Ist die Stadt Füssen bei ihren Zinsgeschäften mit einer Münchner Privatbank falsch beraten worden? Um diese Frage ging es am Dienstag, als der Rechtsstreit der Kommune gegen das Geldhaus vor dem Landgericht München I fortgesetzt wurde. Für Füssen geht es um einen möglichen Verlust von 5,4 Millionen Euro. Mit dabei war auch eine Zuschauerin aus Landsberg: Stadtjustiziarin Petra Mayr-Endhart. Denn der Füssener Fall ist ähnlich wie die Landsberger Derivatgeschäfte gelagert, hier stehen über vier Millionen Euro im Feuer.
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Die Stadt Landsberg hatte zwar bislang bei allen Gerichtsverfahren den Kürzeren gezogen. Neue Hoffnung auf eine Wende in der Sache keimte jedoch Ende des vergangenen Jahres, als erstmals über den Füssener Fall verhandelt wurde: Der Vorsitzende Richter thematisierte damals vor allem die Frage, ob solche Zinsgeschäfte von den Aufsichtsbehörden hätten genehmigt werden müssen. Er verwies laut Stadtjustiziarin Mayr-Endhart auf den Artikel 72 der Bayerischen Gemeindeordnung. Dieser schreibt vor, dass Geschäfte, „die der Kreditaufnahme wirtschaftlich gleichkommen“, einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde – also des Landratsamtes – bedürfen. Ein Geschäft, das ohne eine solche Genehmigung gemacht wurde, wäre demnach von vornherein unwirksam. In einem solchen Fall müssten die Geschäfte rückabgewickelt werden.
Drei Verfahren sind in Landsberg noch offen
Tatsächlich wurden bis vor Kurzem offenbar nirgendwo in Bayern solche Genehmigungen erteilt. Denn das Innenministerium sah überhaupt keine Genehmigungsnotwendigkeit. Erst im Herbst 2018 versagte das Ostallgäuer Landratsamt die Genehmigung der Zinswetten. Im Januar tat dies auch das Landsberger Landratsamt.
Würde der Füssener Fall tatsächlich so entschieden, wie es der Richter zu Beginn des Prozesses andeutete, wäre das auch ein Signal für Landsberg: Denn hier sind laut Justiziarin Mayr-Endhart noch drei Gerichtsverfahren zu den Derivaten offen, unter anderem eine Widerklage der Bank mit dem Ziel, die bislang von der Stadt verweigerten Zahlungen zu erhalten.
Der Streit könnte auch noch auf anderer Ebene weitergehen
Allerdings: Inzwischen, das wurde in der Verhandlung am Dienstag bekannt, geht die Bank auch gegen die verweigerte Genehmigung vor. Zwar sei der Widerspruch von der Regierung zurückgewiesen worden, die Sache könne aber beim Verwaltungsgericht landen – und dann würde man das Verfahren am Landgericht erst einmal aussetzen, bis die Verwaltungsrichter entschieden haben, berichtete Mayr-Endhart.
Für den Richter am Landgericht stand aber vor allem eine Frage im Mittelpunkt: Hat die Bank auf die Risiken solcher Zinsgeschäfte hingewiesen? Der 2015 pensionierte Füssener Kämmerer Helmut Schuster erklärte: Mögliche Gefahren seien bei Abschluss der Swap-Geschäfte nicht eingehend thematisiert worden. Ab 2005 hatte die Kommune sogenannte Derivatgeschäfte abgeschlossen, um das Risiko steigender Zinsen abzusichern. Doch dass für die Stadt auch große Verluste entstehen können, darauf sei nicht explizit hingewiesen worden, sagte Schuster.
Am 9. Juli folgt ein weiterer Termin
Der Anwalt, der die Bank vertritt, verwies auf Präsentationen, die bei Beratungsgesprächen gezeigt worden seien. Aus diesen könne herausgelesen werden, dass die Bankvertreter auf mögliche negative Entwicklungen hinwiesen. Doch Schuster entgegnete: Die Besprechungen hätten nach seiner Erinnerung im Schnitt eine Stunde gedauert. „In diesem Rahmen ist nicht alles detailliert besprochen worden.“ Der 67-Jährige betonte zudem, er sei davon ausgegangen, dass die Bank Zinsgeschäfte auswählt, für die keine Genehmigung durch das Landratsamt notwendig sind. Denn „ich selbst weiß nicht, wie Swaps strukturiert sind“. Stadtjustiziarin Mayr-Endhart sagte, sie sehe insgesamt zahlreiche Parallelen zu Landsberg.
Eine Entscheidung hat das Landgericht nicht getroffen, da am 9. Juli noch ein weiterer Zeuge gehört werden soll.