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Landkreis Landsberg: Ein Ischgl-Urlaub brachte ihn ins Landsberger Gesundheitsamt

Landkreis Landsberg

Ein Ischgl-Urlaub brachte ihn ins Landsberger Gesundheitsamt

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    Dr. Manuel Müller-Hahl leitet seit gut einem Jahr das ans Landsberger Gesundheitsamt angegliederte Contact-Tracing-Team. In der Pandemie hat er selbst viele Corona-Tests durchgeführt – die Ausrüstung liegt immer im Auto bereit.
    Dr. Manuel Müller-Hahl leitet seit gut einem Jahr das ans Landsberger Gesundheitsamt angegliederte Contact-Tracing-Team. In der Pandemie hat er selbst viele Corona-Tests durchgeführt – die Ausrüstung liegt immer im Auto bereit. Foto: Julian Leitenstorfer

    Ein regelmäßiger Blick auf die Corona-Zahlen zeigt: Landsberg steht über weite Strecken der Pandemie besser da als die meisten anderen Landkreise in Bayern. Landrat Thomas Eichinger (CSU) betonte in den vergangenen Monaten mehrfach, dass dies auch auf die gute Arbeit des Contact-Tracing-Teams (CTT) zurückzuführen sei. Dessen Mitarbeiter verfolgen in erster Linie die Kontakte Infizierter nach und dämmen so die Ausbreitung des Virus ein. Im LT erklärt CTT-Leiter Dr. Manuel Müller-Hahl, der seit gut einem Jahr im Gesundheitsamt beschäftigt ist, worauf es beim Kampf gegen Corona ankommt. Warum er wohl in absehbarer Zeit in seinen vorherigen Beruf als Zahnarzt zurückkehren wird.

    Bis 2014 studierte Dr. Manuel Müller-Hahl Zahnmedizin in München und war anschließend sechs Jahre lang in verschiedenen Praxen tätig. Im März 2020 war der heute 32-Jährige dann auf Jobsuche. Schließlich verschlug es ihn ins Landsberger Gesundheitsamt – der Kontakt entstand ausgerechnet wegen eines Aufenthalts im damaligen Corona-Hotspot Ischgl. Müller-Hahl reiste mit dem Alpenverein dorthin und kehrte mit einer leichten Erkältung aus Österreich zurück.

    Nach einem Aufenthalt in Ischgl entstand der Kontakt zum Gesundheitsamt

    Anschließend musste er sich in Quarantäne begeben. „Ich habe einfach am Telefon beim Gesundheitsamt nachgefragt, ob sie in nächster Zeit Unterstützung brauchen“, erzählt Müller-Hahl in seinem Büro in einem Gebäude des Penzinger Fliegerhorsts, in dem das komplette Kontaktnachverfolgungsteam untergebracht ist.

    Dr. Manuel Müller-Hahl in seinem Büro in einem Gebäude des Penzinger Fliegerhorsts.
    Dr. Manuel Müller-Hahl in seinem Büro in einem Gebäude des Penzinger Fliegerhorsts. Foto: Julian Leitenstorfer

    Schon bald darauf nahm der gebürtige Landsberger die Arbeit auf. Als die erste Corona-Welle gerade am Abklingen war, wurde Müller-Hahl mit dem Aufbau des neu geschaffenen Contact-Tracing-Teams betraut, das heute aus bis zu 60 Mitarbeitern besteht: Soldaten, abgeordnete Beamte, Polizisten aber auch Beschäftigten, die in der Pandemie befristet eingestellt wurden. Das CTT sei in der derzeitigen Situation zwar ständig auf Unterstützung angewiesen, sagt Müller-Hahl, allerdings sei der Job nicht für jeden geeignet: Eine gute Gesprächsführung und Flexibilität gehörten zu den Grundvoraussetzungen, außerdem sollte man idealerweise auch Gesetze lesen können und – ganz wichtig – extrem stressresistent sein. Schließlich gelte es ständig auf neue Vorgaben zu reagieren.

