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Landkreis Landsberg: Corona-Krise: Für Wirte im Kreis Landsberg geht es ans Ersparte

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Corona-Krise: Für Wirte im Kreis Landsberg geht es ans Ersparte

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    Im Gasthaus Alter Wirt in Geltendorf können die Kunden ihr Essen bei Ivo Opacak abholen.
    Im Gasthaus Alter Wirt in Geltendorf können die Kunden ihr Essen bei Ivo Opacak abholen. Foto: Julian Leitenstorfer

    Die Stimmung vieler Wirte im Landkreis Landsberg ist auf dem Tiefpunkt. Der Corona-Lockdown gefährdet ihre Existenz. Auf Nachfrage des LT berichten sie von leeren Kassen und noch immer fehlenden Novemberhilfen. Stefanie Rüdel, Inhaberin des Metzgerwirt in Hurlach, hat sogar in einem offenen Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ihre prekäre Lage geschildert.

    Schon im ersten Lockdown habe sie für laufende Kosten wie Leasingraten von Küchengroßgeräten und Sozialabgaben auf private Rücklagen zurückgreifen müssen, sagt Stefanie Rüdel. Um nach der ersten Schließung wieder öffnen zu dürfen, habe sie weiter zahlen müssen, sagt Rüdel: „Ich habe rund 10.000 Euro in Hygienemaßnahmen investiert.“ Nach dem ersten Lockdown habe sich ihr Betrieb zwar etwas erholt, aber am 2. November wieder schließen müssen. „Ich habe ein gesundes Unternehmen, aber jetzt wird es schon eng“, gibt die Wirtin zu.

    Wegen der immer noch fehlenden Novemberhilfen hat Stefanie Rüdel vom Metzgerwirt in Hurlach einen offenen Brief an Markus Söder geschrieben.
    Wegen der immer noch fehlenden Novemberhilfen hat Stefanie Rüdel vom Metzgerwirt in Hurlach einen offenen Brief an Markus Söder geschrieben. Foto: Julian Leitenstorfer

    Die Novemberhilfe habe ihr Steuerberater am 26. November beantragt, am 2. Dezember sei bereits eine Abschlagszahlung über 10.000 Euro gekommen. Doch dann habe sich lange nichts getan. Dabei sollte Rüdel 75 Prozent des Umsatzes vom November 2019 bekommen, nach Abzug des Kurzarbeitergelds wären das noch knapp 69.000 Euro. Erst vor wenigen Tagen habe sie noch einmal 34.400 Euro erhalten, der Rest fehle noch immer. „Meine Fixkosten für Dezember sind aber längst abgebucht worden.“

    Auf private Ersparnisse zurückgreifen

    Gudridur Weiß-Sigurdardóttir, Mitinhaberin des Fischerwirt in Landsberg, hat ebenfalls nur am 29. Dezember eine Abschlagszahlung bekommen, etwa die Hälfte des beantragten Geldes. Der Fischerwirt bietet Essen zum Mitnehmen an, doch die Einnahmen reichten nicht aus, um die laufenden Ausgaben zu decken. „Man muss eben auf das eigene Geld verzichten und auf private Ersparnisse zurückgreifen“, sagt Weiß-Sigurdardóttir pragmatisch. Trotz der schwierigen Lage fordert sie nicht, die Gaststätten wieder zu öffnen: „Wenn sowieso alles zu ist, warum sollten wir dann offen haben? Ich freue mich nicht darüber, aber ich sehe es ein.“

    Dass sie den Betrieb aufgeben müsse, befürchte sie derzeit nicht. „Wenn man mit der Familie versucht, so etwas zu stemmen, geht das immer irgendwie, weil jeder auf sein Geld verzichtet.“ Sie hoffe, dass sich die Lage wieder normalisiere, wenn es wärmer wird und die Gäste draußen sitzen können. „In einem guten Frühjahr kann das schon Mitte März sein.“

    Dieter Bönsch hat das Vogelhäusl in Landsberg erst kurz vor dem zweiten Lockdown eröffnet.
    Dieter Bönsch hat das Vogelhäusl in Landsberg erst kurz vor dem zweiten Lockdown eröffnet. Foto: Julian Leitenstorfer

