprochen werden, denkbar wäre auch ein Vergleich auf dieser „Geschäftsgrundlage“.
Ingo Lehmann erklärte anschließend, einen solchen Vergleich nicht mitzutragen, und machte einen eigenen Vorschlag: Die Stadt zahlt die noch ausstehenden 48.977,63 Euro für die erste Instanz. Die Anwaltskosten für die zweite Instanz werden – vorbehaltlich der Zustimmung der Anwaltskanzlei – nach einem Streitwert von 2,5 Millionen Euro abgerechnet. Die Kosten für die zweite Instanz dürften damit um einiges niedriger ausfallen als die bisher im Raum stehenden 74.565,16 Euro.
Was es mit den 2,5 Millionen Euro auf sich hat
Die 2,5 Millionen Euro sind die Summe, die die Stadt im Zusammenhang mit Schadensersatzforderungen gegenüber ihrem Ex-Kämmerer Manfred Schilcher genannt hatte. Diese Forderung könnte geltend gemacht werden, wenn die Stadt von der Bank kein Geld bekommt, wonach es bislang aufgrund zweier Urteile auch aussieht. Diese Summe ist auch für Lehmann von Bedeutung: Nachdem die Stadt Schilcher den Streit verkündet hatte, verkündete dieser Lehmann ebenfalls den Streit, um eine eventuelle Schadensersatzpflicht gegenüber der Stadt an seinen früheren Chef weiterreichen zu können.
Die Vertreter der Stadt stimmten diesem Vorschlag zu – vorbehaltlich einer Zustimmung des Stadtrats. Wessen Position sich der Vergleich mehr annähert, macht die Regelung zu den Verfahrenskosten deutlich: Diese soll zu drei Vierteln die Stadt tragen, zu einem Viertel Lehmann.
So sieht LT-Redaktionsleiterin Alexandra Lutzenberger den Streitfall nach dem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht: Streit um Anwaltskosten: Keine souveräne Leistung der Stadt
Mehr über die einzelnen Vorgänge zwischen der Stadt und ihrem Ex-Oberbürgermeister im Zusammenhang mit der Derivat-Affäre und das Mandat von Felix Bredschneijder, bei dem die vor Gericht verhandelten Anwaltskosten entstanden sind, lesen Sie hier: Was darf ein Rechtsanwalt, der auch Stadtrat ist?