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Landsberg: Asylbewerber leben in Containern in Landsberg

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Asylbewerber leben in Containern in Landsberg

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    Anfang April waren die Container auf dem Klostergelände der Dominikanerinnen für die Asylbewerber bezugsfertig.
    Anfang April waren die Container auf dem Klostergelände der Dominikanerinnen für die Asylbewerber bezugsfertig. Foto: Janina Reich (2), Thorsten Jordan

    Es herrscht Trubel im „Blechschloss“. Die Kinder kommen von der Schule, einige Männer und Frauen kochen, und es riecht nach exotischen Gewürzen. Auf der Treppe sitzen junge Männer und rauchen, einige eilen mit Deutschbüchern über den Flur.

    „Das Blechschloss“ – so nennt Karla Schönebeck die Container im Klostergarten der Dominikanerinnen an der Münchener Straße – ist bereits mit Leben gefüllt. Seit Anfang April leben dort 62 Asylbewerber aus dem Iran, Afghanistan, Mali und dem Kongo, die eines verbindet: Sie möchten in Deutschland neu anfangen.

    Die Asylbewerber verständigen sich in verschiedenen Sprachen

    „Hier ist das Leben“, sagt Karla Schönebeck, die für das Rote Kreuz als Betreuerin tätig ist. Im Erdgeschoss wohnen die Afrikaner, oben Afghanen und Iraner. Auf Deutsch, Englisch, Französisch, manchmal auch Italienisch oder eben mit Händen und Füßen verständigen sich die Bewohner mit ihrer Betreuerin. Schönebeck macht Arzttermine aus, telefoniert mit den Ämtern oder hilft den Menschen im täglichen Leben.

    Die Menschen im „Blechschloss“ haben schon einiges hinter sich gebracht, sagt sie. Ein Mann sei seit zwölf Jahren auf der Flucht, einer sei sechs Monate auf der Suche nach Asyl durch Europa gewandert, ein anderer sei mit einem Bombensplitter im Bauch hergekommen.

    Deutschkurse sind heiß begehrt

    „Viele sind traumatisiert. Hier fangen sie dann an, das erste Mal seit Monaten so richtig erschöpft zu sein“, sagt Schönebeck. Auf die faule Haut legen sich die Bewohner an der Münchener Straße aber nicht – sie wollen unbedingt Deutsch lernen. „Auf den Unterricht sind sie ganz wild“, so Schönebeck.

    Acht Lehrer haben sich bereit erklärt, ehrenamtlich Deutschkurse zu geben. Dabei sind die Asylbewerber in Gruppen eingeteilt, die Kinder haben auch in der Schule zusätzlichen Unterricht. Daneben springen weitere Ehrenamtliche ein, wie etwa die Gymnasiastin Vanessa Sanktjohanser. „Ich helfe hier bei den Hausaufgaben“, sagt sie. Heute habe sie mit der Sechstklässlerin Mitra aus dem Iran Deutsch-Vokabeln geübt und ihr Einzahl und Mehrzahl erklärt.

    Auch bei den Betreuern ist Geduld gefragt

    Die meisten Bewohner fühlen sich wohl im Container in Landsberg. Marianne erwartet in wenigen Wochen ein Mädchen. „Wir haben extra für sie einen Platz in einer Wohnung gesucht, aber sie möchte hier bleiben“, sagt Schönebeck. Ein anderer Mann dagegen möchte mit seiner Familie so schnell wie möglich ausziehen.

    Die Zwillingsschwester seiner Frau wurde dem Landkreis Schongau zugewiesen, aber die Schwestern möchten zusammen sein. Da ist auch für die Betreuer oft Geduld gefragt. „Das geht eben nicht so schnell.“ Zwar seien dem Landratsamt hier mehr oder weniger die Hände gebunden, aber „die reißen sich Hände und Beine aus, um das alles hinzubekommen“.

    Anfangs war der Container gerade von Anwohnern kritisiert worden, eine Bürgerinitiative sammelte sogar Unterschriften gegen die „Massenunterkunft“. Davon sei jetzt nichts mehr zu spüren, sagt Sabine Schroer. Sie ist die Koordinatorin für die Ehrenamtlichen, die sich um die Asylbewerber kümmern. 48 Landsberger setzen sich ehrenamtlich für die Bewohner ein – die meisten stammen laut Schroer sogar aus der näheren Nachbarschaft.

    Wie etwa Johannes Brunner, der sich einen Tag pro Woche eingerichtet hat und auch in Kaufering für die Asylbewerber da ist. Etwas spontaner ist da Conny Kurz, sie radelt fast jeden Tag vorbei und redet mit einigen Asylbewerbern. „Mit zwei Jungs aus Mali bin ich auch mal spontan zur Landsberger Wies’n gefahren.“

    Wer besser Deutsch kann dolmetscht für die anderen

    Gemeinsam machen die Ehrenamtlichen mit den Asylbewerbern Ausflüge oder starten Projekte, wie etwa eine Handarbeitsgruppe. Auch die Asylbewerber aus der „Villa Erpfting“, wie sie die Bewohner an der Münchener Straße nennen, kommen oft zu Besuch. Einige können schon besser Deutsch und dolmetschen für die Neuankömmlinge.

    Dass nicht immer nur Freude im Container herrscht, sei laut Schönebeck klar. „Die Menschen müssen vieles aufarbeiten und sich auf die neue Situation einstellen.“ Auch religiösen und ethnischen Unterschieden könne man oft nicht ausweichen. Gibt es einen Notfall, dann stehen die Ehrenamtlichen sowie Schönebeck mit Rat und Tat zur Seite. Eine Iranerin und ihre Familie etwa hatten einen Brandanschlag auf ihr Haus überlebt.

    Sie ist von Narben gezeichnet, ihr Mann hat nur noch ein Auge – da könne manchmal nur eine Umarmung von „Madame Karla“ helfen. Trotz der Schwierigkeiten, sagt Sabine Schroer: „Mich hat der Container mutig gemacht. Ich konnte es mir gar nicht richtig vorstellen, aber dank des großen Engagements von allen Seiten funktioniert es gut.“

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