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Landsberg: Corona: Zwei Einzelhändlerinnen aus Landsberg wünschen sich mehr Solidarität

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Corona: Zwei Einzelhändlerinnen aus Landsberg wünschen sich mehr Solidarität

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    Die Schneiderin Ruth Hecking aus Landsberg richtet einen Appell an die Bürger.
    Die Schneiderin Ruth Hecking aus Landsberg richtet einen Appell an die Bürger. Foto: Thorsten Jordan

    Ein Spaziergang durch die Innenstadt war am Donnerstag eine schöne Sache. Nicht nur das Wetter war traumhaft, sondern auch die Dekorationen vieler Einzelhändler sind sehr einladend. Liebevoll haben sie ihre Schaufenster geschmückt, in einer für sie doch sehr tristen Zeit. Das zweite Ostern in Corona-Zeiten. Doch die Geschäftsleute lassen sich nicht unterkriegen. Und ihre Geschäfte sind zu Ostern ein besonderer Hingucker. Ob nun die Osterhasen aus Keramik von Jeanette Arndt, die witzige Deko bei Tabak Wallner oder die in Landsberg sehr bekannten Mäuse im Schmuckgeschäft Gallo & Vincenti – Landsberg bereitet sich gut auf seine Kunden vor.

    Schon am Dienstag, wenn die Corona-Zahlen so bleiben, wird wohl wieder nur noch „Click & Collect“ möglich sein. Von einer möglichen Öffnung der Gastronomie im Freien ist derzeit auch keine Rede mehr. Für Töpferin Jeanette Arndt gilt ab Dienstag eine Sonderregelung. Sie darf ihre Werkstatt in Waal und den Laden in Landsberg offenlassen. „Weil sie handwerklich betrieben werden.“ Sie habe das schon mehrfach beantragt und es wurde jetzt genehmigt.

    Die generelle Entwicklung beunruhigt viele Einzelhändler. Uschi Fritz vom Designbüro Fritzante und Ruth Hecking, Maßschneiderei in der Alten Bergstraße, haben ihre Sorgen, Hoffnungen und Wünsche einmal fürs LT zusammengefasst. Sie schrieben einen Appell an die Bevölkerung. Dieser Appell wird laut Hecking von Hutmacherin Andrea Stahl, Steffi Preiss (Rahmen und Kunst), Ephraim Spring (Schmuck Heidelberg), Lisa Maier vom Hexenturm und von der Gastronomie Fischerwirt und dem Wirtshaus am Spitalplatz unterstützt. „Horden von Leuten sind unterwegs, Grüppchen sitzen zusammen, viele davon ohne Abstand und ohne Masken. Das bereitet uns Sorge“, so die beiden Einzelhändlerinnen. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen zeigen großen Einsatz in Sachen Lüftung der Räume, Beratung und sind immer für ihre Kunden da, egal in welcher Form man gerade seinen Laden öffnen darf. Was denken die beiden Frauen sowie auch viele Gastronomen, fragt man sie nach der Lage? „Viele Menschen wollen ihre Freiheit zurück. Sie wollen die Sonne genießen, wollen Freunde treffen und feiern gehen. Wir verstehen das, denn wir wollen das auch.“

    Ein Schlag ins Gesicht

    Hecking und Fritz sagen aber auch: „Sich diese sonst selbstverständliche Freiheit einfach zu holen, geht aber gerade nicht. Für einen großen Teil der Gewerbetreibenden, Gastronomen und Kulturschaffenden sind diese Bilder ein Schlag ins Gesicht. Wir nehmen eine völlig verzerrte Vorstellung von Freiheit wahr.“ Was ist das für eine Freiheit, wenn ich sorglos bin und mir keine Gedanken über die Auswirkung meines Verhaltens mache? Was ist das für eine Freiheit, wenn ich heimlich (zu)viele Leute treffe und meine größte Sorge ist, dass niemand etwas postet und das Ganze nicht auffliegt? Was ist das für eine Freiheit, wenn man ohne Maske in die Post marschiere und die dort arbeitenden Menschen (die per Demokratie gezwungen seien, einen Konsens und Gesetze umzusetzen) zwinge, sich mit mir auseinanderzusetzen? Fritz: „Was daran, sind Grundrechte, wenn ich Menschen, die vielleicht zur Risikogruppe gehören und wirklich Angst haben, in Gefahr bringe? Was daran ist Freiheit, gegen Polizisten zu stänkern, die sich die ganze Misere nicht ausgedacht haben und losziehen müssen, um die Regeln zu kontrollieren?“