    Studenten übernehmen im Contact-Tracing-Team Verantwortung

    Müller-Hahl ist voll des Lobes für seine Mitarbeiter. „Wir sind insgesamt ein junges Team, das gut zusammengewachsen ist.“ In den vergangenen Monaten seien viele Studenten dazugestoßen, die nun Verantwortung übernehmen: Die Landsbergerin Nadja Beck, die für den Bereich Fallarbeit verantwortlich ist, studiert eigentlich Tourismusmanagement. Vincent Walter, ein BWL-Student aus Finning, war maßgeblich an der Weiterentwicklung der Datenbank des Contact-Tracing-Teams beteiligt. „Sie ist unser Herzstück“, sagt Müller-Hahl. „Alle Prozesse von der Kontaktnachverfolgung bis zur Testung sind dadurch digitalisiert und miteinander verknüpft.“

    Im System sind Infizierte und deren Kontaktpersonen sowie größere Infektionscluster mit wenigen Klicks abrufbar. Bei positiv auf Corona getesteten Personen, die täglich kontaktiert werden, ist beispielsweise in der Datenbank vermerkt, ob und in welchem Ausmaß sie Symptome verspüren und wie diese sich entwickeln.

    Auch Kontaktpersonen werden so oft es geht angerufen

    Auch Kontaktpersonen, die in Quarantäne mussten, werden so oft es geht vom CTT angerufen. Dabei gehe es nicht nur um Kontrolle. Müller-Hahl ist es wichtig, sich um die Menschen zu kümmern, ihnen ihre Ängste und Sorgen zu nehmen. Denn Einsamkeit sei ein großes Thema in der Pandemie: „Es kommt auch vor, dass jemand einfach mal zehn Minuten reden will. Das machen wir dann auch.“ Härtefälle landen bei Müller-Hahl selbst auf dem Tisch – täglich seien kniffelige Entscheidungen zu treffen, sagt er. Insbesondere, wenn komplizierte Infektionsgeschehen in Einrichtungen auftreten, was mittlerweile glücklicherweise weniger häufig vorkomme.

    Die Sieben-Tage-Inzidenz (Corona-Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gerechnet) liegt in Landsberg seit fünf Tagen unter 50. Ein Grund dafür: Im Landkreis wird laut Müller-Hahl extrem viel getestet – dadurch habe auch die Ausbreitung der südafrikanischen Virusvariante Anfang des Jahres recht schnell eingedämmt werden können. Der 32-Jährige hat, genauso wie seine Stellvertreterin Dr. Silvia Kalinowski, immer eine entsprechende Testausrüstung in seinem Auto liegen. Wenn nötig, mache er sich auch nach Feierabend noch auf den Weg, um in Verdachtsfällen Abstriche zu machen. Gerade Reihentestungen in Altenheimen, bei denen es laut Müller-Hahl keine Zeit zu verlieren gilt, seien auch körperlich extrem belastend: „Wenn man drei oder vier Stunden in der Schutzausrüstung steckt, kommt man an seine Grenzen.“

    Dr. Müller-Hahls Vertrag beim Gesundheitsamt läuft aus

    In den vergangenen Monaten hat Müller-Hahl – genauso wie viele andere CTT-Mitarbeiter – zahlreiche Überstunden gesammelt und musste sein Privatleben stark einschränken. „Meine Freundin bekommt mich nicht mehr ganz so viel zu sehen“, sagt er. Das alles sei aber auch deswegen durchzuhalten, weil ihm sein derzeitiger Job Spaß mache.

    Der Vertrag des 32-Jährigen mit dem Landsberger Gesundheitsamt läuft noch bis Ende des Jahres. Danach wird Dr. Manuel Müller-Hahl aller Voraussicht nach in seinen ursprünglichen Beruf zurückkehren. „Für Zahnärzte gibt es im öffentlichen Gesundheitswesen keine Stellen.“

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