    Die Novemberhilfen berechnen sich eigentlich aus dem Umsatz des Vorjahresmonats. Was aber, wenn eine Gaststätte noch gar nicht so lange offen hat? Die Antwort weiß Dieter Bönsch, Inhaber des Vogelhäusl in Landsberg. Er hat erst im September 2020 eröffnet. „ Ich konnte auswählen, ob ich den Zeitraum seit Beginn der Geschäftseröffnung oder den Monat Oktober als Vergleichswert möchte, und habe mich für den Oktober entschieden.“ Innerhalb von fünf Tagen sei die Hälfte der Summe auf dem Konto gewesen, der Rest fehlt noch. Auch Bönsch biete Essen zur Selbstabholung an, die Umsätze seien aber überschaubar. Das ganze Geschäft sei sehr schwankend, Planung und Einkauf schwierig. „Wir haben uns schon überlegt, wieder zuzumachen. Es ist schade, wenn man Ware wegwerfen muss.“

    Den Lockdown könne Bönsch nur überstehen, weil sein Vermieter ihm sehr entgegenkomme. Auch er hofft auf wärmere Tage und damit verbundene Lockerungen. Allerdings stelle sich dann ein anderes Problem: „Sobald es losgeht, brauchen meine Lebensgefährtin und ich wieder Mitarbeiter.“ Kurzfristig ein Team zu finden, sei aber schwer.

    Die Gemeinde Geltendorf kommt mit der Pacht entgegen

    Mit Auszahlungsverzögerungen bei den Novemberhilfen kennt sich Ivo Opacak vom Alten Wirt in Geltendorf nicht aus – er hat sie noch nicht beantragt. „Sonst muss ich sie am Schluss noch als Gewinn anrechnen und versteuern und irgendwann zurückzahlen.“ Er habe das Personal komplett heruntergefahren und die Gemeinde sei ihm mit der Pacht entgegengekommen. Damit reichten die Einnahmen gerade so aus. Er verkauft Gerichte zur Selbstabholung, liefert aber nicht: „Dazu bräuchte ich spezielle Einrichtung, ein Fahrzeug, Warmhalteboxen und so weiter.“ Im ersten Lockdown sei das Geschäft besser gelaufen, berichtet Opacak. „Die Tage waren länger, die Leute besser gelaunt und sie haben mehr bestellt.“ Er selbst findet die Schließungen in Ordnung: Es müssten alle zusammenhalten, damit es wieder besser wird.

    Laut Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer Dehoga Bayern, ist die Lage vieler Gastwirte in Bayern verzweifelt. „Viele haben Angst um die Existenz ihrer Betriebe, ein Viertel überlegt sich bereits konkrete Schritte für die Betriebsaufgabe.“ Das liege auch an den noch ausstehenden Entschädigungszahlungen. „Seit Dienstag laufen aber endlich die Auszahlungen“, berichtet er. Die Novemberhilfen werden von der IHK verteilt, die dafür allerdings eine Software vom Bund braucht. „Sie haben zuerst eine Beantragungssoftware bekommen, dann eine Bearbeitungssoftware und jetzt eine Bewilligungssoftware“, sagt Geppert. Softwareprobleme hätten für weitere Verzögerungen gesorgt, nur eine Abschlagszahlung habe es schnell gegeben. Die Beantragung der Novemberhilfe Plus sei immer noch nicht möglich. Sie gilt für Beträge über eine Million Euro – große Betriebe oder verbundene Unternehmen erreichen diese Grenze schnell. Das Wirtschaftsministerium plane diesen Teil erst für Anfang Februar, sagt Geppert. Und für die Dezemberhilfe gebe es auch noch keinen festen Starttermin.

    Von „gravierenden Auswirkungen der Pandemie und des Lockdowns auf das bayerische Gastgewerbe“ spricht das Bayerische Landesamt für Statistik. Der Novemberumsatz ist laut vorläufiger Zahlen um 66,5 Prozent im Vergleich zu 2019 gesunken, die Zahl der Beschäftigten geht um 27,4 Prozent zurück.

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