    Die Oster-Dekoration im "Fritzante" von Uschi Fritz in der Alten Bergstraße in Landsberg.
    Die Oster-Dekoration im "Fritzante" von Uschi Fritz in der Alten Bergstraße in Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Die beiden Einzelhändlerinnen wollen auf diese Dinge aufmerksam machen, nicht provozieren: „Wir sind für die Freiheit. Wirklich! Aber das, was hier zum Ausdruck kommt, ist entweder Gedankenlosigkeit oder Egoismus, unter den Deckmantel von Freiheit, Grundrechte und gar Revolution gepackt“, sagen sie. „Was die einen für Freiheit halten, heißt konkret: die Lage wird wieder schlimmer und unser Laden wird wieder geschlossen beziehungsweise unser Restaurant wird erst gar nicht wieder geöffnet. Für einige von uns bedeutet dies Existenznot und damit völlige Unfreiheit. Mitleidsbekundungen als bloße Worthülsen alleine helfen nicht, wir wünschen uns, dass auch im täglichen Agieren verantwortungsvolles Verhalten zum Ausdruck kommt.“

    Hier ginge es um Solidarität und um ein Miteinander. „Wir können das Ganze nicht rocken, wenn wir nicht gemeinsam an einem Strang ziehen, wenn wir uns zunehmend in Lager aufteilen. Damit meinen wir nicht, dass alle die gleiche Meinung haben müssen, das ist hier nicht das Thema. Mit an einem Strang ziehen meinen wir, dass wir uns gegenseitig helfen und Rücksicht nehmen.“ Deshalb appellieren Hecking und Fritz an ihre Mitbürger: „Bitte tut das in eurer Macht stehende, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Helft mit, vernünftig zu handeln, Abstand zu wahren und die Maßnahmen einzuhalten. Helft mit, dass wir damit unser Leben nach und nach zurückbekommen. Denn wir sitzen in einem Boot.“ Von der Politik wünschen sie sich, dass nicht allein der Einzelhandel die Zeche zahlen muss für fehlende Konzepte, Blindflüge und schlechtes Management. „Wir wünschen uns Ideen, Pläne und Unterstützung. Denn wir wollen weiterhin unsere Stadt als attraktiven, lebens- und liebenswerten Ort gestalten.“

    Zwei Landsberger Wirte warten darauf, öffnen zu dürfen

    Dominik Wagmann und Claus Moritz,beide vom „Hellmairs“ und „Waitzingers“, hoffen auch, dass sie bald öffnen dürfen. „Wir warten so darauf, dass wir endlich alle wieder aufmachen können und bewirten dürfen.“ Die Konzepte der Gastronomie seien sicher und man habe viel investiert. Valentina Hamberger von der Villa Rosa versteht den Appell der Einzelhändlerinnen. „Ich weiß einfach nicht, was der richtige Weg ist.“ Sie sieht das alleinige Ausrichten nach dem Auf und Ab der Inzidenzen als den falschen Weg in Sachen Corona. „Aber er ist von der Politik so vorgegeben.“

    Aber auch sie möchte alles Erdenkliche tun, dass bald alle wieder aufsperren können. Sie fürchtet, dass der einzige Weg, um die Inzidenz runterzukriegen, ein totaler Lockdown sei. „Aber geht es dann wirklich normal weiter? War ja bisher auch nicht so“, so Hamberger. Generell sei sie aber bei diesem Thema inzwischen überfragt. „Ich halte mich an alle Vorgaben. Ich denke, eine andere Impfpolitik hätte sehr geholfen. Wir Gastronomen und Einzelhändler können nicht mehr. Man weiß nicht mehr, was man tun soll. Es gibt nur noch Verbote.“

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Corona-Appell: Aus dem Herzen gesprochen

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